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Jimin zuckte zurück, wäre beinahe auf die Scherben getreten und zu Boden gefallen. Er spürte einen durchdringenden Blick auf sich, genauso wie er es in der Bar Stunden zuvor verspürt hatte. Nun wünschte sich der Student, nicht die kaputte Glasflasche weggeschmissen zu haben. »Wer ich bin?!«, schnappte er nach Luft und sah dabei zu, wie dieses Ding in den Raum kam und sich ihm näherte. Jimin erkannte die Umrisse einer menschlichen Person, die Arme, Beine und dann das Gesicht.

Er schluckte schwer, trat weiter zurück aber musste stehen bleiben. Denn die Scherben befanden sich genau hinter seinen Fersen und er wollte sich nicht verletzen. »Du bist ein Eindringling. Verschwinde aus meinem Haus.«, knirschte die dunkle Stimme und Jimin sah ängstlich in die Augen der anderen Person. Während diese schwarze Gestalt sprach, trat leichter, grauer Rauch aus seinem Mund. So als würde eine rauchende Person sprechen, während sie den nikotinhaltigen Rauch noch eingeatmet haben.
»Nein, das ist mein Haus. Du bist derjenige, der hier verschwinden soll.«

Trotz Jimin's Angst war seine Stimme fest und kippte gar nicht, so wie er es anfangs gedacht hatte. Er hob seine Hand, leuchtete mit seiner Handytaschenlampe auf die fremde Person. Er erkannte nun detaillierter sein Gesicht, die dunklen Augen und die schwarzen Haarsträhnen, welche ihm ins Gesicht fielen. Jimin zuckte wieder zusammen und wäre beinahe rückwärts in den Scherbenhaufen gefallen.

War das der Einbrecher, vor dem Jimin die ganze Zeit so Angst hatte? Aber irgendwie wirkte er so unbedrohlich und ziemlich seltsam. Gar eigenartig. »Du bist hier nicht willkommen.« Jimin leuchtete weiter in das Gesicht des Fremden und spürte einen eiskalten Luftzug in seinem Nacken. Ein seltsamer Druck machte sich an seinem Rücken breit, ehe er nach vorne stolperte und ihn etwas Richtung Tür drückte. Jimin stolperte vorwärts, wurde erneut geschubst, sodass er wieder fast zu Boden fiel. »Hey! Sag mal geht's noch?!«, brüllte er sauer und konnte sich noch fangen, stolperte zu dem Unbekannten und hob seine Faust.

Er wollte diesem Typen so gerne ins Gesicht schlagen, ihn aus dem Fenster schmeißen, ihn unter dem Gullideckel verstecken und- Und dann glitt seine Faust durch den Fremden hindurch. Durch den Anlauf fiel er nach vorne, stürzte zu Boden und kam auf seiner Seite auf. Zischend griff er nach dem Hüftknochen, drehte sich auf den Rücken und begann dann panisch zu schreien. »Du- Du bist ein Geist!«, kreischte er so laut er konnte, vergaß dann plötzlich seine sture Art, die ihm eingetrichtert hatte es gäbe keine Geister.

»Bitte töte mich nicht!«, sprach Jimin mit zitternder Stimme, stand etwas holprig auf und drückte seine Hände an einer Seite seiner Hüfte. Der Geist stand nur unbeirrt da, wandte seinen Blick von Jimin ab und sah auf das Klavier, betrachtete die zerstörten Tasten. Er stieß ein schweres Seufzen aus und ging langsam auf den Student zu. Schritte konnte man aber nicht von ihm hören. Jimin atmete schwer, trat zurück und spürte einen Splitter in seine Haut, wie er in sie schnitt und ihn leise wimmern ließ. »Wer bist du?«

Jimin's Unterlippe fing an zu beben und er fühlte sich so jämmerlich, wie weinerlich er geworden ist. »Wer bist du?«, wiederholte der Geist mit mehr Nachdruck und stand dann plötzlich vor Jimin. Aus glasigen Augen sah er den Fremden an, musterte seine schemhafte, schwarze Gestalt und den dunklen Rauch, welcher aus ihm stieß. »Jimin.«, stotterte er und humpelte seitlich weg von dem Geist. »Mir gehört das Haus.« Jimin hörte ein Brummen, zuckte deswegen zusammen.

»Du bist ein Eindringling.« Seine Ferse schmerzte und er hätte am liebsten losgeschrien. »Nein, du bist hier der Eindringling! Mir gehört das Haus!« Der Geist seufzte wieder so schwer das Jimin genug davon bekam. »Das ist sowieso ein verdammter Traum, weil mich Rios Worte nicht in Ruhe lassen! Geh und lass mich in Ruhe, ich hab da keine Nerven für.«

Derselbe Druck, welchen er kurz davor an seinem Rücken verspürt hatte, wanderte zu seiner angestoßenen Hüfte und es sich gegen den blauen Fleck drückte, welchen Jimin sich durch den Sturz zugezogen hatten. Er presste fest seine Lippen zusammen und humpelte weiter nach vorne, aber der Schmerz wurde nicht weniger. Wieder könnte er wie verrückt losschreien.

»Hör auf damit, das tut weh!«, schluchzte er und legte seine Hände wieder an die Hüfte, ehe der Druck nachließ und der Fremde wie aus dem Nichts vor ihm stand. »Verschwinde.« Jimin schüttelte wild seinen Kopf. »Nein! Ich kann sonst nirgendwo hin und muss auf der Straße bleiben!« Der Geist hob seine Hand, wollte Jimin an der Schulter packen. »Dann ist es eben so.« Aufgebracht hob der Student seine Augenbrauen und ging einen Schritt zurück, bevor der Geist ihn berühren konnte. »Nein, nichts da! Ich bleibe hier und damit ist die Sache geklärt! Bitte lass.. lass mich in Ruhe. Ich mache doch gar nicht mal was kaputt!«

Der Geist musterte Jimin, drehte dann seinen Kopf zum Klavier. Jimin schluckte beschämt, folgte kurz seinem Blick. »Ich mache nichts mehr kaputt, versprochen! Ich werde hier nur zum schlafen herkommen und ich belästige dich auch nicht.« Er hörte ein hohes Kichern hinter sich, weswegen er sich erschrocken umdrehte. Hinter ihm war jedoch nichts. Mit klofpenden Herzen sah er wieder nach vorne, jedoch war der Geist nicht mehr da.

Jimin führte seine zitternde Hand zu seinem Gesicht und vergrub dieses darin. Er musste Rio definitiv darüber ausfragen, denn lange konnte er das nicht aushalten. So viel Angst hatte er nämlich noch nie in seinem Leben gehabt. Vorsichtig kehrte er in sein Zimmer zurück, zog auf seinem Bett den großen Splitter aus seiner Ferse und desinfizierte die Wunde. Er war sich sicher, dass er sich am nächsten Abend bis auf die Knochen betrinken würde. Vielleicht hörte er dann nicht mehr die verstimmten Töne des Klaviers, wie es jede Nacht für ihn zu spielen anfing.

The legend of the Min family ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt