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Cole kam mit seiner doch relativ eng anliegenden Jogginghose und einem Pullover aus dem Bad. Im selben Moment zog er sich seinen dunkelblauen Pullover über seinen definierten Oberkörper - versperrte mir die Sicht auf ein Feld voller wundervollen Bilder.

"Sorry, dass ich so lange gebraucht habe", entschuldigte er sich bei Tyler, der immer noch nicht im Badezimmer war.

"Du schuldest mir was, Cole", schmollte Tyler und zwang sich an ihm vorbei. "Geht schon mal vor und sorgt dafür, dass ich auch was zu Essen bekomme, danke", lächelte Tyler mit einem falschen Grinsen auf den Lippen.

Hätte ich heute wieder verschlafen, wäre ich wohl jetzt an Tylers Stelle, überlegte ich. Doch das war ja jetzt fast wie ein Date, auf dem Cole und ich ganz alleine zum Frühstück gingen.

"Marcus ist echt nicht auszuhalten. Wie hast du es geschafft mit ihm befreundet zu sein?", beschwerte sich Cole auf dem Weg zum Speisesaal.

"Er war nicht immer so, weißt du. Früher war er richtig nett und so, aber jetzt ist er ein ganz anderer Mensch. Vielleicht hat Sam zu sehr auf ihn abgefärbt?", antwortete ich überzeugt.

"Er ist der Klassenclown, wundern würde es mich nicht" , ergänze mich Cole. Er war wohl meiner Meinung. "Wäre es okay für dich, wenn ich morgen wieder zu euch komme? Ich fühle mich in meinem Zimmer nicht so wohl. Am liebsten wäre ich mit euch in ein Zimmer gegangen", wünschte Cole sich.

Vielleicht antwortete ich zu schnell, doch wünschte ich mir das noch mehr als er.

"Klar, gerne!" Gerne? Das war komisch, irgendwie aufdringlich.

"Ich wäre auch lieber mit dir in einem Zimmer", murmelte ich und starrte auf den Fußboden.

Meine Worte waren schlecht gewählt, normalerweise dachte ich darüber einige Minuten nach, bevor ich sprach, doch in diesem Moment quoll es einfach aus mir heraus wie Wasser aus einem Springbrunnen. Plötzlich lachte Cole herzallerliebst, hatte ich etwas lustiges gesagt?

"Alles okay?", fragte ich verwirrt.

"Ja, ich hatte nur einen lustigen Gedanken, nichts Wichtiges", beschwichtigte er mich und ließ mich vor ihm in den Speisesaal gehen.

Es war ein normaler Morgen, alle waren hier, bis auf Tyler und es gab Essen in Übermengen. Als sich die Stimmung etwas beruhigt hatte, nutzte Frau Bergold die Situation, um der versammelten Mannschaft von unserem heutigen Plan zu erzählen. Wir würden wohl in die Stadt gehen und frei herumlaufen dürfen. Dafür war wohl das Geld, dass wir mitbringen sollten. Gesagt, getan, eine halbe Stunde nach dem Frühstück versammelten wir uns vor der Herberge auf dem Parkplatz. Wir hatten Tyler ein paar Brötchen mit aufs Zimmer gebracht, damit er nicht verhungerte. Vor allem, da wir eine Stunde bis zur Stadt marschieren würden. Ich hatte meinen Rucksack auf dem Rücken und so an ziemlich alles gedacht, was man brauchen könnte. Trinken, Pflaster, Sonnenbrille, Schirm, mein Portemonaie, einen Pullover, falls mir kalt würde und mein Handy für den Notfall. Ich war gut ausgerüstet. Die Sportler hatten nur sich selbst dabei, naja eigentlich hatte fast niemand eine Tasche dabei, auch nicht Cole oder Tyler. Aber das mussten sie ja auch nicht, dafür war ich ja da. Der Spaziergang an der frischen Luft tat ziemlich gut - ich konnte meinen Kopf von allem Möglichen frei kriegen und gleichzeitig die feuchte Luft vom See einatmen. Auf dem Weg entdeckte Cole ein paar Schafe und machte mich darauf aufmerksam. Der Weg führte über die Berge entlang an einigen Häusern und einem Bauernhof, den man auch von unserer Herberge aus sehen konnte. Genau genommen liefen an manchen Tagen die Schafe auf der Weide sogar bis zur Herberge und man durfte sie dort füttern. Das hatte ich gestern nur flüchtig gesehen, als wir zum Strand gegangen waren. Wir hielten einen Augenblick an und ließen die Truppe vorbeiziehen, um die Schafe kurzzeitig zu streicheln. Um ehrlich zu sein, hatte ich irgendwie Respekt vor ihnen, wer weiß, vielleicht hätten sie meine Hand abgebissen. Allerdings war Nicholas nicht so schüchtern wie ich. Er ging vor und streichte dem Tierchen über sein leicht verdrecktes Fell.

"Na komm schon!", ermutigte er mich und griff meine Hand. "Ist doch nur ein Schaf!"

Okay, ich hatte Angst vor Schafen. Woher sollte ich das wissen? Irgendwie waren sie aber ziemlich beruhigend. Coles warme sanfte Hand führte mich über das raue Fell des Tierchens. Auf einmal schnaufte es aus und ich erschrak, zog meine Hand weg und lachte vor Erleichterung. Wie konnte er nur so cool sein?

"Wir müssen weiter, bevor wir die anderen verlieren!", merkte ich an.

"Scheiße, du hast Recht. Komm!", rief er und rannte los. Die anderen hatten uns ganz schön abgehangen, obwohl es mich wunderte, dass es niemandem aufgefallen war, dass wir einfach nicht mitgekommen waren.

Nervös mit dir [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt