Die wahre Identität des Halbblutprinzen?

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Er stolperte fast vor Schreck und fuhr herum. Snape stand auf dem Gang, den Knauf der Tür immer noch in der Hand, und sah ihn misstrauisch an.
„Was haben Sie hier unten zu suchen?"
Jetzt gab es keinen Rückzieher mehr. Felix straffte seine Schultern und ging wieder zurück.
„Ich wollte Ihnen das Buch...zurückgeben."
Er reichte es ihm etwas ruckartig hin. Snape nahm es und warf einen kurzen Blick darauf.
„Gefunden?", schnarrte er knapp.
„Nein, ähm...noch vom letzten Jahr. Ich glaube..."
Er stockte, aber Snape verschränkte seine Arme und sah ihn herausfordernd an.
„Ich glaube, es hat mal Ihnen gehört."
Jetzt war der Murtlap aus dem Koffer und für einen Augenblick herrschte im Gang Totenstille.

„Wie bitte?", fragte der Lehrer gefährlich leise und schlug das Buch auf.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte er, dann sah er mit funkelnden Augen auf. Er riss die Tür auf und winkte Felix mit einer barschen Handbewegung in sein Büro.
„Setzen!", blaffte er.
Krachend fiel die Tür ins Schloss.

Snapes Büro bestand aus einem großen Raum, in dessen Mitte ein Schreibtisch mit jeweils einem Stuhl auf beiden Seiten stand. An den Wänden türmten sich hohe Regale auf mit allerlei Büchern, Instrumenten für alchemistische Zwecke und Gläser mit ekelerregenden Inhalten.
Snape ließ sich auf der anderen Seite des Schreibtisches nieder, schlug das Buch vor sich auf die Platte und starrte Felix fast hasserfüllt an.

„Ziemlich erbärmlich, meinen Sie nicht?", begann er mit öliger Stimme.
„Tut mir leid, ich verstehe nicht."
Snape wedelte mit dem Buch vor seiner Nase.
„Dass Ihre Noten nicht auf ihre Fähigkeiten, sondern auf dieses kleine Buch schließen lassen."
„Glauben Sie mir, Professor, ich habe genug gelernt, um ohne dieses Buch auszukommen", erwiderte Felix bestimmt.
Über Snapes Gesicht zog sich ein verächtliches Lächeln.
„Wie gesagt", fügte Felix hinzu, „Ich wollte das Buch nur abgeben."
„Und überprüfen, ob ich dieser...dieser Halbblutprinz bin", zischte Snape und beugte sich gefährlich weit nach vorne, „Warum ist Ihnen das so wichtig? Irgendein besonderes Ereignis, welches auf ihn zurückzuführen wäre?"
Der Professor zählte zwei und zwei zusammen wie kein Zweiter. Aber was sollte Felix schon sagen?
Dass eine Verrückte ihn im letzten Jahr in einer ihrer berüchtigten Prophezeiungen erwähnt hatte?
Er schüttelte seinen Kopf.

„Nein, Sir. Ich habe letztes Jahr einfach nur vergessen, es abzugeben."
Snape erhob sich und beugte sich dabei noch weiter nach vorne, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Unwillkürlich lehnte sich Felix ein Stück weiter nach hinten. So weit, wie es ihm die Stuhllehne erlaubte.
„Und warum...", fauchte er, „...jetzt? Sie hatten einen guten Monat, um es zu tun. Warum jetzt?"
Ja, das war so...Liv hat herausgefunden, dass der Zaubertranklehrer dieser Schule ein paar geniale, wenn auch zweifelhafte Flüche erfunden hat. Außerdem hat sie die Signierung gesehen, die Handschrift erkannt und sich gleichzeitig gefragt, wie man auf so einen dämlichen Spitznamen für sich kommen kann.

„Hab ich bis jetzt immer vergessen, Sir", krächzte Felix.
„Sie scheinen wirklich unter einer besorgniserregenden Form der Amnesie zu leiden", knurrte Snape, „Da fragt man sich dann doch, weshalb sie immer in den für Sie günstigsten Momenten eintritt."
„Außerdem...", fügte Felix hinzu, „...habe ich mir letzte Woche die Frist gesetzt, den Aufsatz noch zu beenden und es dann möglichst vor meinem Geburtstag abzugeben. Sie wissen schon. In drei Tagen."
„Das ist mir sehr wohl bewusst."
Snape richtete sich wieder auf und sah mit kalten Augen auf ihn herab.

„Und? Haben Sie vor, sich bei dem Turnier als Hogwarts-Champion zu bewerben, wo Sie dann doch volljährig sein werden?"
„Äh...nein, Sir", antwortete Felix, verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel, „Ich sehe lieber zu."
„Hätte ich nicht erwartet."
„Darf ich jetzt gehen, Sir?", fragte Felix.
Snape kniff seine Augen zusammen.
„Beeilen Sie sich, eh ich noch etwas tue, was ich später bereuen würde."
„Danke, Sir", sagte Felix, stand auf und ging möglichst gelassen zur Tür.

Er hatte den Griff bereits in der Hand, als Snapes eisige Stimme ihn einholte.
„Einen Moment, Lewis. Eine Frage hätte ich noch."
Er drehte sich um.
„Haben Sie zum Zeitpunkt des Duells von dem Flucht gewusst, den Adrian gegen Sie angewandt hat?"
Felix nickte langsam.
„Ja, Sir. Ich...hab ihn an einem Baum ausprobiert."
„Und es kam Ihnen nicht in den Sinn, ihn auch bei einer Auseinandersetzung anzuwenden?"
Felix zog seine Augenbrauen nach oben.
„Merlin bewahre, nein. Das ist grausam", gab er zurück, dachte aber sofort an den Moment als er vom Tod seiner Eltern erfahren hatte und Verbitterung gegenüber dem Lehrer stieg in ihm auf. Schnell schluckte er das Brennen runter.
„Dann können Sie jetzt gehen!"
Felix nickte und hatte schon die Tür geöffnet, als ihm wieder der Erbe in den Sinn kam. Liv hatte gelacht bei der Vorstellung, dass Professor Snape Kinder haben könnte.
„Ist noch etwas, Lewis?"
„Nein, Sir. Nichts."
Er ging weiter und schloss die Tür des Büros wieder hinter sich.

„Und?", fragte Liv, als sie sich wenig später zufällig auf dem Gang begegneten.
Bei ihr befanden sich noch zwei weitere Mädchen. Er grinste.
„Hätte ich ihm wirklich die Frage gestellt, hättest du mich im Krankenflügel oder auf dem Friedhof besuchen müssen."
Sie lachte.
„Aber er war es?"
„Hat er nicht gesagt, nein."
Da dem Professor das Gespräch ziemlich unangenehm erschienen war, war es wohl nicht wirklich fair, irgendjemandem etwas davon zu erzählen. Selbst wenn es Liv oder seine Freunde waren.
Er lächelte noch einmal und ging dann in den Gemeinschaftsraum und hoch in den Schlafsaal, wo seine Freunde bereits warteten. Fred und George hatten sich am Tisch über ein Blatt Pergament gebeugt und tuschelten aufgeregt und Lee saß mit einem Buch der Hexenverbrennungen des 17. Jahrhunderts auf seinem Bett.

Als er die Tür hinter sich schloss, sahen sie auf und die Zwillinge fragten:
„Wo warst du denn?"
„Wir dachten, in der Bibliothek, aber die Olle hat uns rausgehauen."
Felix lachte.
„Nein, ich war bei Snape. Musste noch was abgeben."
Er schnappte sich seinen Quaffel und hielt inne. Ihm war wieder etwas eingefallen, was er schon die ganze Zeit fragen wollte.

„Fred", sagte er und der Rotschopf sah auf, „Warum sieht man dich eigentlich immer seltener mit Angelina?"
George sah nun ebenfalls neugierig auf.
Sein Bruder zuckte mit den Schultern.
„Ich hab echt keine Ahnung. Haben wahrscheinlich einfach beide viel zu tun."
„Und es ist ein Mädchen", mischte sich Lee von seinem Buch aufschauend ein, als würde das alles erklären.
Er legte die Lektüre weg und klatschte in die Hände, um Felix dazu aufzufordern, den Quaffel zu ihm zu werfen.

Der Erbe des Prinzen - Das Trimagische TurnierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt