Die Entscheidung

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Noch spät in der Nacht war Felix wach. Er hatte seine Bettdecke wie ein Zeltdach über seinen Kopf gespannt und blätterte im Scheine seines Zauberstabes in dem ausgeliehenen Lateinbuch. Er hatte in den letzten Wochen seinen zweiten Zauberspruch beendet. Ligare Repellere. Allerdings klappte dieser bis jetzt nur selten, bei allergrößter Konzentration und bei Angriffsflüchen, welche nicht allzu mächtig waren. Hieß...so selten, dass er einige Versuche gebraucht hatte, ehe er wirklich gemerkt hatte, dass es funktionierte.

Jetzt tüftelte er, neben dem Verbessern von diesem, noch an einem neuen Spruch, konnte doch ein kleines Beben bei Gegnern eine unerwartet nützliche Wirkung zeigen. Hoffte er auf jeden Fall.
Doch als er bei dem Buchstaben >t< ankam, runzelte er seine Stirn. Die meisten Seiten waren total verblichen, beschädigt oder fehlten sogar gänzlich.

„Na klasse", murmelte er leise.
Er war schon so weit. Sollte er jetzt etwa schlafen gehen?
Andererseits hatte er keinen Tarnumha...er könnte es mit dem Desillusionszauber versuchen. Flitwick hatte diesen in den letzten Unterrichtsstunden ab und zu erwähnt und Felix so den Anstoß gegeben, ihn zu üben.
(Niemals hätte er es mit Fledermäusen tun sollen. McGonagalls Schrei war bis in das nächste Stockwerk gedrungen und wutschnaubend hatte sie ihm zwanzig Punkte abgezogen. „Ja, Lewis, von meinem eigenen Haus.")

Entschlossen schlug er die Bettdecke zurück, schlich sich bis in den Gemeinschaftsraum und zückte seinen Zauberstab. Er brauchte insgesamt vier Anläufe, wobei er bei zweien dachte, er hätte seine Finger für immer verschwinden lassen und freute sich schon auf das Donnerwetter seiner Hauslehrerin. Aber dann hatte er es geschafft. Er musste den komplizierten Zauber einfach noch öfter üben.
Er ging durch das Porträt („Wa...wer ist da?") und machte sich auf den Weg in die vierte Etage. Einmal musste er mehrere Minuten warten, ehe die Treppe vor ihm wieder auftauchte, da sich die Stufen auch nachts bewegten.
Und irgendwelche wagemutigen Aktionen waren eher ungünstig, da er seinen Zauberstab erloschen hatte. Eine schwebende Lichtkugel fiel sogar einem Zauberer auf.

Fast hatte er den Gang, in dem die Bibliothek lag, erreicht, als er plötzlich ein leises, dumpfes Geräusch hörte, welches in regelmäßigen Abständen erklang. Er blieb stehen und sah zurück in die Dunkelheit. Entweder war es Peeves, der wieder randalierte oder aber...als er das Geräusch erkannte, drehte er sich, verwirrt und neugierig zugleich, um und ging wieder zur Großen Treppe.
Hier wurde es lauter und er konnte nun eindeutig sagen, dass es etwa aus der
zweiten Etage kam, was seine Vermutung nur bestätigte. Schnell, aber möglichst leise, stieg er den Treppenstufen hinab und folgte dem dumpfen Klonk.

Nach einigen Minuten war er endlich nahe genug dran und lunste vorsichtig um die Ecke. Mehrere Meter vor ihm lief, in einem schwachen Lichtschein, Mad-Eye Moody.
Stirnrunzelnd schlich er ihm nach. Was suchte ihr Professor mitten in der Nacht hier unten?
Noch während er sich diese Frage stellte, blieb Moody stehen. Eine Weile passierte gar nichts, dann drehte er sich jedoch langsam um. Felix erstarrte und verharrte mucksmäuschenstill auf der Stelle. Konnte er ihn mit seinem künstlichen Auge sehen?
Harry hatte erzählt, dass er eine Schülerin im Unterricht erwischt hatte, als sie ihrer Freundin unter ihrem Tisch ein Horoskop zeigte. Wenn er durch Tischplatten sehen konnte, dann konnte er vielleicht auch das.
Felix konnte sein Gesicht nicht wirklich erkennen. Aber als der Lehrer sich wieder umdrehte und weiterging, war er beruhigt.
Etwas vorsichtiger folgte er ihm.

Moody ging geradewegs in die Richtung der Eingangshalle, was Felix dann doch sehr suspekt vorkam. Und als wäre das nicht genug, schritt er der Marmortreppe nach unten und steuerte genau auf den Feuerkelch zu, der von einer leuchtend goldenen Linie umzogen war. Was wollte er hier?

Doch da...
„Professor Moody? Was tun Sie denn hier?"
Verwundert traten ein Slytherin und ein Hufflepuff des siebten Jahrganges aus dem Schatten.
Moody war bei dem Klang der Stimme kurz zusammengezuckt. Jetzt jedoch, zog er in einer einzigen, fließenden Bewegung seinen Zauberstab, richtete ihn auf den Hufflepuff und zischte:
Imperio!"
Felix schwankte und schnell stützte er sich an der Wand ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Was...
Der Slytherin fuhr zusammen. Während er zurückstolperte zog er völlig überfordert seinen Zauberstab, doch da wurde er ebenfalls von dem Imperius in Besitz genommen. Der Schüler erstarrte, sein Gesicht nahm einen fast gleichgültigen Ausdruck an und langsam beugte der Professor sich zu ihm und seinem Freund. Er flüsterte, trotzdem klang seine Stimme durch die ganze Halle.
„Ihr werdet jetzt eure Namen in den Kelch werfen und ohne weitere Umwege wieder schlafen gehen!"
Er beugte sich wieder zurück und ohne ein Wort oder eine Gefühlsregung bewegten die Verhexten sich auf den Kelch zu, warfen jeweils einen Zettel in die blauen Flammen und verschwanden wieder in die Richtung der Kerker.
Ein letzter Zauberstabschlenker Moodys versicherte Felix, dass sich die beiden am nächsten Tag vermutlich an nichts mehr erinnern würden.

Der Erbe des Prinzen - Das Trimagische TurnierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt