Kapitel 11

867 23 0
                                    

Jayden

Wie jeden Morgen war ich Punkt 7:30 Uhr wach. Egal welcher Tag, egal wie müde ich am Abend davor war, es war immer die gleiche Uhrzeit. Ich ging einfach davon aus, dass mein Körper irgendein Trauma aus meiner Zeit vor den Cattaneos.

Das Einzige das diesen Tag von allen Anderen unterschied, dass ich nicht an meinem Tisch saß und meine Arbeit erfüllte, sondern im Bett. Und das alles nur weil mein Zimmer riesig war und jedes leise Geräusch verschluckte.

Also hatte ich mich vorhin wieder in mein Bett gelegt und beschäftigte mich dort mit den Akten, die mein Vater mir gestern gegeben hatte. Nur um ihrer Atmung zu lauschen.

Ich wusste nicht warum, aber es beruhigte mich ungemein. Sonst war ich immer gestresst, wenn mein Vater etwas von mir wollte, hatte den Drang alles perfekt zu machen und immer einen Schritt weiter zu denken, nur dieses Mal reichte es mir das Minimum zu machen und nicht eine Nachtschicht einzulegen, sodass ich nächste Woche sämtliches $$Personal in unsere Geschäfte zurückgebracht hatte.

Ich hatte mich damit abgefunden das es ein Ding der Unmöglichkeit war, denn es würden noch mehr Akten hinzukommen. Denn die Profile in dem braunen Umschlag reichten gerade mal für einen Club und laut meinem Vater waren es 28. Außerdem sagte mir mein Bauchgefühl das noch weitere Folgen würden.

Nur im Moment reichte es mir das ich heute Abend den ersten Zettel in einen anderen Umschlag packen konnte.

Wieder einmal wurde mir bewusst wie einfach das alles werden würde und wie wenig die meisten Menschen überlegten. Das Mädchen das ich heute Abend zum Beispiel zurückholen würde, war direkt zu ihrer Familie gelaufen. Zu einer Familie, der damals zehn Riesen gereicht hatten um ihre Tochter zu vergessen und ihr eine grausame zu schenken.

Das Mädchen tat mir leid, denn die bittere Wahrheit war, dass ihre Familie heute Abend genau das Gleiche machen wird. Darauf verwettete ich mein Leben, denn ihre Schwester hatte dasselbe Schicksal ereilt. Wie eine Familie so etwas tun konnte würde für mich aber trotzdem für immer ein Rätsel bleiben.

Vielleicht hätte ich mich einem anderen traurig oder sogar wütend gemacht, aber ich war nun mal in diesem und wurde von meinem Vater erzogen. Wir konnten uns schon immer alles erlauben. Alles außer Schwäche und Mitleid. Aber auch ohne seine Erziehung, hatte ich früh verstanden, dass man in meiner Lebensart und Berufsbranche innerlich zu Grunde gehen würde, wenn man zu viel hinterfragte und zu viel an sich ranließ. Also war ich im Moment einfach nur glücklich, dass ich nicht lange suchen musste und hoffte, dass die Anderen genauso wenig vorrausschauend waren.

Dadurch müsste ich keine Nachtschichten einlegen und wäre öfters zu Hause. Auch der Fakt das mein Vater dann mir gegenüber entspannt war und nicht hinterfragen würde, wenn ich mich in mein Zimmer zurückziehen würde.

Jeder einzelne Fakt, ließ mich hoffen. Hoffen das ich öfter diese Gelassenheit fühlen könnte und dass ich irgendwann nicht mehr in diesem bescheuerten Zimmer, auf diesem bescheuerten Sofa sitzen muss, da ich eh zu Jeder nein sagte.

Hätte mir einer meiner Brüder mir so etwas früher erzählt, ich hätte ihn in den Keller mit einem vernünftigen Psychiater gesteckt. Ich kannte Viktoria schließlich kaum 48 Stunden und trotzdem betete ich zu Gott das dies nicht der letzte Morgen war.

Denn sie war anders. Sie ließ sich nicht von mir oder meinen Brüdern einschüchtern, geschweige denn von meinem Vater, dem dadurch hoffentlich gezeigt wurde, dass wir nicht mehr im 19. Jahrhundert lebten.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mein Handy leicht vibrierte. Ich griff danach, während ich probierte mich dabei so wenig zu bewegen, aus Angst Viktoria würde aufwachen, was sie zum Glück nicht tat.

Hold me when we escapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt