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  Ich wusste nicht, was mich zuerst erreichte

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Ich wusste nicht, was mich zuerst erreichte.

Die blanke Panik oder das Grauen, das sich seinen Weg tief unter meine Haut fraß und mein Knochenmark zu erschüttern schien.

Vermutlich war es ein und dasselbe schreckliche Gefühl.

Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis sich mein gesamter Körper in Alarmbereitschaft befand, mein Dolch gezückt war und sich die aufgewühlte Menge der Partygäste vor mir teilte.

Jeder der Adeligen kannte meinen und Cassandras Rang und niemand wollte uns im Weg stehen, wenn etwas Schreckliches passierte. Wie ein Toter, der während einer Feierlichkeit durch die Decke fiel. Niemand wollte Probleme mit einer von uns beiden.

Diese Tatsache war uns schon oft von Vorteil gewesen. Vor allem dann, wenn es wirklich dringend war.

Und diese Situation fiel auf jeden Fall in die Kategorie dringend.

Ich musste ein Würgen unterdrücken, als ich den verstümmelten Körper erreichte, der leblos auf dem roten Teppichboden lag.

Es war grauenhaft. Es war einfach nur grauenhaft.

Und mindestens genauso ekelerregend.

Der Körper - wenn man es denn noch so nennen konnte - war vollständig verunstaltet.

Die Hände der königlichen Wache waren verschwunden. Die fransige, aufgerissene Haut, die die Handgelenke des Mannes überzog, wies darauf hin, dass sie ihm auf irgendeine abartige Art und Weise abgerissen worden waren. Seine Beine standen in seltsamen Winkeln von seinem Körper ab und auch seine Ellbogen und Schultern waren merkwürdig verrenkt.

Der gesamte Leichnam war mit Kratzern und Wunden überzogen, aus denen scharlachrotes Blut floss. Seine schwarze Uniform, auf deren Brust die blaue Flamme wie eine Zielscheibe prangte, war aufgeschlitzt und mit Blut durchtränkt. Jemand hatte einen großen Kratzer auf seinem Bauch hinterlassen, durch den man fleischfarbene Teile der Eingeweide sehen konnte. Der Gestank nach Fleisch und Blut hing wie ein dichter, undurchdringlicher Nebel in der Luft.

„Oh Gott!", schrie Cassandra neben mir. Ihre Stimme schien vor Ekel und Schock fast zwei Oktaven höher zu sein als noch Minuten zuvor. Ihre violetten Augen waren aufgerissen und sie hielt sich eine der schlanken Hände vor den Mund, was den Eindruck erweckte, dass sie sich gleich übergeben würde. Sie war noch blasser als normalerweise - falls das überhaupt möglich war.

Und dann erkannte ich auch weshalb.

Sie hatte in das Gesicht des Toten geschaut.

Der Kopf war, ebenso wie die Hände, vom Körper getrennt und zu einem stummen Schrei aufgerissen. Die blauen Augen sprachen von Angst und Schock. Die Zähne waren mit Blut bedeckt und schimmerten in dem damit einhergehenden blutigen Rotton, der der Wache eine psychopathische Aura verpasste.

MIRROR ~ what you really fearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt