Bei den Weasleys

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Dampfend und fauchend fuhr der Zug schließlich in den Bahnhof ein und aufgeregt sprangen die Jungs auf. Während die Zwillinge und Lee ihr Handgepäck zu sich nahmen, starrte Felix, völlig in Gedanken versunken, auf den Bahnsteig.
Fast automatisch war sein Blick abgeschweift und obwohl er wusste, dass er nicht fündig werden würde, suchte er die Menschenmasse ab. Dabei hob er seine Hand unbewusst zu der Kette um seinem Hals und strich über den Anhänger, dessen Konturen er durch den Stoff seines Pullovers fühlen konnte.
Der Gedanke, dass er wohl nie wieder von ihnen abgeholt werden würde, drückte so schwer auf seine Brust, dass er schon glaubte, nicht mehr richtig atmen zu können.
„Alles klar, Kumpel?"
Er sah zur Seite, wo Fred ihm seinen Koffer hinhielt. Er nahm sie entgegen und nickte.
„Ja. Alles klar."
Er schluckte das Gefühl runter, verdrängte die bitteren Gedanken und lächelte beruhigend. Dann folgten sie George und Lee auf den Gang.

Außerhalb des Zuges wurden sie schon von Mrs Weasley erwartet, welche die Jungs nacheinander und ohne Ausnahme umarmte. Felix vermutete ja, dass sie es bei ihm und Lee nur aus Reflex tat.
Dieser lächelte etwas unbeholfen und verabschiedete sich schnell, als er seinen Vater in einiger Entfernung stehen sah. Mit einem letzten Blick zurück zwängte er sich durch eine Gruppe von Hexen und verschwand so wenig später aus ihrem Blickfeld.
Mrs Weasley strahlte sie an.
„Dann gehen wir mal, Jungs."
„Vielen Dank, dass ich in den Ferien bei Ihnen...", begann Felix, aber sie unterbrach ihn unwirsch.
„Papperlapapp. Das ist doch gar kein Thema."
Lächelnd legte George seine Hand auf seine Schulter. Fred dagegen schlug sich die Hand gegen die Stirn.
„Unser Gepäck", murmelte er und verschwand im dichten Gedränge, während sie noch auf Ginny und Ron warteten.

~

„Wir sind wieder da, Arthur", rief Mrs Weasley und lotste die Kinder in die kleine Küche.
Felix stand etwas überfordert in der Tür, das Gepäck in seiner Hand. Er fühlte sich so fehl am Platz, wie schon lange nicht mehr.
Arthur Weasley drehte sich lächelnd zu ihnen und musterte sie.
„Na, wie war's? Habt ihr die Fahrt gut überstanden? Jungs, wie waren die Prüfungen?", überhäufte er sie sogleich mit Fragen und nickte Felix kurz lächelnd zu.
Die Zwillinge drucksten herum.
„Ach. Ganz okay."
„Wir sind uns sicher, unsere Noten werden völlig genügen."

Sofort zogen ihre Eltern ihre Stirn kraus.
„Fred. George. Was soll das heißen?"
„Wir haben wirklich vorbildlich gelernt."
„Aber, wenn man aufgeregt ist und dann dieser Zeitdruck..."
Mrs Weasley stemmte ihre Hände in die Hüften und sie verstummten. Aber ihr Ehemann sagte nur seufzend:
„Darum können wir uns ja bei gegebener Zeit kümmern, ihr seid schon alle durchgekommen, da bin ich mir sicher. Ginny, wie waren die Auswahlspiele?"
„Hab es noch nicht geschafft. Aber ich kann es ja nach den Ferien wieder versuchen", erwiderte die Dreizehnjährige zuversichtlich und mit einem „Wir sind oben, Mum" zog Fred seinen Bruder und Felix auf die Treppe zu.

Sie stiegen an Gummistiefeln und Blumentöpfen vorbei, George machte einen großen Schritt über den Korb mit ihrer Wäsche, und betraten dann schnell das Zimmer von den Zwillingen.
Felix war froh, dass sie etwas mehr von ihren Scherzartikeln in der hergerichteten Hütte untergebracht hatten, sodass jetzt genug Platz für alle war. Harry würde immerhin auch hier schlafen.

Mit einem Krachen landete Georges Koffer in der Ecke und er ließ sich ächzend auf sein Bett fallen.
„Merlin sei Dank, endlich Ferien."
Felix lächelte und ließ sich auf der Kante seines Bettes nieder. Die Bettwäsche war, dem Geruch nach, frisch gewaschen und abwesend strich er darüber.
Fred grinste.
„Bin ich froh, dass das sechste Jahr etwas entspannter abläuft."
Felix nickte zustimmend.
„Wobei ich aber glaube, dass uns Snape ganz schön auf Trapp halten wird."
„Ohja. Der Kerl hat ja sonst nichts anderes zu tun."
„Können wir uns darauf einigen, in den Ferien nicht von der Fledermaus zu reden?"
„Reden wir doch von den ZAGs", meinte Felix grinsend und gleichzeitig legten sie ihren Kopf stöhnend in den Nacken.

~

Den Aufenthalt bei den Weasleys entsprach wirklich voll und ganz dem Begriff Ferien.
Zwar gab sich Felix Mühe zu helfen, wo er nur konnte, war er doch eine zusätzliche Last, aber trotzdem verbrachte er die meiste Zeit nur mit den Zwillingen, Ron und Ginny.

Oft spielten sie Quidditch, bekamen aber noch öfter den Auftrag, den Garten zu entgnomen. Ein nutzloses Unterfangen, wenn man daran dachte, dass ein paar Tage später sowieso wieder die kleinen Erdhügel zwischen den Obst- und Gemüsesorten thronen würden.

Aber es war eine wunderbare Gelegenheit, um mit den Zwillingen ihre Fertigkeiten als Treiber zu trainieren.
Wer seinen Gnom bis zum Ende der Beete brachte, bekam fünf Punkte, wer ihn gegen die Gartenmauer schlug, zehn Punkte. Fünfzehn Punkte gab es für denjenigen, der ihn über die Gartenmauer schleuderte.
Felix musste nur aufpassen, dass seine Finger nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Und dann, in der zweiten Woche kam die Eule mit den Ergebnissen ihrer ZAGs.
Fred und George sahen so aus, als hätten sie sich am Liebsten verdrückt, aber ihnen blieb wohl keine andere Wahl, als die Briefe im Beisein ihrer Eltern zu öffnen.

George fasste sich ein Herz und öffnete seine Ergebnisse zuerst. Er atmete auf.
„Gott sei Dank, Zaubertränke fällt jetzt flach."
Bereits im nächsten Moment hatte seine Mutter das Pergament in den Händen und las sich die Noten durch. Ihre Lippen verzogen sich zu einem dünnen Strich.
„Ach, George", meinte sie seufzend, „Hättest du dich nicht ein wenig mehr anstrengen können? Gerade in Arithmantik oder Zauberkunst."
George blies seine Wangen auf.
„Zauberkunst hab ich doch trotzdem bestanden, Mum", murmelte er, während sein Vater nun zu der Liste griff.
„Aber nur so knapp", klagte sie jedoch, „Dieses Fach wird in so vielen Berufen benötigt und dann hast du da so wenig ZAGs."
„Mum. Bitte."

Felix biss sich auf die Unterlippe, als er sah, wie sich Ron nur mit Mühe ein Kichern unterdrücken konnte. Vor allem, als er von seiner Schwester einen Seitenhieb bekam.

„Fred, wie sind die Prüfungen bei dir ausgefallen?"
Freds Gesicht schien noch ein wenig blasser zu werden und schluckend öffnete er seinen Brief. Eine Weile betrachtete er die Noten, dann sagte er:
„Hey, ich hab Arithmantik bestanden. Beleg ich trotzdem nicht weiter."
Sein Zwillingsbruder hob seinen Mittelfinger, was Mrs Weasley glücklicherweise nicht bemerkte, da sie jetzt nach seiner Liste griff.

„Ach, George. Dafür ist deine Note in Zaubertränke..."
Sie ließ den Satz ausklingen.
„Und was ist denn das in Geschichte?"
„Mum, kannst du dich nicht auch mal über unsere guten Noten freuen? Du schaust nur auf die schlechten", beschwerte sich George und verschränkte empört seine Hände.
Mr Weasley sah über die Schulter seiner Frau.
„Nun ja, aber sie hat schon recht", murmelte er.
„Dad, bitte!"
„Du jetzt nicht auch noch!"

Mit einem schwachen Lächeln reichte Mrs Weasley ihnen die Ergebnisse zurück.
„Strengt euch nur dafür bei euren UTZs richtig an. Dann wird das schon."
Die Zwillinge verdrehten ihre Augen.
„Felix, wie ist es denn bei dir ausgefallen?"
Sein Grinsen verblasste von einem Schlag auf den anderen.
„Was? Meine wollen Sie auch sehen?"
„Aber natürlich", sagte sie unter den amüsierten Gesichtern seiner Freunde.

Etwas nervös öffnete er das Pergament und las sich die Noten durch. In Astronomomie und Wahrsagen war er, wie zu erwarten, mit einem Schrecklich durchgefallen. Arithmantik und Kräuterkunde hatte er gerade noch so geschafft. In Geschichte der Zauberei stand er auf einem Annehmbar, während er in Runen ein Erwartungen übertroffen hatte.
In Verteidigung gegen die dunklen Künste, Muggelkunde und Verwandlung hatte er sogar ein Ohnegleichen erreicht.
Er ärgerte sich nur, dass bis zu dieser Note in Pflege magischer Geschöpfe ein paar Punkte fehlten.

„Ist schon ganz in Ordnung", murmelte er und reichte Mrs Weasley den Zettel.
Fred und George verrenkten ihre Hälse, um auch einen Blick darauf zu werfen.
„In Zauberkunst ein Annehmbar."
„Ts, ts, ts."
„Ihr seid so doof", erwiderte Felix nur und grinsend zwinkerten sie ihm zu.

Der Erbe des Prinzen - Das Trimagische TurnierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt