Kapitel 10🏮

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Ein bissiger Geruch von Schweiß und abgestandenem Zigarettenrauch bahnte sich den Weg in Yoongis Nase, weshalb der junge Koreaner angewidert das Gesicht verzog. Es war lange her, dass er so eine Einrichtung besucht hatte, um sich selbst zu messen. In den letzten Jahren war er auf das einfache Krafttraining umgestiegen, aber natürlich waren seine Kenntnisse im Kickboxen für seine Polizeiausbildung damals merklich von Vorteil gewesen.

Unauffällig beobachtete Yoongi die verschwitzten Männer, die ihre Fäuste mit den Sandsäcken kollidieren ließen. Immer wieder ertönten ihre dumpfen Schreie, je mehr Kraft sie mit ihren Armen anwendeten.

Namjoon hatte ihn heute Morgen erneut in sein Büro gebeten und ihm noch einmal grob den Ablaufplan erklärt. Zuerst wollte der Polizeichef ihn verkabeln lassen, doch das hatte Yoongi sofort abgewehrt, da er der festen Ansicht war, dass es viel zu sehr auffallen und nur Misstrauen erregen würde.

Also war Yoongi unbewaffnet und ohne jegliche Verstärkung in den Boxclub spaziert und inspizierte nun genauestens seine Umgebung. Auf den ersten Blick würde wohl so schnell niemand auf den Gedanken kommen, ihn mit der Polizei in Verbindung zu bringen.

Der Schwarzhaarige hatte sich die Kapuze seines Pullis über den Kopf gezogen und die Hände in den Taschen seiner dunklen Jeans versenkt. Seine Augen wanderten wachsam von einem Kickboxer zum nächsten, doch er konnte bei ihnen zunächst keine auffällige Tätowierung entdecken.

„Kann man dir helfen?", ertönte plötzlich eine markante Stimme hinter ihm, weswegen Yoongi instinktiv seine Finger zu einer Faust zusammenpresste. Er versuchte sich keinerlei Anspannung anmerken zu lassen, als er sich zu dem jungen Mann umdrehte.

Der Fremde trug ein graues Tank Top, das sichtlich mit Scheiß befleckt war, und dazu eine schwarze Jogginghose. Seine dunklen Haare hatte er zu einem kleinen Zopf gebunden und gab somit die Sicht auf seinen Undercut preis. Er war nicht nur etwas größer, als der Ex-Polizist, sondern in seiner Figur auch um einiges breiter.

Yoongi, dessen Hände nach wie vor das Innere seiner Jeanstaschen erkundeten, zuckte ungerührt mit den Schultern. „Ich dachte mir, ich kann hier ein bisschen trainieren."

Ein Grinsen stahl sich auf die Lippen seines Gegenübers. „Na klar, wir haben bestimmt noch einen Platz in der Krabbelgruppe für dich."

Yoongi biss rasch den Kiefer aufeinander, was den fremden Kickboxer nur umso mehr amüsierte. Er pfiff einmal durch die Zähne und machte damit ein paar der übrigen Sportler auf sich aufmerksam, die sich umgehend zu ihm gesellten und Yoongi argwöhnisch betrachteten.

„Die Bazille hier möchte gerne mit uns trainieren", erklärte der Dunkelhaarige spöttisch, dass Yoongis geballte Faust am liebsten mit dessen Nase kollidieren wollte. Doch er versuchte, so gut es ihm möglich war, seine Wut unter Kontrolle zu halten.

„Ich denke kaum, dass du dich traust mit mir in den Ring zu steigen", knurrte Yoongi mit gesenkter Stimme, woraufhin seinem Gegenüber ein spöttisches Lachen entwich. „Du würdest nicht mal eine Minute da drinnen aushalten."

„Stimmt, weil ich dich vorher schon krankenhausreif geprügelt hätte", murrte Yoongi und durchbohrte den Dunkelhaarigen förmlich mit seinem Blick. Dem Boxer entgleisten die Gesichtszüge, doch er fing sich augenblicklich wieder und wollte schon mit seinem Arm ausholen, da umklammerten Yoongis Finger dessen Handgelenk und übten einen unangenehmen Druck aus. Der Boxer verzog schmerzhaft das Gesicht, doch er konnte sich Yoongis Griff nicht entziehen. Stattdessen bekam er von dem Ex-Polizisten einen Hieb in die Magengrube verpasst und sank keuchend auf die Knie.

Yoongi löste sich von dem Dunkelhaarigen und ließ den Blick zu den anderen Sportlern gleiten, die ihn nur etwas irritiert musterten.

„Wo kann ich euren Trainer finden?" fragte Yoongi nun abwartend in die Runde, wobei lediglich einer von ihnen es fertig brachte auf eine Tür in der hintersten Ecke zu deuten.

Der Schwarzhaarige drehte den Boxern den Rücken zu und steuerte kurzentschlossen das augenscheinliche Büro des Trainers an, gegen dessen Tür er einmal lautstark hämmerte und sie öffnete, ohne eine Reaktion abzuwarten.

Ein Mann mittleren Alters saß an seinem Schreibtisch und hob verwundert den Kopf, als Yoongi mit verschränkten Armen vor ihm auftauchte. „Ich hoffe Sie haben nichts gegen ein neues Mitglied in Ihrem Club", meinte Yoongi monoton, weswegen die Brauen des Trainers sich verwirrt zusammenzogen. „Ein neues Mitglied? Davon wüsste ich aber."

Der Mann lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und verschränkte skeptisch die Finger ineinander.

Yoongi verzog allerdings keine Miene. „Ich möchte wieder mit dem Training anfangen, aber bislang waren die Gebühren immer zu teuer für mich. Außerdem bin ich kein Anfänger. Ich hab schon genug Erfahrungen gesammelt in den letzten Jahren. Sie würden es also nicht bereuen, mich bei Ihnen aufzunehmen."

Um die Mundwinkel des Trainers zuckte es ganz kurz. „Normalerweise ist es üblich, dass Schüler sich bei mir erst einmal namentlich vorstellen. Und ich denke es liegt letztendlich noch in meiner Hand, ob ich hier neue Mitglieder aufnehme oder nicht."

„Meinen Namen werden Sie früher oder später noch erfahren. Erstmal möchte ich wissen, ob ich mit einer Aufnahme in ihren Club rechnen kann oder nicht", entgegnete Yoongi gefasst, was dem Trainer ein leisen Seufzen entlockte. „So eine Entscheidung werde ich nicht einfach mal pauschal treffen. Sie können mir gerne Ihre Kontaktdaten hierlassen, dann melde ich mich bei Ihnen, sobald ein Platz frei wird."

Er deutete auffordernd zur Tür, was Yoongi wohl signalisieren sollte, dass er von dessen Anwesenheit nicht unbedingt begeistert war. Doch der Ex-Polizist war bestimmt nicht hierhergekommen, um sich so leicht wieder abwimmeln zu lassen.

Er kramte in der Bauchtasche seines Hoodies nach den einzelnen Scheinen, die er demonstrativ auf den Schreibtisch legte. „Das wäre meine erste Anzahlung."

Der Trainer betrachtete perplex das dicke Geldbündel, bevor sein Blick auf Yoongis Handfläche fiel und dort einen Moment verharrte. Als wollte er die Haut des Schwarzhaarigen genauestens inspizieren. Schließlich wanderten seine Augen zurück zu dem Ex-Polizisten und musterten diesen durchdringlich. „Ich frag mich nur, warum jemand so verbissen darauf ist, bei uns aufgenommen zu werden. Vielleicht geht es demjenigen ja gar nicht allein um den Sport", der Trainer erhob sich langsam von seinem Stuhl, weswegen Yoongi unwillkürlich nach hinten wich. Selbst, wenn er es sich nicht anmerken ließ, übermannte ihn so langsam die Panik.

Der Schwarzhaarige versuchte so unschuldig wie möglich zu klingen, als er erwiderte. „Wofür sollte ich mich denn sonst noch interessieren?"

Doch der Schwarzhaarige klang dabei ungewollt etwas zu provokant, was denn Trainer dazu veranlasste sich über den Schreibtisch zu beugen. „Haben Sie denn ernsthaft geglaubt mich verarschen zu können?! Vielleicht hätten Sie Ihre Hand besser verstecken sollen", knurrte der Kerl nun bedrohlich und deutete mit den Augen zu Yoongis besagtem Körperteil. Der Schwarzhaarige verlagerte hastig den Blick auf seine Handinnenfläche und biss krampfhaft die Lippen aufeinander, als er die Striemen entdeckte, die von seiner damaligen Dienstwaffe stammten.

Bevor jemand in dem kleinen Büro allerdings etwas erwidern konnte, würde hinter ihnen die Tür aufgestoßen und offenbarte den aufmüpfigen Kickboxer von eben.

„Jaebeom, bitte tu mir doch den Gefallen und bring den Polizisten nach draußen", kam es keifend von dem Trainer, weswegen der Blick des Kickboxers ungläubig in Yoongis Richtung huschte. „Ach. Der kleine Wichser ist also ein Bulle", Jaebeom schnalzte mit der Zunge und packte sich Yoongis Kragen. „Vielleicht sollten wir dem Kerl mal ein paar Manieren beibringen."

Bevor Jaebeoms Faust allerdings in Yoongis Gesicht landen konnte, riss dieser sich los und ließ seinen Fuß mit den Weichteilen des Kickboxers kollidieren.

Fluchend krümmte sich dieser, was Yoongi augenblicklich zu seinem Vorteil nutzte und aus der Tür stürzte. Bevor Jaebeom allerdings hinter ihm her sprinten konnte, hatte Yoongi schon die Tür hinter sich zugeknallt und im selben Moment die Finger des Kickboxers damit eingeklemmt, welche ein hässlich knackendes Geräusch von sich gaben. Jaebeom stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. 

Yoongi schubste die übrigen Sportler aus dem Weg, als hinter ihm schon die gehässigen Schreie ertönten. „Schnappt euch den Wichser!"


Das lief nicht gaaanz so glatt für Yoongi, würde ich jetzt mal bescheiden behaupten🙈💜


Vielen lieben Dank fürs lesen😊💜

Never without you // YOONMINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt