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  Das Mädchen hatte Hunger

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  Das Mädchen hatte Hunger.

Ich musste nur in ihr Gesicht sehen, um das zu erkennen.

Sie trug ein hübsches rotes Kleid, das ihrer dunklen Haut sicher geschmeichelt hätte, wäre es nicht vollkommen zerrissen und schmutzig gewesen.

Ich wusste sofort, dass in ihren Adern blaues Blut floss.

Die kleine Adelige konnte nicht älter als sieben oder acht Jahre sein, ihrer Größe nach zu urteilen.

Sie verschmolz dank des dreckigen Kleides und der dunklen Farbtöne ihres Körpers fast perfekt mit ihrer Umgebung, als sie in dieser Nacht aus dem Wald schlich.

Ich wusste nicht, wo ich war. Es hätte jede Stadt in jedem Königreich sein können, da ich weder die charakteristischen Züge von Akar, noch von Eyelas oder Methildrae ausmachen konnte.

Das Mädchen schlich von einem der Birkenbäume, die um die Lichtung herumstanden, hinter einen anderen, etwas dickeren Stamm.

Ich hörte ihr kleines, aufgeregtes Herz wie wild schlagen, obwohl ich gut vierhundert Meter entfernt stand.

Wumm-Wumm.

Wumm-Wumm.

Wumm-Wumm.

Immer derselbe hektische Rhythmus, den ich nur zu gut kennengelernt hatte, als ich wochenlang auf den Straßen Akars nach Essen hatte suchen müssen.

Ich wusste nicht, wie das möglich war. Außer mir schien niemand den Herzschlag wahrzunehmen.

Das Mädchen leckte sich über die Lippen und ich konnte an ihren Augen ablesen, dass sie bereits Tage auf diesen Moment wartete.

Ihr gieriger Blick heftete sich auf einen der großen, leeren Mülleimer, der am Rand des großen Zeltes stand.

Ich konnte in der Finsternis ihre Augenfarbe nicht erkennen, aber ich wusste dennoch, wen ich dort vor mir hatte.

Eine achtjährige Jasmine.

Jasmine versteckte sich erneut hinter dem dicken Stamm der Birke und wagte es nicht, dahinter hervorzulugen, als hätte sie Angst, dass man sie erkennen würde.

Es musste unmittelbar nach dem Tod ihrer Eltern bei diesem Raubüberfall geschehen sein, den sie als einzige überlebt hatte.

Jasmine hatte mir diese Geschichte erzählt, aber sie hatte nicht erwähnt, dass es so schlecht um sie gestanden hatte, als sie auf den Straßen lebte. Dass sie so viel Hunger gelitten hatte oder dass sie immer noch dieses zerstörte Kleid trug, als der Überfall schon seit mindestens einer Woche vergangen sein musste.

Sie jetzt in diesem Zustand mit meinen eigenen Augen zu sehen...

Es riss einen Teil meines Herzens heraus, teilte ihn in zwei Hälften und setzte diese dann wieder ein, ein blutendes Loch in ihrer Mitte.

MIRROR ~ what you really fearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt