Kapitel 39

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So lange war ich in diesem Loch? Ich hätte nicht gedacht, dass es wirklich so lange war. Was wäre eigentlich passiert, wenn mich die Polizei nicht gefunden hätte? Wäre ich dann gestorben oder hätten ich irgendwann mein größtes Geheimnis verraten? 

Ein salziger Geschmack auf meiner Lippe reißt mich wieder aus der Abwärtsspirale. Vor mir hockt einer der Polizisten. Seit wann ist der denn da?

"Guck mich mal an Kleine. Ich weiß, dass das nicht leicht für dich war, aber wir brauchen deine Hilfe. Meinst du, du kannst uns helfen?"

Entschlossen wische ich mir die Tränen weg und nicke. Diese möchtegern Mafiosi müssen geschnappt werden, bevor sie noch mehr Menschen weh tun. Ich schulde es Jack, auch wenn wir uns nicht sehr gut gekannt haben. Sie haben ihn einfach kaltblütig erschossen. 

"Wir können jeder zeit aufhören, wenn es dir zu viel wird. Was weißt du über diesen Jungen?" 

Aus einer dicken Akte holt er ein Foto von Jacks Leiche.

"Jack. Auch ein Straßenkind. Hat sich meistens in der Nähe vom Hauptbahnhof und dem Einkaufzentrum aufgehalten. Hatte was gegen eingebildete Schnösel und hat sie immer beklaut. Ich glaube er lebt, lebte, eigentlich in einem etwas heruntergekommenen Kinderheim. Nachts habe ich ihn jedenfalls nur selten gesehen und seine Sachen waren immer gewaschen."

"Hast du eine Idee warum sie ihn erschossen haben?"

"Wegen mir. Wir haben ab und zu mal was gemeinsam gemacht. Vielleicht dachten sie auch, dass er der Rebell ist." Bedrückt wende ich den Blick von dem Foto ab. Er ist wegen mir gestorben. 

"Du kannst wie gesagt jederzeit abbrechen. Das ist nicht schlimm."

"Nein, diese Typenmüssen so schnell wie möglich gefasst werden." 

"Okay. Kannst du die Leute beschreiben, die dich entführt haben?" 

"Zwei waren ziemliche Schränke. Breit gebaut und mit vielen Tattoos. Der Boss war irgendwie auf Drogen. Hat die ganze Zeit wie so eine Grinsekatze gegrinst. Auch recht viele Muskeln. Hat nach billigem Bier gerochen und schmierige blonde Haare. Ich habe allerdings eher auf andere Dinge geachtet."

"Alles gut. Das ist verständlich. Wir hören jetzt auch erstmal auf und deine Wunden werden versorgt. Mit einem Psychologen solltest du auch mal reden." 

"Ich brauche keinen Seelenklempner." 

"Überleg es dir noch mal. Was du erlebt hast, ist echt nicht alltäglich und einfach zu verarbeiten." 

Störrisch schüttele ich meinen Kopf. Das kann er vergessen.

"Na gut. Deine Wunden werden aber versorgt. Egal was du sagts."

Murrend lasse ich die Prozedur über mich ergehen. Die Wunden müssen zu meinem Glück doch nicht genäht werden. 

Whatever it takesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt