𝐄𝐗𝐏𝐄𝐑𝐈𝐌𝐄𝐍𝐓
[Oliver]
Er sah gut aus. Unfassbar heiß, um die Aussage zu präzisieren. Sein Spiegelbild konnte nur einen Bruchteil seiner Attraktivität einfangen. Olivers dunkelrote Haare, die er rechts kurz trug, während sie links lässig über seine Stirn hingen. Seine intensiven blutfarbenen Augen, die eindeutig zeigten, welchen noblem Geschlecht er angehörte. Seine gebräunte Haut, die jeden Muskel betonte. Jede Faser seines Körpers bewies, dass er das Kämpfen beherrschte. Ein Meister auf dem Gebiet. Nicht nur in der Kampfkunst, sondern auch im Umgang mit Feuer. Er war rundum perfekt.
Oliver griff nach den goldenen Ohrringen, die er zum Duschen auf seiner Kommode abgelegt hatte. Schnell steckte er sie an sein rechtes Ohr, bevor er das Handtuch ablegte, das er um seine Hüften gebunden hatte. Noch einmal betrachtete er sich im Spiegel. Neben seinem Ebenbild bildete sich hinter ihm die Reflexion seines Bettes ab. Dann erinnerte er sich. Der Drachenteufel hatte die Überreste von letzter Nacht noch nicht entsorgt. Aber da er Shinkai versprochen hatte, ihm seine nächste Sexpartnerin zu überlassen und er sicher ihre lauten Lustschreie vernommen hatte, sollte es nicht lange dauern, bis der Doktor an seine Tür klopfte. In dem Fall sollte er sich besser anziehen, obwohl es durchaus etwas hätte, den Eisklotz mit seiner Nacktheit in Verlegenheit zu bringen. Andererseits war er Arzt. Es war mit Sicherheit nicht das erste Mal, dass er das männliche Geschlechtsorgan zu sehen bekam.
Der Drachenteufel lachte bei dem Gedanken, Shinkai aus der Fassung zu bringen. Herr Doktor behielt immer einen kühlen Kopf, er war rational und äußerst auf seine Arbeit fixiert. Hinzu kam dieser lächerliche Putzdrang. Bei ihm musste jeder Gegenstand auf den Millimeter genau stehen. Teilweise säuberte er sein Zimmer täglich, um selbst das kleinste Staubkorn zu erwischen. Auch wenn das mit seiner Magie schnell ging, so war es trotzdem reichlich übertrieben. Anstelle zu putzen, sollte Shinkai lieber etwas Krafttraining machen. Dann würde er nicht länger wie eine Bohnenstange aussehen und essen sollte er auch. Aber in den drei Jahren, in denen sie als Nachbarn im selben Flur wohnten hatte er ihn nie Blut konsumieren sehen. Irgendwann hatte er dann herausgefunden, dass er sich nur von menschlichen Essen ernährte. Kein Wunder, dass er so eingefallen aussah. Für einen Drachenteufel genügte keine einfache Mahlzeit um auf Hochtun zu laufen. Aber das war nicht sein Problem. Wenn er auf Schmerzen stand, konnte er tun und lassen, was er wollte. Er hingegen war lieber der Part, der Schmerzen zufügte. Der dominante Part.
Nachdem Oliver seine Hose angelegt hatte und im Begriff war, die Knöpfe seine Hemds zu schließen, klopfte es an der Tür. Der Geruch verriet ihm, dass es sich um Shinkai handelte. Also öffnete er die Tür und lehne sich lässig an den Rahmen. »Hast du nicht gehört, dass ich noch beim Einkleiden bin, Eisklotz?«
Shinkai rückte seine Brille zurecht. »Ich habe einen strengen Zeitplan, Oliver. Außerdem hast du die Tür bereitwillig geöffnet. Wenn du dich schämst, hättest du warten können.«
Oliver schnaubte verächtlich und verschränkte die Arme. Shinkai war ein Arschloch. Ein eiskaltes, emotionsloses Arschloch. Aber er war sich sicher, dass der Drachenteufel des Wassers Selbiges über ihn dachte. Mit dem Unterschied, dass er unfassbar attraktiv und charmant war. Bei genauerem Betrachten wirkte Shinkai noch kränklicher als sonst. Seine fahle, beinahe vergraute Haut schien nicht nur eine Konsequenz seiner Gefangenschaft im Nichts gewesen zu sein. Es lag eindeutig daran, dass er zu wenig Energie durch Nahrung aufnahm. Auch wenn Drachenteufel kein Essen benötigten, um zu überleben, so war sie trotzdem nötig, um die volle Stärke ihrer Magie zu nutzen. Von den anderen Drachenteufel hatte er gehört, dass Shinkai ausgesprochen stark sein sollte und wenn man bedachte, dass er seine Kräfte trotz mangelnder Energie so gut einsetzen konnte, glaubte das Oliver tatsächlich. Selbstverständlich war er stärker. Schließlich war er die rechte Hand des Königs.
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Das Leiden der Teufel
Fantasy❞Weiß ist eine sinnliche Harmonie aller Farben, ein Spektrum an Reinheit und Frieden, das unter allen Umständen zerstört werden muss.❝ In weniger als fünf Tagen eroberten die Drachenteufel das Land Benela. Mit ihren magischen Fähigkeiten waren sie j...