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Tag 2: Ein heißer Anblick.

Ich muss gestehen, ich hatte verdammt Glück. Eigentlich hatte ich nur einen guten Freund. Tyler war aus seinem Bett aufgesprungen und hatte mein Handy versteckt als die Lehrer nach kurzem Anklopfen einfach so ins Zimmer kamen. Sie dachten, dass sie uns wecken müssten, wo wir ja keine Wecker hätten, naja wir beide standen normalerweise noch früher auf, aber irgendwie hatte ich bis sieben geschlafen. Tyler hatte sich schon fertig gemacht, geduscht, sich rasiert, angezogen und stand nun dort an der Tür, um die Lehrer abzuwimmeln. Das bekam ich nur gerade so mit, denn um ehrlich zu sein, war ich irgendwie ziemlich erschöpft gestern ins Bett gefallen.
Wie auch immer, ich musste aufstehen, das machte Tyler mir auch klar.

"Wenn du vor Acht nicht fertig bist, geh ich alleine. Ich hab Hunger."

Am liebsten hätte ich die Augen verdreht, zwar war ich echt ein Morgenmuffel, aber zu verschlafen gehörte normalerweise nicht dazu. In meiner Unterhose bekleidet, kramte ich also ein paar Klamotten aus meinem Koffer.

"Wir gehen heute an den Strand, meinte Frau Bergold", erzählte Tyler in der Zwischenzeit. "Zieh dich also nicht zu warm an."

Daraufhin nickte ich nur kurz und trampelte gähnend ins Badezimmer, meine Haare völlig zerzaust. Wahrscheinlich stand Nicholas in seinem Zimmer wie ein Topmodel auf, perfekte Haare, keine Pickel, kein bisschen Gestank, nur das männliche Aroma seiner Schweißdrüsen gemischt mit halbwertigen Parfüm und einer kleinen Note Zigarettenqualm. Meine Nase erlitt förmlich einen Orgasmus, obwohl ich nur die feuchte Badezimmerluft einatmete. Ich schloss die Tür und betrachtete mich einen Augenblick im Spiegel. Die Diät hatte geholfen, natürlich nicht alleine, zuhause ging ich laufen und zweimal die Woche hatte ich ja noch die Schwimmkurse, trotzdem musste ich aufpassen nicht noch weiter so stark abzunehmen, damit ich nicht magersüchtig werden würde. Zumindest sagte mir das jeder. Ist es denn so schlimm, einfach dünn sein zu wollen wie alle anderen? Im selben Moment zog ich ein wenig an meinem Bauchfett und drehte mich ein paar Zentimeter. Da fiel mir auf, dass ich mich auch noch an meinem Vorderkörper rasieren müsste, wenn wir heute tatsächlich zum Strand gingen. Selbstverständlich hatte ich auch dafür vorgesorgt und machte mich fertig. Am liebsten hätte ich ihn aus dem Fenster geworfen, aber es gab kein warmes Wasser mehr. Tyler hatte alles aufgebraucht, dachte ich zumindest. Vielleicht lag das aber auch an den anderen hundert Gästen in dieser Herberge, wer weiß.

Man würde es kaum glauben, aber unsere Lehrer hielten ihr Wort. Der wahre Grund, warum unser Sportlehrer uns begleitete, war nicht nur, dass wir seinetwegen im Meer schwimmen durften, da er Rettungsschwimmer war, sondern vermutlich war der Grund, dass Frau Bergold einen Crush auf ihren Arbeitskollegen hatte. Wer hätte es ihr verübeln sollen? Für sein Alter war er echt knackig, sie aber auch - das hatte ich gestern live gesehen. Wahrscheinlich ließ sich darüber diskutieren, doch sie hatte mehr Tore gemacht als einer unserer Fußballfreunde, unsportlich war sie definitiv nicht. Die meisten unserer Sportaktivitäten gingen wohl auf ihre Kappe.

Nach dem Frühstück ging es ziemlich direkt los. Tyler und ich schnappten uns unsere Badehosen und da lernte ich etwas. Früher, als ich noch klein war, hatte ich immer das getan, was meine Eltern wollten und das, was andere taten. Dazu zählte, unter der Badehose nackt zu sein, allerdings gehörte das ab einem bestimmten Alter wohl nicht mehr zur Realität. In meinem Schwimmkurs verfolgte ich meinen alten Glauben zwar, aber dort hatte das auch etwas mit Dynamik und Tempo zu tun. Hier ging es ums Aussehen und um den Fall, dass die Rowdis vorbeikamen, um dir die Hose runterzuziehen und dich vor aller Augen bloßzustellen. Und nein, ich übertreibe nicht. Das ist eine der tollen Erinnerungen von meiner ersten Klassenfahrt. Wie sagt man so schön? Aus seinen Fehlern lernt man.

Nervös mit dir [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt