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In unserem Zimmer gingen wir nach dem Strandausflug duschen. Tyler hatte sich schon ins Bett gelegt. Keine Ahnung wie spät es war, vielleicht kurz vor Mitternacht als ich aus der Dusche kam. Mittlerweile war Tyler schon eingeschlafen, aber irgendwie fühlte ich mich gar nicht müde. Ich hatte noch sechs Tage. Sechs Tage um eines der coolen Kids zu werden. Heute war meine Chance. Leise öffnete ich die Balkontür und schlich mich hinüber zu meinen Klassenkameraden, wo ich an ihre Balkontür klopfte. Sie war abgeschlossen, natürlich. Ich ging aber nicht ohne Grund, denn ich hatte Stimmen aus dem Nebenraum gehört, ich wusste, dass sie noch wach waren. Und das waren sie wirklich. Einer der Jungs öffnete mir vorsichtig die Tür.

"Hey", flüsterte ich und quetschte mich durch die Tür. "Ich kann nicht schlafen."

Der Junge lächelte: "Wir auch nicht, naja bis auf Justin."

Justin lag oberkörperfrei auf dem Einzelbett und schnarchte. Die anderen Jungs saßen an dem runden Esstisch, zu meiner Verwunderung jedoch nicht alleine. Zwei der Mädchen hatten sich hierher geschlichen und leisteten den Jungs Gesellschafft. Anscheinend passierte nichts ernstes, doch ich fühlte mich hier genau richtig. Endlich war ich im Mittelpunkt, genau dort, wo all die Action abging. Manche Leute würden mir das wohl nicht glauben, allerdings mochte ich die Mädchen in unserer Klasse sehr. Sie waren nett, schlau und ehrgeizig. Irgendwie genau das Gegenteil von den Jungs, die jetzt mit mir am Tisch saßen. Einer hatte etwas Alkohol bei sich und verteilte es an alle, ich überlegte auch zu trinken, doch so müde wie ich war, litt ich bereits unter denselben Symptomen. Immer hatte ich gedacht, dass 'Dazugehören' bedeutete, dass ich trinken müsste, Drogen nehmen müsste, auf Frauen stehen müsste, doch das war falsch. Ganz im Gegenteil, die Kids, die ich für diese Dinge als cool erachtete, fanden, dass ich cool dafür war, genau ohne diese Dinge auszukommen, Charakter zu haben. Das veränderte meine Sicht auf viele Dinge. Stets wollte ich zu den coolen Kids gehören, aber das tat ich bereits. Ich hatte meine Freunde, Tyler und Cole. Mehr als genug. Doch das verstand ich erst eine ganze Weile später.

Plötzlich rissen mich die Mädchen aus meinen Gedanken.

"Wahrheit oder Pflicht?"

"Ich hätte Bock."

Alle nickten, normalerweise nahm ich Wahrheit, in jeder Runde, das war nicht ganz so schlimm, da konnte ich lügen und musste nichts Dummes tun. Außerdem wusste sowieso nie jemand etwas über mich, dass mich annähernd peinliche Antworteten gekostet hätte und selbst falls doch, stand ich zu meinem Wort. Bisher hatten sich die Leute auch nicht für mich interessiert, das war halt auch so ein Fakt.
Die Runde begann mit Alexander.

"Pflicht."

War zu erwarten, immerhin war er ja ein echter Mann!

"Leck über den Boden!", schlug Vanessa vor und er tat es.

"Ewww." Und das brachte uns alle zum Lachen - was schlecht war, angesichts der Tatsache, dass ab Zehn Bettruhe war.

Als nächstes war Amanda dran. "Wahrheit."

"Mit wie vielen Jungs hast du schon geschlafen?", fragte Lucian.

"Mit drei." Da staunten alle, sogar ich. Amanda hatte mit drei Kerlen geschlafen und ich hatte noch gar keinen, nadie. Ohne zu zögern fuhr sich Amanda durch die Haare, ich war dran.

"Wahrheit", sagte ich.

"Läuft da was zwischen dir und Nicholas?", fragten alle auf einmal und starrten mich an.

"Was? Nein. Wie kommt ihr da drauf?", gestand ich ehrlich.

"Heute am Strand hat er dich eingecremt, das war schon irgendwie süß", merkte Vanessa an.

"Echt so, also ich shippe euch", stimmte Amanda zu. Ich errötete und senkte meinen Blick.

Mit ernster Stimme entgegnete Lucian: "Nicholas ist nicht schwul. Das wisst ihr, oder?"

Ja, in der Tat, das wusste ich. Das wusste ich schon immer. 0,01%, verdammt! Was hab ich nur gedacht?

"Vor zwei Jahren hatte er eine Freundin, die hieß - Lydia, glaub ich", ergänzte Alexander sicher.

"Die Lydia aus der Parallelklasse? Mit den großen Brüsten?", hakte Amanda nach.

"Ja genau die", antwortete er.

"Das wusste ich gar nicht", gestand Vanessa.

"Ich auch nicht." Vermutlich verzog sich meine Mimik zu einem angeekelten, verletzten Welpengesicht als ich aufstand.

"Ich bin müde, war schön mit euch. Seid ihr morgen auch wieder solange wach? Dann komme ich vielleicht doch noch mal auf den Alkohol zurück!", fragte ich verletzt.

"Das ist unser Junge!" Sie hoben ihre Becher und knallten sie zusammen.

"Bis morgen." Kurz lächelte ich, bis ich dummerweise aus Panik die Tür zum Flur öffnete. Vor ihr stand Frau Bergold.

"Fuck", dachte ich.
Ich wollte meinen neuen Freunden keine Schwierigkeiten bereiten, also schloss ich schnell die Tür.

"Entschuldigung, Frau Bergold, ich konnte nicht schlafen, Sonnenbrand. Sie haben mir nur geholfen, mich zu beruhigen. Ich wollte gerade zurück in mein Zimmer", log ich spontan.

"Es ist mir egal, was ihr getan habt, aber macht es nächstes Mal leiser, man hört euch bis zum Ende des Flures!", meckerte sie mich an.

"Ja, alles klar - Oh, eh, könnten sie vielleicht die Tür aufschließen, ich hab meinen Schlüssel drinne vergessen..."

Das war ja alles perfekt. Wie konnte so ein schöner Tag nur so scheiße enden?

Nervös mit dir [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt