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»Du musst schneller werden.«

Jong-Hun richtete das Messer auf Jimin, welcher sich schwer atmend an eine Säule lehnte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Die Brust hob und senkte sich schwer, die Glieder fühlten sich träge an.

»Du nimmst das auf die leichte Schulter. Wenn es hart auf hart kommt wird es kein Erbarmen geben.« Der ältere Mann umklammerte das Messer fest mit der Hand. Er rannte auf Jimin zu, woraufhin dieser zur Seite sprang und immer wieder zurück wich.

»Nicht den Schwanz einziehen, du sollst angreifen!«, schrie der Mann und griff ihn wieder an. Jimin jedoch schien immer wieder auf die Flucht zurückzugreifen, weswegen er nie seinem Gegenüber auch nur ansatzweise entgegen trat.

Jimin keuchte und spürte das harte Plastik des Messers in seinem Bauch und zog scharf die Luft ein, sah Jong-Hun in die Augen. Dieser musterte ihn eher enttäuscht als so wirklich wütend, seufzte dann schwerfällig. »Du wärst schon zehn Mal gestorben, wäre mein Messer echt gewesen.«

Er ließ von Jimin ab, woraufhin dieser einmal durchatmete und in diesem Moment auf ihn stürzte. Er dachte, er hätte einen Überraschungsangriff erwischen können, jedoch packte Jong-Hun ziemlich hart seinen Arm und schubste ihn zu Boden. Er hatte nicht einmal wirklich körperliche Kraft aufbringen müssen, um Jimin zu Boden stürzen zu lassen.

»Du bist so schwach. So wie du dich anstellst, wirst du niemals Yoongi retten können.« Keuchend blinzte Jimin zwischen seinen Haarsträhnen zu Jong-Hun hoch, welcher ihn von oben aus herab musterte und abschätzend mit dem Plastikmesser in seiner Hand spielte. »Du feige Sau.«

Jimin erstarrte.
Dieser Satz erinnerte ihn an seine Lieblings-Filmreihe ,back to the future', als Martys Erzfeind ihn als sowas bezeichnete und er dadurch so eine Wut in sich bekam, die ihn fast schon stärker werden ließ. Und genau das geschah auch mit Jimin.

Jedoch berührte nicht diese witzelnde Beleidigung seinen sensiblen Punkt, sondern dass er der Annahme war, Jimin könne niemals Yoongi retten.

Er atmete laut aus, erhob sich langsam und ließ das Messer fallen.

Niemals würde er aufgeben und denjenigen, den er über alles liebte, seinem Schicksal überlassen.
Niemals würde er aufhören zu kämpfen, wenn er doch so kurz vor dem Ziel war.

Seine Fäuste ballten sich fest, die Fingernägel krallten sich in sein Fleisch. Er schlug Jong-Hun hart in seinen Magen, als dieser entspannt auf ihn zugehen wollte, mit dem Gedanken, er wolle einfach aufgeben.

Er schlug hart zu. Sehr hart.

Die angestaute Agression kam mit einem Male auf und entfaltete sich in seiner ganzen Pracht. Jimin hatte seine Emotionen so lange unterdrücken müssen, dass dieser Fluss an Wut beinahe wie eine Decke über ihn zusammenkrachte.

All die Verzweiflung, die Trauer, der Kummer. Die dicken Tränen, die er sich so oft verkneifen musste. Das laute Schreien in sein Kopfkissen, da er all dem nicht mehr standhalten konnte. Der Herzschmerz in seiner Brust, wenn er daran dachte, wie einsam er doch war.

Jong-Hun stöhnte unter den Schlägen und es dauerte nicht lange, bis er am Boden lag, Jimin auf seinem Becken sitzend. Die festen Fäuste in das Gesicht rammend, das Gesicht verzerrt und beinahe eingefroren.

Jimin atmete schwer, er schlug unkontrolliert weiter auf den älteren Mann ein. Er kam zur Besinnung, als Jong-Hun ihn fest an den Schultern packte und so fest von sich weg stieß, dass er von ihm runter fiel und zur Seite auf den Boden kippte.

Er schien wie aus einem Traum zu erwachen. Geschockt sah Jimin zum anderen, konnte sich erstmal nicht bewegen.

Was hatte er nur getan?! Er hatte.. Er hatte Jong-Hun verprügelt. Es war, als hätte Jimin nur noch Rot gesehen. Nur noch den Hass und diese angestauten, unterdrückten Gefühle.

»Scheiße!«, japste er auf, rückte hektisch zum alten Mann und sah zu, wie er sich langsam aufsetzte. Jimin sah auf seine zitternden Hände und spürte an den Knöcheln den Speichel von Jong-Hun, gemischt mit ein wenig Blut. »Gott- das tut mir so schrecklich leid!«, stammelte er perplex von seinem eigenen Verhalten und beugte sich zum Mann rüber.

Dieser griff nach seinem Kiefer, aus seiner Nase lief Blut. Er setzte ein leichtes Grinsen auf, während sein Gesicht von den Schlägen gerötet war. Er nickte schwach. »Keine Ahnung an was du denken musstest, damit du das machst, aber denk bitte öfter daran.«

Mit offenem Mund starrte er Jong-Hun an. Dieser stand langsam auf, klopfte sich den Dreck von der Hose. Er sah zu Jimin, welcher noch immer auf dem Boden hockte. »Gute Arbeit. Das war das, was ich sehen wollte.«

Jong-Hun nahm beide Plastikmesser in seine Hände, wischte sich den Blut von der Nase. »Was guckst du denn so? Weiter machen, jetzt will ich doppelt so viel Einsatz sehen. Los, aufstehen.«

Durch den Schock stocksteif rappelte Jimin sich auf und reagierte nicht, als der Mann ihm das Messer reichte. Es machte ihn einfach sprachlos, dass er nicht darauf einging, dass Jimin ihn gerade so richtig verprügelt hatte. Mit Blut und dem Opfer am Boden. Das ganze Programm. Und er verhielt sich so, als hätte Jimin eine gute Leistung im Sportunterricht erbracht?

Jong-Hun lachte rau auf, ihm fiel natürlich Jimins Schockzustand auf. »Was? Ich habe dir doch gesagt, dass ich mit dir trainieren werde. Dachtest du etwa, du schlägst dich mit einem toten Boxsack? Oh nein, du kämpfst mit mir."«

Er drückte Jimin das Messer in die Hände, sah sich in der verlassenen Tiefgarage um. »Du musst dich dazu überwinden, Mordlust auch durchzuführen. Wenn du nicht bereit dazu bist, mich ohnmächtig zu schlagen, dann wirst du es auch nicht bei Yusong hinbekommen. Du musst deine Grenze überschreiten und deinen Kopf vergessen. In einem Kampf sprechen nur die Fäuste, da hilft kein nettes Gespräch mit Kaffee und Kuchen.«

Jong-Hun stellte sich in eine kampflustige Position, grinste Jimin heimtückisch an. »Los, komm schon, Schwächling. Schaffst du es, mich nochmal zu Boden zu bekommen, erlaube ich dir auch, nach dem Erfolg mit Yoongi Spaß zu haben. An dir scheint er nämlich ziemlich Interesse zu haben, scheint mir so.«

Jimin umgriff fest das Messer, die Muskeln spannten sich an, Wut kroch durch seine Adern. »Nettes Angebot, nicht?«

Sein Kiefer spannte sich an.

»Oder bist du etwa genauso schwach, wie du aussiehst und wirst es nicht einmal zum Sieg verschaffen?«

The legend of the Min family ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt