Kapitel 54

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Schon vor einer Weile habe ich den Überblick verloren ob ich hier schon war oder nicht. Auch wenn ich Markierungen mache, habe ich immer noch das Gefühl im Kreis zu laufen. So lange wie ich schon laufe, müsste ich auch schon auf der anderen Seite des Waldes angekommen sein. Dieser Wald kann doch nicht so riesig sein. 

Erschöpft lasse ich mich auf einer Wurzel nieder. Meine Füße tuen weh, da die Sohle mehr als durchgelaufen ist. Mein Magen knurrt schon seit einer Weile und mein Mund füllt sich an wie die Sahara. Warum bin ich nochmal auf die dumme Idee gekommen durch den Wald zu laufen? Warum bin ich nicht einfach den Weg zurück gegangen? Dann hätte mich Matts auch viel schneller gefunden. So kann ich wahrscheinlich noch Ewigkeiten vor mich hin latschen. Obwohl so schlecht ist das gar nicht. Niemand nervt mich und ich kann in Ruhe nachdenken wie ich wieder nach Köln komme. 

Aus meinem Rucksack hole ich das kleine Notizbuch und suche nach einem Stift. Leider habe ich diesen nicht umgepackt, sondern nur das Buch. Frustriert packe ich alle Sachen wieder ein, die ich auf meiner Suche ausgepackt habe. 

Planlos beobachte ich ein Eichhörnchen wie es seinen buschigen Schwanz putzt. In Köln habe ich so gut wie nie ein Eichhörnchen gesehen. Und wenn, dann war es ganz schnell wieder weg. Dieses hier scheint aber alle Ruhe der Welt zu haben und denkt nicht einmal im Ansatz daran, dass ich eine Gefahr bin. Lächelnd beobachte ich es noch eine Weile bis es dann doch in einer Baumkrone verschwindet.

Mit einem Blick in den Himmel merke ich erschrocken, dass es schon weit nach Sonnenuntergang ist. Heute werde ich dann wohl nicht in einem Bett schlafen sondern in irgendeiner Astgabel. Das erste Mal ist das allerdings nicht. Früher hat es oft nachts in meinem  Gebiet gebrannt sodass ich nicht auf einem Dach schlafen konnte. Deswegen bin ich immer mal wieder in den Park gegangen und habe mir einen Baum weit weg vom Weg gesucht und habe dort übernachtet. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, dann findet man auch schnell einen geeigneten Baum und weiß wie man hoch kommt. 

Mit einem neuen Ziel vor Augen stehe ich also auf und suche nach einem Baum, der dicke Äste hat und nicht zu weit über dem Boden beginnt. Nach einer Weile habe ich endlich einen gefunden. 

Mit geübten Griffen ziehe ich mich ein Stück am Stamm hoch und greife dann nach dem untersten Ast. Von dem aus ziehe ich mich dann weiter auf den nächsten bis ich in der ausgeguckten Astgabel angekommen bin. Zwischen den beiden Ästen knote ich mit einem alten Seil ein provisorisches Netz und hoffe, dass ich nicht mitten in der Nacht runterfalle. Da mein Schlafplatz über fünf Metern überm Boden liegt würde ich diesen Fall mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überleben. Trotz des hohen Risikos lege ich mich hin und falle wenig später in einen leichten Schlaf. Bei jedem etwas lauterem Geräusch schrecke ich aus dem Schlaf hoch. 

Nachdem ich mal wieder aufgewacht bin, reicht es mir. Vermutlich könnte ich bei der Kälte eh nicht wieder einschlafen. Langsam kriecht die Kälte immer weiter in meine Knochen und ich zittere wie Espenlaub. In der Hoffnung, dass mir durch Bewegung wärmer wird, baue ich meinen Schlafplatz ab und klettere langsam runter auf den Boden. Den letzten Ast verfehle ich und rutsche mit meinem Fuß ab. Gerade noch so kann ich mich fangen. Durch den Adrenalinkick wache ich kurzzeitig aus meiner Benommenheit auf. Stolpernd mache ich mich in irgendeine Richtung auf.

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