Als ich erwachte, war das erste, worauf mein Blick fiel das vertraute Deckenfresko im Krankenzimmer des Palastes.
Ich musterte das Gemälde, das die tragische Legende zweier Jungen erzählte, die am Ende ihrer Reise in einen weißen und einen schwarzen Hund verwandelt worden waren und dazu verdammt, sich für immer zu bekriegen.
Währenddessen spukte mir immer wieder dieselbe Frage im Kopf herum.
Wie? Wie war ich hierher gelangt?
Ich erinnerte mich noch vage an einen Mann, der mich vor drei anderen zwielichtigen Gestalten gerettet hatte, indem er sie mit seinen Messern ins Jenseits beförderte. Dann hatte er mich geheilt.
Ich verdankte ihm mein Leben.
Ich bewegte mich bewusst nicht, und tat für etwa zwei Minuten so, als würde ich noch schlafen, die Augen offen und auf das Fresko über mir gerichtet.
Aber so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte mich nicht darauf konzentrieren, weil meine Gedanken immer wieder zu meinem mysteriösen Retter mit der Krähenmaske abschweiften.
Als ich schließlich endlich alles halbwegs verarbeitet hatte, was innerhalb der letzten – ja was eigentlich? Stunden? Tage? - geschehen war, bewegte ich meinen Arm, wobei ich besonders viel Wert darauf legte, möglichst authentisch gerade erst aufzuwachen.
Außerdem unterstrich ich meine Bewegung mit einem leichten Stöhnen, als würde die Müdigkeit noch wie eine Decke auf mir lasten – was ja strenggenommen sogar stimmte, zwei Minuten hin oder her.
„Du fragst dich bestimmt, was passiert ist", meinte eine Stimme neben meinem Bett, die ich dort keinesfalls erwartet hatte.
Ich wiederholte mein Stöhnen und ließ mich zurück in das viel zu weiche Kissen fallen.
Ein seidiges Lachen. „Ich werde das einfach mal als ‚Ja' werten."
Ich murmelte nur irgendetwas, das damit zusammenhing, dass ich es sowieso erfahren würde, auch wenn ich verneint hätte.
Wieder ein Lachen. „Ich muss dich leider enttäuschen. Ich weiß es selbst nicht so wirklich. Keiner von uns, eigentlich."
Ich verdrehte die Augen, als ich meine gesamte Willensstärke dazu verwenden musste, mich auf einen Ellenbogen zu stützen.
Das Krankenzimmer sah genau so aus, wie ich es in Erinnerung hatte: Schlichte weiße Wände, die an manchen Stellen von Metallregalen und -schränken gesäumt wurden. Etwa ein Dutzend unbenutzte Betten, die alle dieselbe hässliche Bettwäsche hatten wie in einem echten Krankenhaus. Piepsende Geräte, deren Zweck ich lieber nicht kannte oder wieder vergessen wollte.
In einem einfachen Holzstuhl am Bettrand saß Prinzessin Chandra O'Brian von Cyltis und sah mich stirnrunzelnd an.
„Weißt du denn, was genau passiert ist?", fragte sie mich, wobei sie sich mit einer Hand durch die braunen Haare fuhr. Ihre gold gesprenkelten Augen funkelten interessiert.
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MIRROR ~ what you really fear
Fantasy"Wenn du in den Spiegel siehst, hast du dann Angst, dass jeder Atemzug dein letzter sein könnte? Dass jeder Schritt in den Abgrund führen könnte? Dass jede noch so unwichtige Entscheidung das Leben deiner Freunde beenden könnte?" verliebt - verlobt...