𝐙𝐔𝐑𝐔̈𝐂𝐊 𝐙𝐔𝐌 𝐀𝐁𝐆𝐑𝐔𝐍𝐃
Nachtstern reagierte zuerst. Magie brachte ihre Schuppen zum glühen. Aus dem kleinen Körper des Drachen formte sich die Gestalt eines imposanten Monsters. Ein Körper, der eines feuerspeienden Ungetüms würdig war. Die Spannbreite ihrer Flügel vervierfachte sich und als sie ihr Maul mit den messerscharfen Zähnen öffnete, formten sich Flammen, deren Funken wild tanzten.
In Lunas Augen spiegelte sich das Feuer wider. Noch im selben Augenblick hechtete sie zurück zur Drachendame und warf sich schützend hinter sie. Kaum einen Wimpernschlag später schoss ein Feuerstrahl auf den Mann zu, welcher sich als Argrallan vorgestellt hatte. Das Feuer, so hell und gleißend, dass es Ryu blendete, schmolz alles, das ihm in den Weg kam. Schützend hob der Anführer seine Hand und trat einen Schritt zurück. Die Hitze brannte auf seiner Haut und er schien den Geschmack von Asche schmecken zu können. Aber um alte Erinnerungen zu wecken, besaß er keine Zeit. Wenngleich Ryu die Gestalt des Mannes nur für wenige Sekunden gesehen hatte, so stand es außer Frage: er war ein Soldat der Drachenteufel. Sein Feind. Jemanden, den er unter allen Umständen niederstrecken musste. Er wird ihn töten.
Nachtsterns Feuer loderte lange und als der Flammenstrahl endlich erlosch, erkannte Ryu erstmals die Zerstörung die sie hinterlassen hatte. Die brennenden Zungen hatten nichts unverschlungen gelassen und auf dem Boden sammelten sich die Bruchstücke dessen, was Luna einst die Hälfte ihres Heims genannt hatte.
Magnus war einige Meter zurückgeschleudert worden, aber wenngleich Nachtsterns Angriff von ungeheurer Stärke gezeugt hatte, so hatte es den Soldaten nicht zu Boden gebracht. Das Metall des Schutzschilds, den er an seinem linken Arm getragen hatte, brodelte und tropfte flüssig zu Boden. Mit einem schwachen Lachen warf Magnus das Schild zur Seite. Klappernd landete es.
Estelle nickte Ryu zu. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen. Fragen konnten gestellt werden, sobald sie den Feind zu Fall gebracht hatten. So schnell wie Ryus Füße ihn tragen konnten, stürzte er sich auf den Soldaten. Sein Schwert gezückt, bereit sich durch seine Haut zu bohren. Ein Hieb von der Seite sollte sich in seinen Arm fressen und damit seine Mobilität einschränken, doch Magnus reagierte schneller, als erwartet. Gekonnt wich er seinem Schlag aus und zückte seine eigene Klinge. Magnus Augen glimmten rötlich und im selben Atemzug verstand Ryu, dass er seinem Gegner körperlich unterlegenwar. Argrallan war ein Damoge.
Eine Schweißperle tropfte von Ryus Nase, als er den Luftzug einer Klinge neben seiner Wange spürte. Adrenalin durchschoss seine Adern und ihre Schwerter trafen aufeinander wie zwei Akrobaten auf einem Drahtseilakt. Ihre Blicke kreuzten sich und auf dem Gesicht des Damogen erschien ein fürchterliches Grinsen. Breit und von Spott verzerrt. »Wie ich es mir gedacht habe. Ihr besitzt nicht einmal den Anstand, mich aussprechen zu lassen.«
Dieser Bastard! Ryus Griff um das Schwert verkrampfte sich. Er besaß die Dreistigkeit Lunas unbesonnenes Leben mit Füßen zu treten und anschließend auf sie herabzublicken, als wäre sie Ungeziefer, das es nicht einmal wert war, im Dreck zu verrecken. Er hasste es. Diese Arroganz. Diese Großkotzigkeit derjenigen, dessen Stärke allein durch ihr Blut entstand. Die Arroganz eines Dieners der Drachenteufel.
»Anführer!« Estelles Ruf durchzuckte die Atmosphäre. Wie ein weißer Blitz kam sie vom Himmel. Ihre Bein zu einem Tritt gehoben, umsponnen von einer silbernen Aura. Magnus richtete seinen Blick nach oben. Im letzten Moment gelang es ihm sein Schwert zu heben. Die Druckwelle, die durch den Aufprall entstand, ließ Ryu beinahe das Gleichgewicht verlieren. Das war sie. Die Macht einer Todesgöttin. Die Maske war von Estelles Hüfte verschwunden, stattdessen hatte sich die Kaodor mit ihrer Seele vereint. Ihr Seelentier, eine fantastische Mischung aus einem Fuchs und einem Wolf, unbenannt und nur durch Estelles Augen sichtbar, verleite ihr die Attribute eines gefürchteten Jägers. Estelles Kleidung, die ansonsten einen hellen violetten Ton besaß, erstrahlte nun vollkommen weiß. Silbrig glänzte der Stoff in der Abendsonne. Die passende Farbe zu den weißen Wolfsohren, die angelegt ein Ausdruck puren Zorns waren. Selbst der Fuchsschwanz zeigte höchste Konzentration, während ihre Beine die Anatomie eines Wolfes übernommen hatten. Die Kraft, die in ihren Muskeln lauerte, war ungeheuer.
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Das Leiden der Teufel
Fantasi❞Weiß ist eine sinnliche Harmonie aller Farben, ein Spektrum an Reinheit und Frieden, das unter allen Umständen zerstört werden muss.❝ In weniger als fünf Tagen eroberten die Drachenteufel das Land Benela. Mit ihren magischen Fähigkeiten waren sie j...