Die erste Aufgabe

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Dienstagmorgen.

Heute war der Tag, vor dem es ihn schon die ganze Zeit gekraust hatte. Schon früh war er auf den Beinen, hatte mit den Zwillingen alles zum hundertsten Mal durchgekaut und war sichergegangen, dass Harry dem Drachen nicht vollkommen unvorbereitet gegenüberstand.
Der Junge hatte zwar nichts verraten, hatte aber eigentlich recht zuversichtlich gewirkt.

Nachdem Felix nach einigen ziemlich anstrengenden Stunden in Verwandlung, Muggelkunde und Arithmantik endlich am Mittagstisch saß, bekam er kaum einen Bissen runter. Gleich wäre es so weit.
„Und ihr habt wirklich alles verstanden? Möglichst weit oben", sprach er zum wiederholten Mal auf die Zwillinge ein.
George verdrehte seine Augen.
„Ich weiß ja echt nicht, was dir das bringen soll, aber..."
„...ja, wir haben verstanden."
„Danke, Jungs."
Die Zwillinge grinsten.
„Wusstest du, dass Lee kommentiert?"
„Nein!"
Entsetzt sah er auf, aber als sie in schallendes Gelächter ausbrachen, wusste er, dass sie ihn gelinkt hatten und tatsächlich schlich sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht.

„Mr Lewis, wenn Sie mir bitte folgen würden?"
Sein Herz rutschte ihm sofort wieder in die Hose, als er McGonagall und Harry hinter sich stehen sah und er erhob sich etwas tollpatschig.
„Viel Glück", sagten die Zwillinge noch und als er an Liv vorbeiging, die ihm kurz zunickte, waren seine Schritte fast etwas beschwingter. Sie war nicht mehr sauer.

McGonagall, welche ungewohnt nervös aussah, führte sie über die Wiese und zum Wald. Schon von Weitem konnten sie ein riesiges Zelt sehen.
Felix fröstelte leicht, war aber, bei dem Gedanken an die zweitausend Grad, die im Inneren eines Drachen schlummerten, unglaublich froh darüber.
„Nur jetzt nicht die Nerven verlieren", sagte McGonagall und fast krampfartig griff sie nach Harrys Schulter, „Einfach kühlen Kopf bewahren...wir haben Zauberer, die bereitstehen und eingreifen, wenn die Sache außer Kontrolle gerät...Hauptsache, Sie geben Ihr Bestes..."
„Ja, Professor", sagten die Jungs gleichzeitig, als sie auf das Zelt zugingen.
„Dort müssen Sie mit den anderen Champions rein. Mr Bagman erwartet Sie bereits...er wird das...Verfahren erklären. Viel Glück."
Sie schubste die beiden auf den Zelteingang zu und verschwand dann.

„Merlin!", murmelte Felix, dem das Herz bis zum Hals klopfte, und sie traten ein.
Fleur saß mit blassem Gesicht auf einem Stuhl und Viktor sah noch grimmiger drein, als sonst. Bagman stand in seinem Wespenumhang in der Mitte des Zeltes und strahlte ihnen bereits entgegen.
„Ach, sehr schön. Kommt rein, Jungs, und fühlt euch wie zu Hause."
„Werd ich mir merken", sagte Felix leise und sah sich um.
Dabei verkrampfte er seine Hände zu Fäusten. Es musste einfach klappen. Es musste einfach alles gutgehen.

„Schön, jetzt, da wir alle vollzählig sind, wird es Zeit, euch aufzuklären", begann er „Wenn sich alle Zuschauer eingefunden haben, wird jeder aus diesem Säckchen ein Modell dessen ziehen, mit dem er es zu tun hat."
Er hielt ein seidenes Stoffsäckchen in die Höhe.
„Es gibt...ähm...verschiedene Arten, versteht ihr? Hm, eure Aufgabe ist es...an ihnen...vorbeikommen und das goldene Ei zu holen."
Ein Ei. Felix atmetet tief durch. Wenn sie Drachen ein Ei entwenden mussten, dann würde es sich um brütende Drachen handeln. Und wenn es sich um brütende Drachen handelte, dann war ihr feuriges Problem auch noch um so einiges aggressiver. Und wenn ihr feuriges Problem noch aggressiver war, als schon so...

Nervös lief er im Zelt auf und ab und versuchte, sich nichts von seiner Übelkeit anmerken zu lassen. Nach nur wenigen Minuten hörten sie die Horden der Schüler am Zelt vorbei trampeln. Das aufgeregte Geschwätz und Gelächter war zu hören und ungeduldig wischte er sich seine schweißnassen Hände an seiner Hose ab.
Und dann, wo war die Zeit hin, ließ Bagman sie sich um ihn versammeln und öffnete das Stoffsäckchen.

„Ladies first."
Er hielt es Fleur hin, die mit ihrer zitternder Hand hineingriff.
Heraus zog sie das tadellose, winzige Modell des Walisischen Grünlings, auf dem Nummer 2 abgebildet war. Nun gut, dieser Drache war relativ friedfertig und griff nur an, wenn man ihn provozierte oder er sich bedroht fühlte. Wenn sie es geschickt anstellte, würde sie sogar eine sehr gute Chance haben, die Aufgabe zu erfüllen.
Sie schien keine Spur überrascht zu sein, sondern betrachtete ihn nur stumm.

Krum war ebenso wenig überrascht.
Er zog den Chinesischen Feuerball mit der Nummer 3.
Diesen prächtigen Löwendrachen konnte Krum nur besiegen, indem er sich auf die hervortretenden Augen fixierte. Anders kam man diesem gerissenen Tier nicht bei.

Dann war Felix an der Reihe. Er betete, den Ungarischen Hornschwanz zu ziehen, damit er nicht an Harry hängen blieb, aber gleichzeitig hoffte er auch, ihn nicht zu ziehen.
Er hatte Glück. Er zog den mittelgroßen, silber-blauen Drachen mit der Nummer 1.
Harry zog den Ungarischen Hornschwanz.

„Dann wünsche ich euch allen viel Glück", sagte Bagman, „Gegen die Drachen, die Sie gezogen haben, werden Sie antreten. Die Nummern bestimmen die Reihenfolge.
Mr Lewis, Sie sind der Erste. Wenn Sie eine Pfeife hören, gehen Sie einfach in das Gehege. Harry, kann ich kurz ein Wort mit dir wechseln? Alleine?"
Etwas überfordert folgte Harry ihm und Felix verstaute die Miniaturausgabe seines Drachen in seiner Hosentasche und zückte seinen Zauberstab.

Tief atmete er durch und versuchte, über seinen Herzschlag hinweg zuhören. Nicht, dass er noch den Pfiff verpasste.
„Viel Glück", brummte Viktor und etwas überrascht sah er zur Seite.
„Vielen Dank. Werde ich gebrauchen. Euch beiden auch."
Da ertönte ein schriller, langgezogener Pfiff und langsam setzte er sich in Bewegung - in der Hoffnung, nicht gleich vor dem Gegenübertreten des Drachen das Bewusstsein zu verlieren.

Der Erbe des Prinzen - Das Trimagische TurnierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt