"Du musst mich endlich gehen lassen..."

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Nathalie:


Nathalie! Du darfst nicht weiter gehen, es ist zu gefährlich. Siehst du nicht die Wellen?!

„Aber ich kann dich sehen Caleb, je näher ich dem Wasser komme desto besser kann ich dich sehen und hören..was..was ist das?", frage ich mit zittriger Stimme. Ich kann das kühle Wasser spüren, wie es an meinen Beinen ab prellt und ich vernehme starke Arme, die mich versuchen nach hinten zu zerren, aber ich möchte das nicht. Caleb ist dort im Wasser, ich kann ihn sehen und ich muss zu ihm, nicht einfach zurück.

Ich kann seine blonden, leicht gelockten Haare sehen. Sie schimmern wie goldener Honig.

Die blauen Augen leuchten so hell, wie ein klarer Sommerhimmel und seine gesamte Gestalt ist umgeben von einem Licht, wie ein Glühwürmchen in der Nacht.

„Oh mein Gott, Nathalie mit wem redest du da? Hier ist niemand. Nathalie du musst mir zuhören, nur du und ich sind hier, okay?" Neil versucht mich weiterhin festzuhalten, aber ich lasse das nicht zu, deshalb reiße ich mich einfach von ihm los und ich habe das Gefühl ich bin so stark wie nie.

„Lass mich los ich muss zu ihm, ich kann ihm helfen und ihn retten", krächze ich und dann muss ich einfach lachen, ich muss lachen, solange bis ich Calebs Stimme wieder wahr nehme

Geh sofort weg von hier. Ich bin tot Nathalie, ich bin nicht wirklich hier und du musst mich endlich gehen lassen. Lass mich gehen!

Seine Worte, das laute Rauschen der Wellen und der tosende Sturm lassen mein Lachen ersticken und verwandeln es in ein kaum noch wahrnehmbares Wimmern, bevor ich kraftlos auf dem vom Meer durchnässten Sandboden aufkomme.

Neil umschließt mich mit seinen Armen und redet auf mich ein, vielleicht schreit er mich sogar an? Ich weiß es nicht. Alles dass ich weiß ist, das Caleb fort ist. Ich kann ihn nicht mehr sehen, aber seine Worte echoen noch immer in meinen Ohren, wie eine Sprachaufnahme, die immer und immer wieder abgespielt wird.

Ein krachendes Geräusch holt mich aus meiner Trance. Ich zucke unwillkürlich zusammen, als ich plötzlich sehen kann, das eine mächtige, tiefschwarze Wand auf uns zu kommt. Oh Gott. Ich bringe uns noch um. Ich reiße meinen Kopf hinüber zu Neil, der verzweifelt versucht mich von Ort und Stelle zu bekommen und dann geht alles ganz schnell. Ich lasse mich von ihm nach oben ziehen und er nimmt meine Hand, dann rennen wir wortwörtlich um unser Leben.

Der Wind, den die furchteinflößenden Wellen mit sich bringen, ist so stark, dass er uns nicht nur einmal versucht zurück zu werfen. Meine Lungen brennen und mein Herz klopft so schnell, dass ich das Gefühl habe ein Hagelgewitter tobt darin. Mir wird schwarz vor Augen, als wir rechtzeitig an Maddox Haus ankommen, das Gott sei dank weit genug entfernt steht. Wir keuchen beide wie verrückt und ich kann sehen wie alle von der Party auf der riesigen Dachterrasse stehen und sich dieses beängstigende Naturspiel ansehen. Als ich mich umdrehe, stockt mit der Atem. Das Meer frisst den Strand regelrecht auf und verbirgt ihn tief unter sich, mit einer Geschwindigkeit und einer Macht, die Neil und ich nie überlebt hätten. Wir wären fast gestorben, nur weil ich meinen sowieso bereits toten Freund retten wollte, aber auch wenn er nicht wirklich da gewesen war, dann war es zumindest sein Geist oder ich einfach nur völlig verrückt. 

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