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Jimin fuhr hoch, mit einem panischen Blick sah er sich um und fand sich auf dem schmutzigen Boden des Anwesens wider. Er lag quer im Flur und seine Beine befanden sich in der Türschwelle des dunklen Raumes, welchen er eigentlich doch betreten wollte. Sein Kopf schmerzte, ihm war schwindelig und er begriff nicht, dass er sich wieder in seiner Zeit befand. In dem alten, heruntergekommenen Haus, aus dem das Leben gewichen war.

Er zuckte zusammen, als er Yoongi über sich gebeugt entdeckte, wie er ihm ins Gesicht glotzte und seine Augen dabei groß wie Golfbälle waren. »Oh mein Gott!«, kreischte Jimin und rückte hastig zurück, sodass er mit seinem Rücken gegen die Flurwand stieß und den Geist panisch ansah. »Ich- ich hab dich gesehen! Du hast wirklich gelebt! Deine Haare waren so schwarz und- und da war deine Familie gewesen und ich hab dich lachen gehört- und da war noch- da war noch-!«

Laut schnappte er nach Luft und er konnte die wirren Worte in seinem Kopf nicht mehr sortieren. Alles wurde umher gewirbelt und ehe er sich versah, konnte er keinen Ton mehr heraus bringen. Mit geweiteten Augen sah er einfach zu Yoongi hoch, welcher ihn perplex ansah und sich zu ihm runter kniete. »Was ist los? Hast du dir den Kopf gestoßen?«, fragte er und musterte Jimin's Stirn, da er sich dort einen blauen Fleck erhoffte, der dieses wirre Verhalten erklären könnte. Aber der Angesprochene schüttelte nur wie wild seinen Kopf und fuchtelte mit seinen Armen herum.

»Nein, Yoongi! Da- da warst du, ich schwöre es! I-ich war hier im Haus in der Weihnachtsnacht und ich war die ganze Zeit bei dir gewesen! Ich- ich...« Jimin rieb sich über sein Gesicht und hiefte sich hoch. Er wusste nicht warum, aber das Adrenalin rauschte ihm kräftig durch die Adern. Als wäre er gerade aus einem schrecklichen Albtraum erwacht.

»Ich habe dich gesehen. Du warst m-mit Jong-Hun in der Speisekammer gewesen und er hat in deinen Armen geweint und-« Er verstummte sofort, als Yoongi ihn mit einem ganz bestimmten Blick ansah. Ihm wurde dabei heiß und kalt gleichzeitig. »Woher weißt du das?« Jimin fand wieder nicht die passenden Worte, um beschreiben zu können, was er gerade gesehen hatte. Er war unglaublich überrumpelt, dass es ihm wortwörtlich die Sprache verschlagen hatte.

Yoongi stand vor ihm, er musterte ihn still und wartete, bis er sich beruhigt hatte. Alles drehte sich bei Jimin und fühlte sich ganz komisch an. »Hab ich doch gesagt, ich war da gewesen! Gerade eben, ich stand noch neben dir in deinem Zimmer und dann konntest du mich plötzlich sehen und irgendwie- war ich dann weg.« Jimin rieb sich über seine verschwitzte Stirn und er stolperte zur Tür, stieg die Treppen hinunter und ließ sich erschöpft auf den Stufen nieder.

Natürlich lief Yoongi ihm hinterher, setzte sich neben ihn und schwieg einfach. Er verstand nicht, was Jimin da von sich gab. Er war nicht weg gewesen und ganz bestimmt nicht hundert Jahre in die Vergangenheit zurückgereist -wie auch immer das hätte passieren können. Denn Yoongi hatte Jimin bewusstlos auf dem Flurboden aufgefunden, während der Geist dachte, er seie tot umgefallen.

»Scheiße Yoongi, du.. du hast ja wirklich mal gelebt.«, schnaufte Jimin noch unter Schock und rieb mit seinen Ärmeln über das Gesicht, um irgendwie auf alles klarkommen zu können. Yoongi saß nur derweil da und zuckte ratlos mit seinen Schultern. »Natürlich habe ich mal gelebt.«

»Ja, aber- aber doch nicht so!« Yoongi verstand nicht. »Du- oh Gott, du hast total anders ausgesehen! Nicht so milchig-weiß und durchsichtig und so.. geisterhaft, sondern wie ein echter, lebender Mensch.« Jimin erinnerte sich an den Moment, als er ihn das erste Mal gesehen hatte. Mit den Schneeflocken in seinen schwarzen Haaren und dem lauten Lachen. Jimin hatte dieser Anblick umgehauen.

»Du sahst so toll aus, ehrlich! So richtig groß und stark und nicht so.. anders wie du jetzt aussiehst.« Yoongi runzelte empört die Stirn. »Wie? Sehe ich so etwa komisch aus?« Jimin stöhnte und vergrub sein Gesicht in die Hände. Wie konnte er das nur beschreiben? Yoongi sah als Geist auf gar keinen Fall komisch aus, nur eben.. anders. Ungewohnt, nicht so auffällig. Auch wenn ein Geist eine mehr als nur auffällige Sache war. »Nein, ich- natürlich siehst du nicht komisch aus! Nur so.. nicht-lebendig. Ja, nach diesem Wort habe ich gesucht!«

Yoongi verzog beleidigt sein Gesicht und zupfte an seinem Schlafgewandt herum. Ratlos starrte Jimin auf den schmutzigen Teppich der Treppe und biss auf seiner Unterlippe herum. Es breitete sich eine kurze Stille zwischen ihnen aus, in der sie einfach durch die Gegend sahen und gar nichts sagten. Beziehungsweise war Yoongi derjenige, der beleidigt den Mund hielt und Jimin, der hin und wieder stammelte, um die Worte in seinem Kopf einigermaßen verknüpfen zu können. Denn sonst würde er solch ein Blödsinn von sich geben, dass Yoongi denken würde, er nehme ihn nur auf den Arm.

»Ich habe versucht gehabt, dich zu warnen.«, murmelte Jimin einige Minuten später und sah zu Yoongi, welcher seinen Kopf gesenkt hatte und den Blickkontakt zu Jimin so gut es ging mied. Dieser seufzte nur leise und sah zum Saal runter, aus dem die prachtvollen Farben von damals gewichen war. Es war auf keinen Fall mehr vergleichbar mit dem, was er da gesehen hatte. Als er in der Weihnachtsnacht bei Yoongi war. »Du bist hoch gelaufen, in das Badezimmer und dann hast du geweint. Ich- ich habe nicht verstanden was los war, immerhin ging es dir den ganzen Abend doch ziemlich gut.«

Yoongi schluckte und Jimin musterte bedrückt die hellen Narben an seinem Hals, genauso wie das Blut an seiner Kleidung. »Ich konnte dich zwar nicht berühren, aber ich habe versucht dich zu umarmen und dann ist es irgendwie ganz kalt im Bad geworden. Dein Atem hat sogar den Spiegel beschlagen und als ich meine Hand drauf gelegt habe, konntest du es sehen und dann wurdest du ganz panisch.«

Jimin bemerkte eine Veränderung in Yoongi's Mimik und irgendwie dachte er, dass er sich vielleicht erinnern konnte. Aber Jimin wusste nicht, ob er wirklich in seiner Vergangenheit gewesen war und etwas verändert hatte, oder ob er nicht doch eine alternative Realität betreten hatte, die alles wie einen Film wiedergeben konnte. Aber das erklärte nicht den Fakt, dass sich Jimin trotzdem in die Handlungen einmischen und Dinge verändern konnte.

»Ich habe auf den Spiegel geschrieben, dass du in dieser Nacht wachbleiben solltest, aber wie erwartet bist du nicht ruhig geblieben, sondern hast ziemlich überrumpelt den Raum verlassen und wolltest wohl nichts davon hören.« Langsam hob Yoongi seinen Kopf, die Augen geweitet und sein Blick schockiert. Er rückte etwas näher an Jimin heran, dass ihm diese grausige Kälte entgegen kam.

»Das warst du gewesen?«

The legend of the Min family ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt