36•Dreamer

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Kai
Den Tag, den Vormittag und Mittag verbrachte ich mit Jule und ein paar anderen Freunden.
Am Abend erreichte mich dann ein Anruf von  Natalie. In ihrem Unterton versteckte sich ein
Hauch Traurigkeit. „Kai kannst du kommen?" - „Äh  ja, ist was passiert?."- „Ich habe mich
entschieden. Der Tierarzt kommt in einer halben Stunde." -„Bin unterwegs." sofort rannte ich zur Tür, schnappte mir meine Autoschlüssel und eilte nach draußen. Als ich auf den Hof fuhr, war der Tierarzt noch nicht da. Als ich in den Stall, der mittlerweile wieder benutzbar war ging, stand Natalie neben Dreamer und vergrub ihr Gesicht in seiner Mähne. Ich trat leise und langsam an die Box heran um nicht zu stören. Natalie schreckte auf und sah mich an. Nachdem sie erkannte, dass ich's bin, schlich sich ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen.
„Na?"
„Hmm. Keine Ahnung." und schon war das Lächeln wieder verschwunden und sie
wendete ihren Blick wieder ab.
Natalie
Damit Kai meine Tränen, die meine Augen füllten, nicht sehen konnte, drehte ich mich
wieder zu Dreamer um und kraulte seinen Hals. „Du bist nicht alleine Nalie." hörte ich Kais ruhige und aufmunternde Stimme sagen. So sehr er mir helfen wollte, stimmte das mich nicht gut. Denn auch wenn ich Dreamer mit dem Tod von Schmerz und Leid befreie, verliere ich meinen besten Freund auf der Erde. Durch ihn habe ich so viele Dinge gelernt und erlebt. Durch ihn habe ich Kai kennengelernt und er schickte mir an jedem noch so schlechten Tag ein Lächeln ins Gesicht. Ich wollte ihm noch viele sorgenfreie Jahre schenken, stattdessen muss er mit seinen 12 Jahren sterben.

Allys Stimme durchschnitt die aufgekommene Stille. „,Herr Wender ist da,." mit ihr tauchte
Herr Wender, der Tierarzt vor der Box auf. Kai machte ihnen Platz. „, Wie gehts ihm?" fragte
Ally. „,Den Umständen entsprechend." Hinter Ally tauchte ebenfalls Andy auf. Ally legte mir für ein paar Augenblicke ihre Hand auf meine Schulter. Ich seufzte nur. Herr Wender klopfte Dreamer den Hals. Ich war so wie jedes Mal wenn der Tierarzt ihn untersuchte, erstaunt darüber, dass er einen fremden Menschen überhaupt an sich ran ließ. Er stand mit müden Augen da und ließ alles über sich ergehen. „Wärst du soweit?" fragte mich der Tierarzt. Ich umarmte meinen Hengst ausgiebig und liebevoll. „Es tut mir so unendlich leid. Ich hoffe du wirst mir irgendwann vergeben und dein Platz in den Sternen wird gut sein. Jeden Abend werde ich zu dir aufschauen und mich entschuldigen für all das, was du in deinem kurzen Leben ertragen musstest. " jetzt flossen Tränen über mein Gesicht und versickerten lautlos in Dreamers Fell. Ich löste die Umarmung und drückte einen
Kuss auf seine Nüstern. „Gute Reise mein Freund. Irgendwann werden wir uns wieder sehen, das verspreche ich dir." und dann trat ich von ihm weg. Ich verließ die Box und stellte mich neben Kai, der mir seinen Arm um meine Schultern legte. Herr Wender nahm den Strick meines Hengstes und führte ihn aus der Box raus in die kühle Dunkelheit. Ich vergrub mein Gesicht auf Kais Brust in seiner Jacke. Auch wenn sein Körper warm war, war mir unendlich kalt

Two Sides of FateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt