Kapitel 35🏮

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Yoongis Beine setzten sich wie von selbst in Bewegung. Er hastete zu dem Krankenwagen, in dem Jimin gerade eine Sauerstoffmaske aufgesetzt wurde. Seine Haut war blass und mit Ruß bedeckt, seine Augen nur halb geöffnet. Yoongis Herz machte einen gewaltigen Aussetzer.

Ohne auf Namjoon zu achten hechtete Yoongi auf den Krankenwagen zu und stürzte zu Jimin, der auf einer Trage saß und von einem Sanitäter gestützt wurde.

Als Yoongi sich dem Blondschopf zuwenden wollte, stellte dieser sich ihm in den Weg. „Sie haben hier keinen Zutritt, Sir."

Sie haben gleich meine Faust in ihrem Gesicht", keifte Yoongi wutentbrannt und schubste den Sanitäter heftig zur Seite, dass dieser ins Taumeln geriet. Er ging vor Jimin auf die Knie und umrahmte dessen Gesicht mit seinen Händen. Er strich ganz vorsichtig – als wäre er eine zerbrechliche Porzellanpuppe – über seine Haut, während die Tränen stumm über seine Wangen strömten.

Jimin schien die Anwesenheit Yoongis überhaupt nicht realisieren zu können. Seine halb geöffneten Augen musterten den Schwarzhaarigen wie paralysiert, doch er zeigte keinerlei Regung.

Jimin atmete angestrengt durch die Sauerstoffmaske und drohte für einen kurzen Moment zur Seite zu kippen. Yoongi wirkte dem hastig entgegen. „Hey, Kleiner. Ich bin hier. Alles wird wieder gut. Es tut mir so leid", hauchte er liebevoll und unterdrückte einen Schluchzer.

Eine Hand legte sich plötzlich um seinen Oberarm und wollte ihn von Jimin wegzerren, doch Yoongi entriss sich energisch.

„Sir? Sie können sich hier nicht aufhalten, wir brauchen Platz zum Arbeiten!", kam es zornig von dem Sanitäter, was bei Yoongi den letzten Rest seines Geduldfadens reißen ließ. Er wirbelte herum und griff nach der Pistole in seinem Hosenbund. „Sie sollten mich besser nicht provozieren!"

Der Sanitäter schreckte nach hinten und spätestens, als er Yoongis Blick begegnete ließ der Schwarzhaarige – erschrocken über sich selbst - die Waffe wieder sinken. Schweratmend drehte er sich zu Jimin. Der Blondschopf versuchte augenscheinlich etwas zu sagen, doch man konnte lediglich erahnen was er da mit seinen Lippen formte.

Yoongi beugte sich so weit nach vorne, bis er etwas verstehen konnte.

„Jin...", hauchte der Blondschopf beinahe tonlos.

Yoongis Kopf schoss alarmiert in die Höhe, hinüber zu dem zweiten Krankenwagen, in dem die Sanitäter weitaus hektischer agierten. Er war so sehr auf Jimin fokussiert gewesen, dass er etwas Entscheidendes verdrängt hatte.

Er wandte sich noch einmal an Jimin und griff nach seiner Hand. „Ich bin gleich wieder da." Er hauchte einen Kuss auf seine Stirn und stürmte von einem Krankenwagen direkt in den nächsten. Doch Namjoon war ihm bereits zuvor gekommen. Er stand neben einer Trage – oder besser gesagt kauerte – und hatte den Kopf auf einem regungslosen Körper abgelegt. Sein eigener Körper wurde von den Schluchzern ordentlich durchgeschüttelt.

Yoongi entdeckte Jin auf der Trage liegend, die Augen geschlossen und eine Sauerstoffmaske über seinem Mund und seiner Nase. Seine Haut war überzogen mit Ruß und unnatürlich blass. Als hätte man sämtliches Leben aus ihm herausgesaugt. Sein T-Shirt hatte man aufgeschnitten und ihn an ein EKG angeschlossen.

Namjoon leistete gerade erheblichen Widerstand gegenüber dem Sanitäter, der ihn zur Seite schieben und Jin an eine Infusion anschließen wollte. Der Polizeichef schrie und heulte sich die Seele aus dem Leib und es grenzte an ein Weltwunder, dass seine Stimmbänder nicht versagten. Er sah aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.

Yoongis Beine setzten sich in Bewegung. Er lief in den Krankenwagen und griff nach Namjoons Arm. Auch wenn er genau wusste, was gerade in dem Polizeichef vorging, musste er dafür sorgen, dass Jin uneingeschränkt behandelt werden konnte. Er selbst blinzelte gegen die Tränen an.

Es war eine harte Zerreisprobe Namjoon aus dem Krankenwagen zu zerren.

„Lass mich los! Ich muss bei Jin bleiben! Ich will zu meinem Mann!", Namjoon brach schluchzend in sich zusammen und landete mit beiden Knien auf dem Asphalt.

Yoongi konnte nichts sagen. Er konnte nicht einmal einen Muskel rühren. Seine Augen waren wehleidig auf den Polizeichef gerichtet.

„Jimin!", kreischte plötzlich eine, Yoongi allzu bekannte Stimme. Sein Kopf schnellte nach hinten, wo Jungkook im Schlepptau mit einem weiteren jungen Mann – er hatte einen kastanienbraunen Haarschopf – auf den Krankenwagen zustürmte. Er schubste Yoongi achtlos zur Seite und kletterte auf die Ladefläche, wo er sogleich mit dem Sanitäter diskutierte. Jungkooks verweinte Augen richteten sich für einen kurzen Augenblick auf Yoongi und strahlten so viel Zorn aus, dass es locker für sein ganzes Gesicht ausgereicht hätte.

Yoongis Körper setzte sich in Bewegung, doch Namjoons herzzerreißendes Schluchzen stoppte ihn von seinem Vorhaben. Seine Hand wollte nach Namjoons Schulter greifen, doch sein Körper vibrierte so heftig, dass er unsicher zurückzuckte.

Sein Blick glitt wieder nach hinten zu dem Krankenwagen, in dem Jungkook sich gerade um Jimin kümmerte und die Arme um ihn legte. Yoongi blinzelte angestrengt und konnte lediglich dabei zusehen, wie Jungkook ihn mit Zärtlichkeiten überschüttete.

Der Anblick versetzte ihm einen fiesen Stich in der Brust. Doch das weitaus Schlimmere in diesem Augenblick waren Namjoons klägliche Schluchzer, die hin und wieder in Schreie übergingen. Sie erinnerten ihn an sich selbst, als ihm damals bewusst wurde, dass man die junge Frau nicht mehr retten konnte.


Vielen lieben Dank fürs lesen😊💜


Never without you // YOONMINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt