>6<

402 3 0
                                    


Noch immer spürte ich ihre Lippen. Was wäre wohl passiert, wenn Chris nicht gekommen wäre. Ich raufte mir die Haare. Was mache ich jetzt mit ihr und noch viel wichtiger mit ihrem Bruder?

Ich ging zurück zu ihrem Zimmer und sah, dass sie eingeschlafen war. Sie hatte noch immer ihre Jeans an und war auch nicht zugedeckt. "Hey", sagte ich sanft. Ich kannte mich so gar nicht. "Du musst dich noch umziehen." Verschlafen öffnete sie die Augen. Es wirkte so als wusste sie kurz nicht wo sie war. "Was ist los?"

"Ich dachte nur, dass du dich noch umziehen willst. Sie nickte und richtete sich auf. "Wie spät ist es?"

"Gleich halb Drei"

 "Hast du bis jetzt gearbeitet? Ich nickte. "Okay, Danke. Ich ziehe mich dann jetzt um." Ich reagierte nicht. "Ähm du solltest jetzt gehen."

"Was war das vorhin?", fragte ich während ich sie musterte. "Keine Ahnung."

 "Wir sollten sowas lassen." Ich hatte das Gefühl, dass ich mich ansonsten an ihr verbrennen würde. "Warum? Ist es verwerflich mit der Frau die man entführt hat zu schlafen?", fragte sie und lachte leicht auf. Sie schaffte es tatsächlich das ich mich kurz unsicher fühlte. "Andersrum ist es glaube ich verwerflicher", sagte ich und zwinkerte ihr zu. 

Stella

In den nächsten Tagen sah ich Aleks kaum. Die meiste Zeit war ich in meinem Zimmer eingesperrt. Ich verbrachte die meiste Zeit mit lesen und aus dem Fenster schauen. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit um die selbe Frage. Was würde er mit mir machen? Es klopfte und ich erwartete, dass mein Essen gebracht wird, aber stattdessen stand Aleks vor mir. "Wie geht's dir?", fragte er und ließ seinen Blick über mich gleiten. "Hast du etwas von meinem Bruder gehört?" Jeden Tag hoffte ich auf die Nachricht, dass Nick seine Schulden bezahlt hat und ich gehen kann, aber Aleks schüttelte den Kopf. Sofort machte sich Panik in mir breit. Eine einzelne Träne wanderte über meine Wange, als er es bemerkte strich er sie mit dem Finger weg. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. "Ich will dir nicht weh tun", sagte er leise. "Aber du weißt, dass ich das nicht einfach so stehen lassen kann." Ängstlich wich ich ein Stück zurück. "Bitte, tu mir nichts", flüsterte ich. Wieder fuhr er mit seinem Finger über meine Wange. "Dann musst du das Geld für mich verdienen." Irritiert sah ich ihn an. "Was meinst du damit? "Sofort bekam ich Panik und dachte unwillkürlich an die Dokus die ich über Zwangsprostitution gesehen hatte. "Du wirst für mich arbeiten. "Mit großen Augen sah ich ihn an. "Ich will, dass du dich jetzt hübsch machst. Du wirst in einer Stunde abgeholt, dann erkläre ich dir alles." Sprachlos nickte ich.

"Du siehst gut aus", sagte Aleks und ließ seinen Blick über mich gleiten. Unsicher sah ich ihn an. "Du wirst gleich in einen Club gehen und dich an diesen Mann ranmachen." Er zeigte mir ein Bild eines dicklichen Mannes. Er war sicher dreißig Jahre älter, als ich. "Dein Ziel ist es ihn auf den Parkplatz zu locken. Dort warten wir auf euch."

"Was werdet ihr mit ihm machen?"

"Das kann dir egal sein. Mach einfach was ich dir sage."

 "Sag mir was ihr von ihm wollt", sagte ich mit fester Stimme. "Er hat einen Schlüssel, der zu einem Bankschließfach gehört und den will ich haben." Ich nickte langsam. "Und was macht ihr mit ihm, wenn ihr den Schlüssel habt?" Ängstlich sah ich ihn an. "Wie gesagt, dass kann dir egal sein." Das Auto hielt auf einem großen Parkplatz. "Hier, damit kommst du rein." Aleks gab mir ein Handy auf dem ein QR-Code zu sehen war. Ich atmete noch einmal tief ein und ging dann zum Club. Ich versuchte so selbstsicher wie möglich auszusehen. Mit dem QR-Code kam ich problemlos rein und machte mich erstmal auf den Weg zur Bar. Ohne Alkohol würde ich das ganze nicht schaffen. Ich entdeckte den Mann an der gegenüberliegenden Bar. Er unterhielt sich mit einem anderen Mann und ich konnte schon von weitem sehen, dass er schwitze. Es schauderte mich bei dem Gedanken, dass er mich anfassen könnte. Ich bestellte mir einen Gin und wollte gerade bezahlen, als hinter mir eine Stimme ertönte. "Alles was die Lady trinkt, geht auf mich." Ich drehte mich um und vor mir stand ein großer Mann mit wahnsinnig grünen Augen. "Alles klar, Herr Rossini." Jetzt wusste ich auch wer er war. Vor mir stand Victor Rossini.

"Vielen Dank", sagte ich und setzte ein strahlendes Lächeln auf. "Wo ist denn deine Begleitung?", fragte er und nippte an seinem Getränk. "Die ist leider abgesprungen, aber ich wollte trotzdem ausgehen." Er nickte und zog seine Lippen dann zu einem Lächeln. "Ich wäre geehrt dürfte ich den Abend mit dir verbringen." Mein Blick schweifte zu meiner eigentlichen Zielperson, aber ich konnte Victor Rossini auch nicht ablehnen. "Sehr gerne." Victor führte mich zu einer Lounge in der bereits einige Männer und auch Frauen saßen. Ich lächelte verlegen in die Runde und nahm dann neben Victor platz. "Bist du öfter hier?", fragte er und brachte mich damit zum lachen. Verwirrt sah er mich an. "Ernsthaft? Das ist dein Anmachspruch?" Nun lachte auch er. "Mach es doch besser."

"Hat es eigentlich weh getan, als du von Himmel gefallen bist?" "Der ist ja noch schlechter, als meiner." Es fühlte sich gut an zu lachen. Ich konnte nicht sagen, wann ich das letzte mal wirklich gelacht hatte. "Darf es noch etwas zu trinken sein?", fragte eine der Servicekräfte und schmachtete Victor dabei an. Es war ihr auch nicht zu verübeln. Er war groß, muskulös, hatte diese wahnsinnigen Augen und Grübchen die ihm etwas süßes verliehen. Victor sah mich fragend an. "Gerne noch einen Gin Tonic, Bitte", sagte ich zu der Kellnerin und schenkte ihr ein Lächeln. "Sekt", sagte ein hübsche blonde Frau ohne hochzugucken. "Ich nehme auch einen Gin Tonic", sagte Victor und das Mädchen verschwand wieder. "Warum bist du so unhöflich?", wand er sich an die blonde. "Was soll ich machen? Ihr die Füße küssen?" Victor schnaubte wütend aus. "Du solltest Respekt haben." Sie verdrehte genervt die Augen. "Kümmer dich lieber, um deine nächste Mätresse." Die Muskeln an seinem Kiefer spannten sich an und er sah sie zornig an. Als sie es sah zuckte sie nur mit den Schultern und sah dann wieder auf ihr Handy. "Samantha will gehen", sagte Victor zu einem seiner Männer. Dieser stand sofort auf und nahm die meckernde Samantha mit. "Tut mir leid. Sie ist derzeit irgendwie schräg drauf." Das Handy, welches mir Aleks gegeben hatte vibrierte in meiner Tasche. "Entschuldige mich kurz ", sagte ich und ging schnell zu den Damen Toiletten. "Hallo?", fragte ich in den Hörer. "Was dauert da so lange?", hörte ich die gereizte Stimme von Aleks. "T-t-tut mir leid. Es läuft alles anders, als geplant." Ich hörte Aleks genervt Schnauben. "Victor Rossini hat mich eingeladen an seinem Tisch zu sitzen." "Was?"

"Er will den Abend mit mir verbringen."

"Sorg dafür, dass der Typ rauskommt und dann tust du alles was Victor Rossini will. Hast du das verstanden?"

"Ja", hauchte ich ins Telefon .Als ich von der Toilette kam, suchte ich meine Zielperson. Der Mann saß an der Bar und aß Salzstangen. "Bekomme ich auch welche?", fragte ich und lächelte ihn an. "Aber natürlich", antwortete er und schob mir das Glas mit den Salzstangen zu. "Warum sitzt du hier bei mir?", fragte er und ich fühlte mich ertappt. "Weil ich Salzstangen wollte", sagte ich unschuldig und biss schnell von einer ab. "Ich bin heute keine gute Gesellschaft", sagte er traurig. Erst jetzt vielen mir seine dunklen Augenringe auf. "Ich kann gut zuhören", sagte ich und lächelte ihm aufmunternd zu. "Ach, du hälst mich wahrscheinlich für bekloppt. Mein Hund ist vor zwei Tagen gestorben und jetzt bin ich ein Häufchen Elend." Vor ein paar Stunden hatte ich mich, bei den Gedanken daran, dass er mich anfassen würde geschüttelt und nun hätte ich ihn gerne in den Arm genommen. "Wie hieß er?" Er hob den Kopf und sah mich an. "Sie. Sie war eine Hündin. Ihr Name war Mira und sie war 12 Jahre an meiner Seite."

"Es tut mir sehr leid", sagte ich wahrheitsgemäß, denn ich konnte mich noch gut an den Schmerz erinnern, den ich verspürte, als Franki unser Familienhund gestorben war. Der Mann holte sein Handy raus und zeigte mir Mira. Sie war ein Chihuahua. Ich hätte jeden Hund bei ihm erwartet, aber sicher kein Chihuahua. "Ich dachte schon du bist abgehauen", hörte ich die Stimme von Victor. "Tut mir leid. Ich wollte sie nicht aufhalte", sagte der Mann und steckte sein Handy wieder ein. "Quatsch! Alles gut Antonio. Ich hoffe dir geht es besser." Erstaunt sah ich Victor an. Ich konnte gar nicht glauben, wie nett er war. Er bestellte und drei Shots und prostete uns zu "Auf Mira!" Ich Strich mir mit den Händen über die Arme. "Ist dir kalt?", fragte Victor. Ich nickte, obwohl ich mich nur versucht habe zu beruhigen. Mir wurde schlecht bei dem Gedanken, dass sie Antonio etwas antun würden. "Ich gehe schnell zum Auto und hole meine Jacke."

"Ich komme mit. Ich wollte eh gehen", sagte Antonio und stand auf. Mist!

"Ich warte hier auf dich", sagte Victor und zwinkerte mir zu. Mit verkrampften Magen verließ ich, in Begleitung von Antonio, den Club. "Da vorne steht mein Auto", sagte ich und zeigte in die Richtung. "Mensch Mädchen, du kannst doch nicht im dunkelsten Bereich parken." Antonio sah mich tadelnd an und ich fühlte mich, als würde ich ihn auf die Schlachtbank führen. Plötzlich hörte ich Schritte von hinten und kurz danach, wie Antonio aufstöhnte. 

Zwischen den FrontenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt