Ich hatte ein verdammt schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache.
Jede Minute schien länger zu dauern. Jeder Atemzug war flacher als der Vorige. Jeder Blick, den ich über den Raum gleiten ließ, war wachsamer.
Unbewusst passte ich meine Schritte an den Rhythmus der lauten Musik an.
Tack-Tack. Tack. Tack-Tack.
Der große Kronleuchter, der von der aufwändig verzierten Decke hing, hüllte den gesamten Raum in ein warmes, goldenes Licht. Draußen vor den Fenstern hatte soeben das dunkle Blau der Nacht das feurige Rot des Sonnenuntergangs ersetzt und man erkannte einen weit entfernten, sichelförmigen Mond, wenn man hinaus sah.
Im Hintergrund hörte ich den Lärm der nächtlichen Stadt und die aufgeregten Gespräche der Menschen, die sich im Raum tummelten, aber die Musik schien meinen gesamten Körper einfach zu ergreifen, ihn zu leiten. Der Rhythmus nahm von mir Besitz und jede meiner Bewegungen war perfekt auf ihn angepasst. Die Melodie war wie ein Fluch. Leise summte ich sie vor mich hin.
Frische Luft schlug in mein Gesicht, als ich vor das geöffnete Fenster trat.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und stand einen Moment still, ehe ich mich von den Lichtern der Häuser unten in der Stadt abwandte.
Erneut ließ ich meine wachsamen Augen über die Menschenmenge gleiten. Die Gespräche bildeten einen stetigen Geräuschpegel, der ein vertrautes Gefühl in meinen Ohren hinterließ.
Ich versuchte mit aller Kraft, diese entspannte Vertrautheit festzuhalten und sie nie mehr gehen zu lassen.
Denn ich wusste, dass bald alles anders sein würde.
Ich griff mir ein Glas Champagner von dem Tablett eines vorbeieilenden Kellners und hob es an meine Lippen, um einen kleinen Schluck von dem spritzigen Getränk zu nehmen.
Während die kalte Flüssigkeit meine Kehle hinunterrann inspizierte ich zum fünfzigsten Mal, was sich in dem Ballsaal abspielte, in dem die Feierlichkeiten ausgetragen wurden.
Eine Wand des weitläufigen Raumes bestand vollständig aus Fensterglas und hätte einen fantastischen Ausblick auf die Stadt geboten, wenn es nicht schon so finster gewesen wäre. Eine gigantisch breite Treppe bildete die Möglichkeit, die Galerie zu betreten, die sich im ersten Stock um den Saal zog.
Weiße Säulen aus Marmor bildeten den perfekten Einklang mit dem roten Teppichboden, der dem ganzen Raum einen antiken Touch verlieh. Zusätzlich wurde dieser Effekt von den zahlreichen goldenen und silbernen Verzierungen unterstrichen, die die Wände, Fensterrahmen und Säulen überzogen.
Sorgfältig musterte ich jeden eilenden Kellner, der hier ein Glas Champagner abstellte oder dort exotische Spirituosen anbot. Ich analysierte jede Bewegung der Adeligen, die sich im Saal häuften und übersah dabei nicht das kleinste Detail.
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MIRROR ~ what you really fear
Fantasy"Wenn du in den Spiegel siehst, hast du dann Angst, dass jeder Atemzug dein letzter sein könnte? Dass jeder Schritt in den Abgrund führen könnte? Dass jede noch so unwichtige Entscheidung das Leben deiner Freunde beenden könnte?" verliebt - verlobt...