24. Dezember 1900
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Vorsichtig steckte Yoongi seinen Kopf aus der Tür heraus, sah sich schnell in der Eingangshalle um und drehte sich zum jungen Mann, welcher dicht hinter ihm stand. »Schnell, bevor uns noch jemand sieht.«, grinste Yoongi mit leiser Stimme und zog ihn aus der dunklen Speisekammer heraus. Sie liefen schnell die Treppen nach oben, bogen rechts ab und öffneten die Tür zum Flur. Beide beeilten sich, hasteten zum Badezimmer und sperrten sich dort ein. »Lass mich deinen Kragen kurz richten.«, schmunzelte Yoongi und lehnte sich an die versperrte Tür, zog seinen Freund am edlen Umhang näher an sich heran und klappte den Kragen ordentlich um. Er strich den Stoff an den Schultern glatt, grinste ihn verschmitzt an und nickte. »Gut siehst du aus.« Der Jüngere schmunzelte, begann ebenfalls bei Yoongi die Kleidung ordentlicher zu zupfen und schritt von ihn weg, um sich vor den Spiegel über dem Waschbecken zu stellen.
Yoongi musterte ihn einfach nur, seufzte verträumt auf und sah dabei zu wie sein Freund etwas seine schwarzen Haare richtete. »Wir werden langsam unvorsichtig.«, fing er an zu sprechen und richtete seine weiten Ärmel, wandte den Blick von seinem Spiegelbild ab und sah zu Yoongi. Dieser lachte leise und trat vor, stupste sein Kinn an. »Keiner wird es schon bemerken, du bist zu versteift was das angeht.« Sein Freund schlug genervt seine Hand weg und rieb über sein Gesicht. »Wir machen in der Speisekammer rum Yoongi, das geht so nicht weiter. Die Tür war nicht einmal abgeschlossen. Wir müssen wirklich vorsichtig sein.« Yoongi verdrehte seine Augen und blickte in den Spiegel. Seine Wangen waren noch etwas gerötet, die Haare lagen zerzaust auf seinem Kopf.
»Ich weiß doch. Aber hat das nicht einen gewissen Reiz? Dass uns jemand erwischen könnte?« Sein Gegenüber funkelte ihn verständnislos an und schüttelte sofort seinen Kopf. »Es geht hier nicht darum das es einem gefällt, sondern das uns niemand dabei sieht. Das ist wirklich wichtig und das weißt du auch. Du darfst das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn uns jemand erwischt dann ist das vorbei zwischen uns.« Yoongi schwieg, fuhr mit seinen Fingern mehrmals durch die Haare und nahm ihn an die Hand. »Sowas wird nicht wieder vorkommen. Ich werde aufpassen.«
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»Der Kuchen ist wirklich gut.«, staunte Yoongi's Schwester Seoyoung begeistert und rückte mit ihrem Stuhl näher an den großen Tisch, während sie zufrieden ihre Beine baumeln ließ und sich mit ihrem Gegenüber unterhielt. Die ganze Min Familie, bestehend aus Yoongi, seinen Eltern, seiner Schwester und einige Familienmitglieder Väterlicher- und Mütterlicherseits, hatte in dem Herrenhaus Platz genommen. Zusammen füllten sie die sechzehn Plätze an der Tafel und wie man bereits ahnen konnte waren die Gespräche angeheizt. Die Jüngeren der Familie, sprich Yoongi und seine Cousinen und Cousins, saßen am unteren Teil des langen Tisches, während deren Mütter und Väter, sowie die Großeltern eher weiter oben saßen.Es befand sich jedoch nicht nur die Familie am Esstisch, sondern auch Freunde, welche die Min Familie zu sich eingeladen hatte. Nämlich die Familie Seonu. Zu dieser gehörte auch Yoongi's Liebhaber, Jong-Hun. Sie hatten für dieses Weihnachten die Ehre erhalten mit der Min Familie das Weihnachtsfest zu verbringen, da dies das erste im neuen Jahrhundert wäre und diesmal auch etwas gefeiert werden würde. Yoongi stocherte im Weihnachtskuchen herum, warf Jong-Hun öfter als er sollte verstohlene Blicke zu und dachte immer wieder an den Moment zurück, wie sie sich in der Speisekammer umarmt und geküsst hatten. Er würde es nur zu gerne wieder tun, doch jetzt war dies nicht möglich. Nun musste er für den Rest des Abends bei seiner Familie bleiben und konnte sich nicht von ihnen trennen, um etwas Zweisamkeit mit seinem Liebhaber zu verbringen.
Und so kam es auch. Während der restlichen Feier bis spät in die Nacht konnten sie nur hin und wieder Blicke austauschen, sich kurz unterhalten oder unbemerkt anlächeln. Es hatte Yoongi sehr gequält das wackelige Grinsen dauerhaft aufrecht zu erhalten, denn mit der Zeit schmerzten ihm seine Wangen und ihn verließ die Ausdauer für die sozialen Interaktionen. »Wir gehen nach oben, ich zeige Jong-Hun meine neue Büchersammlung.«, winkte Yoongi seinen Eltern kurz zu, erhielt ein zustimmendes Nicken von ihnen und lief ziemlich hastig mit seinem Freund von dem Wintergarten hinein in die Bibliothek und nahmen den direkten Weg durch die Tür welche sich unter der Treppe befand, woraufhin sie ziemlich schnell wieder im Saal befanden.
Yoongi begrüßte den Koch, welcher ihnen entgegen kam und stieg die Stufen nach oben, direkt nach rechts und keine Minute später waren sie in seinem Schlafzimmer angekommen. Jong-Hun stieß ein lautes Seufzen aus, als er die Tür schloss und streckte sich ein mal. »Es ist schon so spät und trotzdem sind alle noch da. Selbst die Kinder sind schon am schlafen.«, lachte er leise und ging zum halben Erker des Zimmers, stellte sich vor ihn und blickte durch die Fensterscheiben auf den großen Garten hinaus. Yoongi stellte sich hinter ihn, legte die Arme um seine Hüfte und bettete sein Kinn auf Jong-Hun's Schulter ab. Sie standen still da, genossen die Anwesenheit des jeweils anderen und zusätzlich den Ausblick nach draußen.
»Es ist eine Schande das ich Gefühle für dich empfinde.«, seufzte der Jüngere leise und lehnte sich zurück. Yoongi schmunzelte, vergrub das Gesicht in seinen Hals und wippte mit ihm leicht hin und her. »Eomma und Appa würden mich enterben wenn sie wüssten das ich einen Mann liebe.« Yoongi summte, verstärkte den Griff um Jong-Hun und schloss seine Augen. »Und trotzdem bereue ich es nicht.« Der Ältere lachte amüsiert auf, zog seinen Freund vom Erker weg Richtung Bett. Und dann küssten sie sich. Sie küssten und liebten sich so lange, bis die grauen Wolken am Himmel verschwanden und die schwarze Nacht mit Sternen erhellte.
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Yoongi hörte ein leises Knarzen. Schläfrig drehte er sich auf die Seite, zog die Decke etwas sein Gesicht hoch und schlummerte weiter. Für Yoongi war es eine wunderschöne Weihnachtsnacht gewesen. Die Familien im Erdgeschoss hatte von deren langen Verschwinden nichts mitbekommen und sich dabei auch nicht groß dabei was gedacht, denn Yoongi und Jong-Hun waren schon sehr lange Freunde und verbrachten demnach auch gerne alleine viel Zeit miteinander. Denn woher sollten sie auch wissen, das sie sich einander viel näher kamen als sie eigentlich sollten?Leise Schritte näherten sich Yoongi, er hörte das Holz unter ihnen leise Knistern und Knacken, der Boden ächtze aus Protest. Er spürte die Matratze neben sich, welche nach gab und zeigte, das sich jemand an das Bett setzte. Yoongi brummte, drehte sich auf die andere Seite zu der Person und hatte seine Augen noch geschlossen. »Jong-Hun?«, hauchte er beinahe tonlos, noch halb am schlafen und schmiegte sich leise an das Bett. Eine raue Hand tastete sich sachte an sein Gesicht heran, die kalten Fingerspitzen berührten seine Wange und den Kiefer.
Und Yoongi merkte das es nicht Jong-Hun's Hand war. Er schlug seine Augen auf, spürte sein Herz panisch schlagen und sah hoch, in die Dunkelheit in seinem Zimmer. Er konnte nichts erkennen, und trotzdem spürte er noch immer diese Berührung an seiner Haut. »Jong-« Die kalte Hand presste sich an seinen Mund, drückte seinen Hinterkopf in das Kissen und ließ ihn erschrocken aufjapsen. Er krallte sich in den Unterarm der unbekannten Person, versuchte an ihr zu zerren und sie von sich zu reißen. Yoongi bekam nur schwer Luft, er wimmerte panisch auf und begann mit seinen Beinen zu strampeln.
Und dann spürte er einen stechenden Schmerz an seinem Hals, wie sich eine lange Klinge in diesen bohrte und ihn verzweifelt röcheln ließen. Er begann in die Hand Blut zu husten, versuchte sich zu wehren, jedoch verließ die Kraft seine Glieder und seine Arme fielen auf die Matratze, während Yoongi's Kopf langsam auf das Kissen zurück fiel und er leblos auf seinem Bett zurückgelassen wurde.
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The legend of the Min family ✓
FanfictionDas erste Haus, in das Jimin einzog, musste auch unbedingt das Spukhaus schlechthin sein: gruselige, dunkle Räume, komische Schatten in den Ecken und dieser eine Traum, der ihn jede Nacht seitdem verfolgte. Und dann war da noch diese Gestalt, die ih...