Nie hätte Sofia geglaubt, dass sie jemals so ein Glück erfahren könnte. Nie gedacht, dass ein Mensch überhaupt fähig war, so zu viel fühlen. Schon allein wenn sie an die vergangene Nacht dachte, stiegen die Schmetterling in ihr auf und sie grinste von einem Ohr bis zum anderen. Bruno war einfach... einfach... Sie konnte es nicht in Worte fassen, denn es gab nichts, was es irgendwie beschreiben konnte.
Sofia hatte die Augen immer noch geschlossen, als sie sich zu Bruno rum drehte. "Guten Morgen", hauchte die und öffnete die Augen. Doch der Platz neben ihr war leer. Irritiert runzelte sie die Stirn, dachte sich aber nix dabei. Vermutlich gab es schon Frühstück und er hatte sie schlafen lassen wollen.
Immer noch mit einem Lächeln im Gesicht, stand sie auf und suchte ihre Sachen zusammen, die sich gestern irgendwie im ganzen Raum verteilt hatten. Schnell war sie angezogen und auf dem Weg nach draußen. Als sie durch Brunos Tür trat, hoffte sie, dass niemand sie sehen würde und sie ohne großes Aufsehen in Mirabels Zimmer huschen konnte, um sich dort ihre verwüsteten Haar zurecht machen zu können. Doch vermutlich hatte sie sich zu früh gefreut, denn kaum steckte sie einen Kopf aus der Tür, stand da auch schon Camilo. Mit verschenkten Armen stand er am Ende der kleinen Treppe, so, als würde er schon auf sie warten. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, ob sie nicht einfach wieder zurück in Brunos Zimmer schleichen sollte, doch da drehte Camilo auch schon den Kopf zu ihr.
Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal und lief die Treppe hinunter. "Kein Wort!", zischte sie ihrem Freund zu, der nur dämlich grinste.
Zusammen gingen sie runter in die Küche, wo Julieta bereits die Reste vom Frühstück weg räumte. Sofia schielt ins Esszimmer, konnte Bruno aber nicht erkennen.
"Weißt du wo Bruno ist?", fragte sie dessen Schwester, doch die schüttelte den Kopf.
"Tut mir leid, Sofia, ich habe ihn heute noch nicht gesehen. Vielleicht schläft er noch.", entgegnete sie nur und räumte zusammen mit Casita die sauberen Teller wieder ins Regal. "Wenn du magst, kannst du dir gerne noch was vom Frühstück nehmen, ich hab ein bisschen was für euch aufgehoben."
"Danke, aber ich glaub, ich such ihn erstmal." Julieta erwiderte darauf nichts, dafür aber Camilo.
"So groß die Sehnsucht?" Er musste sich wirklich zwingen, nicht laut los zu lachen. Sofia boxte ihn in die Seite und warf ihm einen strafenden Blick zu, den er aber gekonnt ignorierte.
Schließlich zog sie ihn mit raus. "Zum Wohle deiner eigenen Gesundheit, solltest du lieber ruhig sein."
"Süß, wie du versuchst böse zu wirken.", sagte er glucksend. "Aber wir wissen beide, dass du mir nie ein Haar krümmen würdest."
"Milo. Bitte."
"Ja ist ja gut." Beschwichtigend hob er die Hände. "Na komm, ich helf dir beim Suchen."
Dankbar nahm sie seine Hilfe an und zusammen suchten sie das gesamte Haus ab. Doch nirgends war er zu finden. Auch nicht in seiner Visionshöhle oder zwischen den Wänden.
"Vielleicht ist er ja ins Dorf gegangen?", warf Camilos Vater ein.
Milo fand den Einwand recht logisch, doch Sofia... nun, Bruno war eigentlich nicht der Mann, der relativ oft ins Dorf ging und dann auch noch ohne jemanden Bescheid zu sagen. Wenn jemand eine Vision von ihm haben wollte, kamen die Leute normalerweise zur Casita. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass er irgendwas anderes erledigen musste. Doch vermutlich hatte Camilo recht. Die Sehnsucht war groß und vielleicht sollte sie abwarten, bis er von allein wieder kommt. Ihm jetzt noch ins Dorf hinterher zu rennen wäre lächerlich.
Sofia bedankte sich bei ihrem besten Freund für die Hilfe, auch wenn ihre Suche erfolglos endete. Ein wenig verloren lief sie schließlich im Haus hin und her. Vermutlich sollte sie sich wirklich langsam mal nach einer sinnvollen Beschäftigung erkundigen. Plötzlich kamen ihr Julietas Worte wieder in den Sinn, dass das Dorf eine vernünftige Hebamme gebrauchen könnte. Doch war sie das denn? Konnte sie das wirklich tun? Um ehrlich zu sein war sie sich unsicher, doch sie nahm sich vor, spätestens am Nachmittag mit Julieta darüber zu reden.
Völlig in Gedanken achtete sie nicht darauf, wo sie hin lief und rannte fast Luisa um. Beziehungsweise prallte sie von Luisa ab und landete mit ihrem Hintern auf dem Boden.
"Oh! Ist alles ok?", fragte Luisa besorgt und reichte ihr eine Hand.
Dankbar nahm Sofia diese an und ließ sich hoch ziehen. "Ja, alles gut."
"Aber gut, dass wir uns treffen.", sagte die Jüngere. "Abuela meinte, die möchtet die Hochzeit nicht im Dorf feiern? Wo denn dann? Nur, damit ich weiß wo ich die Tische und Stühle dann hin bringen muss."
Sofia lächelte und nahm die kleine Ablenkung gerne an. "Ich dachte mir, für die Zeremonie wäre es vielleicht unten am Fluss ganz nett, nur die Familie.", fing sie an und hakte sich bei der großen Frau unter, der sie grad so bis zur Schulter zu gehen schien. Zusammen liefen sie ein Stückchen. "Und die Feier findet dann hinterm Haus statt, dort, wo die Lichtung und der kleine Teich ist."
Luisa nickte verstehend.
....
Eine ganze Weile hatte Sofia sich noch mit Luisa unterhalten und ihr erklärt, wie sich sich was wo genau vorstellte. Sich musste schon selbst zugeben.... dafür, dass sie erst kurze Zeit verlobt war, hatte sie doch schon recht genaue Vorstellungen.
Danach wurde sie von Pepa, Abuela und ihrer Tante zur Schneiderin entführt. Alle drei Damen waren einstimmig der Meinung, dass Sofia schlecht in dem Kleid heiraten konnte, in dem sie bereits eine Hochzeit hin geschmissen hat. Sie sparte es sich zu erklären, dass dies sicherlich nicht ihre Schuld gewesen war. Keine der Frauen würde in dem Punkt auf sie hören.
Am späten Nachmittag kehrten sie zur Casita zurück, wo die Schwarzhaarige auch schon von Isabela wegen den Blumen für die Hochzeit aufgehalten wurde. Ein klein wenig genervt war sie ja jetzt schon, doch war sie sich bewusst, dass es nur noch ein paar Tage bis zum großen Tag waren und noch so viel organisiert werden musste.
Zum Abendessen war sie schließlich fix und fertig. Sofia schaffte es grad so ein paar Löffel Sancocho* zu essen, bevor sie sich fürs Bett verabschiedete. So müde, dass ihr auch jetzt nicht auffiel, dass Bruno immer noch nicht wieder aufgetaucht war.
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*Eintopf mit Hühnerfleich oder Fisch, Kochbananen, Maniok, Koriander, Zwiebel, Kartoffeln und Mais
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dos oruguitas (Bruno x OC)
Фанфик-- Encanto -- Um die Verlobung Ihres Cousins zu retten, muss Sofia herausfinden, wie man dem Wunder helfen kann. Doch kann sie ihre Angst überwinden und Bruno um Hilfe bitten? Charaktere könnten ooc werden, Story abweichen