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"Ich wollte euch nur Bescheid sagen, dass die Party gleich los geht", fing unser Sportlehrer an und schaute in unseren Kreis. "Und keine Sorge, ich werde Frau Bergold nichts sagen - solange ich auch was abbekomme!", forderte er. Unser Sportlehrer war einfach der coolste, wir konnten froh sein, ihn dabei zu haben.

Schnell drückte ich mich an ihm vorbei und rannte zu unserem Zimmer. Ich ließ den Schlüssel in der Tür stecken, um ihn nicht gleich zu vergessen, wenn wir nach unten gehen würden. Ungebremst öffnete ich die Tür zum Badezimmer und drehte den Wasserhahn auf. So rot wie mein Gesicht angelaufen war, war das kühle Wasser eine richtige Erholung.

"Du bist so dumm!", flüsterte ich zu mir selbst, während ich mich selbst angepisst im Spiegel betrachte.

"Was hast du denn gedacht, was passiert, mhm?", fluchte ich und schlug mit meiner Hand unvorsichtig aufs Waschbecken.

"Scheiße!", schrie ich.

Klammernd hielt ich mich am Waschbecken fest. Immerhin hatte ich jetzt den Schmerz in meiner Hand, der mich von dieser peinlichen Situation ablenkte. Nach einem endgültigen schwerwiegenden Atmer wischte ich mir das Wasser aus dem Gesicht und schloss die Tür zum Badezimmer, als Cole plötzlich vor mir stand. Verwirrt stolperte ich einen Schritt zurück.

"Sorry, ich wollte nicht -", murmelte er. In diesem Moment war ich wie eingefroren, mein Kopf drehte sich etwas vom Alkohol und meine Gefühle fuhren gerade fucking Achterbahn.

"Ich wollte nicht so gemein sein", sagte er zittrig.

"Ist schon okay", reagierte ich wohl noch leicht sauer und senkte meinen Blick. Verdammt man, warum war ich überhaupt sauer auf ihn? Er hatte gar nichts gemacht, das war alles meine eigene Schuld.

"Wir sollten zur Party, du hast Herrn Schanzel ja gehört", fügte ich stumpf hinzu und drückte mich an ihm vorbei zur Tür, sodass ich ihn an die Wand drängte.

Auf einmal packte er mich am Arm, hielt mich zurück, dass ich mich nicht bewegen konnte. Jetzt hatte ich wirklich die Schnauze voll, verdammte Scheiße, er regte mich so auf, ich war so verdammt wütend auf ihn. Immer machte er diese Anspielungen und ließ mich kalt fallen wie einen dreckigen Sack Kartoffeln. Doch ich war niemand der seine Frust an anderen ausließ, also atmete ich tief aus und stoppte für einen Moment alle meine Bewegungen. Nachdem ich wieder etwas normaler atmen konnte, drehte ich mich zu ihm um und sah ihm tatsächlich geradewegs in die Augen.

"Was willst du von mir?", fragte ich ihn ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen und starrte ihm mit meinen Augen ein Loch in den Kopf. Seine Hand fing an zu zittern, aber das war mir egal.

"Ich-", stotterte er.

Meine Augen verkrampften sich zu einem enttäuschten Blick, das war ich schon gewohnt. Weiterhin blickte ich ihn an, doch es kam einfach nichts aus ihm raus. Ich gabs auf. Das wars. Langsam drehte ich mich wieder von ihm weg, als er mich auf einmal gegen die Wand drückte und seine Hand meine Wange berührte. Erschrocken blickte ich auf seine Lippen die nur wenige Zentimeter von meinen entfernt waren. Schwer atmend hatte er sich an mich gedrückt und ich bemerkte sein Herz wild schlagen, hörte seinen Atem immer unregelmäßiger werden. Meine Augen weiteten sich, dass für diesen kurzen Moment mein Gehirn wie leer gefegt war, er hatte es wirklich geschafft, mich komplett außer Kontrolle zu bringen. Verdammter Cole, ich zuckte am ganzen Körper und mich überkam die größte Gänsehaut, die ich jemals hatte. Wirklich jedes einzelne meiner scheiß Haare streckte sich ihm empor. Seine Finger lösten ein wenig ihren festen Griff von meinem Hals, wodurch ich erst bemerkte mit was für einer Kraft er mich zurückgehalten hatte. Mit seinen kräftigen Armen war das wohl kein Problem gewesen. Nervös keuchte er direkt vor mir, machte mich ebenfalls ganz sinnesbetäubt.
Fixiert starrte ich in seine großen blauen Augen, die mit jeder vergangenen Sekunde immer tiefer zu werden schienen, fast schon verlor ich mich in ihnen. Vorsichtig näherte er sich mir und ohne Vorwarnung spürte ich auf einmal seine weichen geschmeidigen Lippen auf meinen, was mehr war, als ich mir je erträumt hatte. Wirklich, das war alles, was ich mir immer gewünscht hatte, doch hatte ich nicht heute damit gerechnet, geschweige denn an einem anderen Tag. Vor Aufregung schloss ich meine Augen, vielleicht war es auch noch meine Wut gewesen, und genoss den Geschmack, den er auf meiner Zunge zurückließ. Unbewusst glitten meine Hände seinen Rücken hinunter, ein Fehler wie ich bemerkte. Meine Berührung ließ ihn von mir wegzucken, als hätte er sich gerade verbrannt. Verwirrt verfolgten meine Augen die Gesichtszüge meines Gegenübers und irgendwie schien es als hätte ich gerade alles in ihm auseinandergerissen. Als wäre ein Computer abgestürzt, stand er einige Sekunden vor mir und blickte leer auf meine Lippen, die er gerade berührt hatte.
"Es tut mir leid", entschuldigte er sich und verschwand so schnell aus dem Zimmer wie er gekommen war. Nun gabs hier nur noch mich, ganz alleine. Bestimmt eine Minute lang konnte ich mich nicht rühren, mein Körper war versteinert, zitterte, bis ich auf dem Boden zusammenbrach. Unaufhaltbar fingen Tränen an, aus mir herauszubrechen. Keine Ahnung ob ich noch sauer war, wütend, erleichtert oder glücklich. Einfach alles auf einmal, einfach irgendwie scheiße und irgendwie auch nicht. Ich war nicht traurig, sondern einfach überwältigt. Viel zu überwältigt. Scheiße man.

Nervös mit dir [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt