17. Zerbrechlich

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„Slytherinparty. Heute Abend im Gemeinschaftsraum. Bist du dabei Couronne?" fragt mich Draco hinter mir flüsternd.

Kräuterkunde war längst vorbei doch nun haben wir zusammen Pflege magischer Geschöpfe.
Unser Lehrer ist ein Halbriese namens Hagrid. Wenn man ihn so direkt vor einen stehen hat, sieht er erst etwas beängstigend aus. Seine riesige Gestalt ist doppelt so hoch und fünfmal so breit wie die eines normalen Zauberer. Sein Gesicht verschwindet fast unter der zotteligen, bereits leicht ergrauten Haarmähne und seinem wuchernden Bart.
Sein Bart könnte wie Unkraut zwischen Steinfugen sein.
Ungebändigt.
Doch hinter seinem bedrohlichen Aussehen steckt ein weicher und gefühlvoller Charakter.
Er scheint sehr gutgläubig, emotional und unterstellt niemanden etwas Böses.
Diese etwas naive Haltung hat er auch gegenüber gefährlichen Tierwesen. Sie begeistern und faszinieren ihn ohne Rücksicht, was man sofort erfährt, so wie er über seine Tiere redet.

Zusammen mit seinen großen und überhaupt nicht schrecklichen Hund Fang laufen wir in Richtung eines schwarzen Sees direkt neben der Schule.
Der See ist nicht von Sand umrandet, sondern von dunkelgrau bis schwarzen Kies und lauter dunkelgrünen Tannen.
Die Spitzen der Tannen und der Türme Hogwarts ringen darum, wer tiefer ins Wasser ragen kann.
Auch wenn die Türme viel höher sind im echten, steht die Schule weiter weg, was die Tannen und die Türme gleich hoch in der Spieglung aussehen lassen. Sie bilden eine gerade Linie, welche nur von den weißen Schäfchenwolken am Himmel durchbrochen wird.
Diese Wolken wären perfekt zum zählen, um schlafen zu gehen.
Ein paar große Felsen am Ufer tauchen nicht im Wasser, sondern erheben sich weit über die Wasseroberfläche.
Weiter hinten, wo die Tannen sich vermehren, scheint der See schon eher sumpfiger. Bereits im Wasser stehen die Pflanzen des Röhrichts. Hier dominiert das Schilfrohr, aber auch Rohrkolben, Binsen und Pfeilkraut kommen vor. Auf dem Wasser stehen fest ein paar Seerosen auf ihren riesigen Blättern.

Hagrid bleibt abrupt stehen.
„Hier ist er doch, mein lieber Grummel"
Einige Schüler bleiben direkt bei ihm stehen und ekeln sich. Ich kann das Wesen noch nicht sehen, da es sich hinter dem Felsen versteckt. Ein schrilles Geräusch ertönt und dann sehe ich es.
„Ach mein lieber, mach dir keine Sorgen, dass sind Freunde. Sie wollen dich kennenlernen" spricht Hagrid übermotiviert dem Dämon zu.
Ein Grindeloh.
Grindelohs sind kleine aggressive Wasserdämonen.
Kleine nervige Biester. Meiner Meinung nach.
Sie haben unfassbar lange Finger, die fest zupacken können, aber auch einfach zu brechen sind.

„Kann mir einer sagen, was mein lieber Grummel für ein fantastisches Tierwesen ist?" fragt Hagrid noch freudiger in die Runde.
Eine einzige Hand geht hoch. Hermine...
Dachte ich, aber es war ein blondes Mädchen.
„Bitte Luna Lovegood. Erzählen sie uns was er ist"
„Das ist ein Grindeloh" flüstert sie, sodass man sie gerade so noch hören konnte.
Hagrid anscheinend aber nicht. 
Er nickt nur.
„Das ist ein Grindeloh" wiederholt er die unverstandenen Worte von dem augenscheinlich schüchternen Mädchen.

Ich packe meinen Apfel aus meiner Robentasche und nehme einen großen Biss.
Sogar das Geräusch von dem Biss in diesen fruchtigen Apfel war lauter als ihre zerbrechliche Stimme.

„Möchte einer mal etwas näher kommen, um sich anzufreunden" fragt Hagrid nun wieder ermutigend.
Die Auswahl ist mal wieder sehr gering ist. Keiner meldet sich.
„Sind Grindelohs nicht gefährlich?" fragt einer in die Runde, aber ich erkenne nicht woher die Stimme kommt.
„Um Merlin's Bart. Niemals. Diese Wesen wollen doch nur eine Umarmung. Sie scheinen definitiv missverstandene Wesen zu sein" erklärt Hagrid etwas angespannt.

„Ich kann ihn nicht leiden" flüstert Draco mir wieder zu.
„Kommst du mit mir auf die Party?" fragt er nun erneut nach.
„Es ist im Gemeinschaftsraum. Drumherum komme ich doch sowieso nicht. Außerdem als ob ich mir eine Party entgehen lasse"
„Dann freue ich mich auf dich und die Party. Um 19:00 Uhr startet sie schon an"

Die Unterrichtsstunde vergeht rasend.
Leider erfahre ich ich diese Stunde nichts neues.
Draco versuchte stetig aus rassistischen Motiven heraus, Hagrid einen Strick zu drehen. Er versucht alles, sodass Hagrid gekündigt wird, indem er seinen Anweisungen nicht folgt.
Es ist nervig.
Ich finde Hagrid hat ein echt gutes Herz. Er ist absolut naiv, was seine Tierwesen angeht, aber genau das macht ihn zu dieser übertrieben lieben Person.

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Draco und ich laufen gemeinsam in die große Halle, zum Mittagessen. Durch die gesamte Halle duftet das Essen so stark, sodass mein Magen Luftsprünge macht, vor Freude zu Essen.
Erst jetzt bemerke ich, wie wenig ich in letzter Zeit gegessen habe.

Nebeneinander sitzen wir am Slytherintisch und haben die vollen Teller schon vor uns.
Es gab Nudel mit einer Tomatensauce.
Wirklich kreativ finde ich das Essen der Hauselfen nicht, aber es duftet nach Himmel.

Nach dem ersten Löffel fällt mir auf, dass es keine normale Tomatensauce ist, sondern eine Sauce aus Gemüse. Es schmeckt nach Paprika und Zucchini.
Pansy, Theodore und Blaise kommen auch zusammen in die Halle gelaufen und lassen sich bei uns nieder.

„Hey Y/n willst du heute Abend mit mir auf die Party gehen?" fragt Theodore mich aus.
„Ich habe sie bereits gefragt, Nott" wirft Draco angespannt ein, bevor ich überhaupt etwas sagen kann.
„Aber vielleicht will sie lieber mit mir hingehen, Malfoy" gibt Theodore nun auch verärgert zurück.
Man spürt eine scharfe Spannen zwischen den beiden. So scharf, als könne man mit einer Schere diese Spannung zerschneiden.
Mir gefällt es, wie sie um mich ringen und als wären die beiden nicht schon genug, kommt Riddle nun auch zum Essen und lässt sich neben mich auf die Bank fallen.
Ich will diese Situation nutzen, also stehe ich auf und ergreife das Wort.
„Wisst ihr was ihr zwei, holt mich heute Abend um 19:30 Uhr vor meinen Zimmer ab und wir gehen einfach zu dritt. Ich muss jetzt los, denn ich habe noch ein Date" zwinkere ich in die Runde, hauptsächlich gerichtet an die zwei. Schon drehe ich mich um und verlassen die Halle.
„Mit wem?" höre ich noch die Stimmen vom Tisch, wo ich gerade aufgestanden bin.

Ich weiß nicht einmal ob Cedric mich wirklich heute abholt, aber ich weiß, dass heute Training für die Hufflepuff ist. Also hoffentlich holt er mich heute ab.

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Nach dem Mittagessen stehe ich in meinen Zimmer vor dem Spiegel und betrachte mich genau.

Bin ich dicker geworden oder bin ich nur aufgeblasen vom Essen?
Egal was es ist, ich... ich fühle mich schlecht.
Vielleicht sollte ich weniger Essen.
Aber ich hatte doch nur einen Teller zu Mittag.
Ich esse einfach nur noch einen halben.

Ich bemerke, wie meine Gedanken beginnen mich innerlich zu zerreißen.
Wie ein kleiner Sprung in einen Glas, der so tief ist, dass wenn man das Glas einmal falsch anfasst, es direkt in tausend Teile zerspringen würde.
Genau so fühlen sich gerade meine Gedanken an.
Zerbrechlich.
Mein kurzes und enges Oberteil will ich loswerden, es betont meinen Bauch zu sehr.
Ich fühle mich gerade so unwohl in meiner Haut, besonders am Bauch, sodass ich meine Klamotten wechsle.
Meine vorherige Kleidung lege ich auf mein Bett und greife nun zu einen dunkelgrauen Oversized Hoodie und einer einfachen schwarzen Radlerhose.
Mir ist es wichtig, dass mein Oberteil meinen Bauch verdeckt.
Meinen Schmuck behalte ich an. Bei meinen Schuhen greife ich zu grau-schwarzen Jordan 1 mid.
Noch einen Moment stehe ich da, regungslos vor meinem Spiegel.

Es klopft an meiner Zimmertür.
Cedric.Wie erhofft und erwartet.

„Bereit für unser Date, Madame Couronne?" erkundet er sich mit einen Ton, wie ein totaler Gentleman und reicht mir die Hand, die ich ergreife.
Ich freue mich. Es wird bestimmt Spaß machen.

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