𝐃𝐄𝐑 𝐇𝐀𝐋𝐁𝐄𝐋𝐅
Fenrys saß mit verbundenen Händen auf einem Hocker, den sie im Innenbereich des Donnerwolf-Geheges gefunden hatten. Raidon beobachtete das Spektakel durch eine weitere Gitterwand, welche die Tiere davon abhielt, die Wärter anzugreifen, wenn sie ihnen Futter brachten. Die Tür, welche zurück auf den Rundweg führte, hatten sie hinter sich geschlossen. Sie konnten nicht riskieren, dass sie jemand bei ihrem Verhör entdeckte.
Ryu öffnete das Tor des Gitters, sodass Raidon sein Gehege endlich verlassen konnte. Der Donnerwolf begann sofort über sein Gesicht zu lecken, bevor er bei Estelle dasselbe tat. Angesichts der Tatsache, dass er eigentlich ein Mensch war, war es eine seltsame Verhaltensweise. Auf der anderen Seite durfte man Raidons Handeln nicht allzu kritisch beurteilen. Er war schließlich unter Tieren aufgewachsen.
Der Elf gab ein Wimmern von sich, als er die Bestie vor sich erblickte. Raidon trat auf ihn zu, während Fenrys die Augen schloss und den Kopf zu seinen Schultern zog. Vermutlich fürchtete er, gefressen zu werden. Die Tränen, die in seinen Augen glänzten, waren ein eindeutiges Indiz. Zugegeben Raidon sah ziemlich furchteinflößend aus. Selbst als Mensch machte er einen imposanten Eindruck.
»Ich schmecke ganz schrecklich...«, bettelte er, während er sich langsam nach hinten beugte und dabei fast vom Hocker fiel. Ryu stoppte Raidon mit einer Handbewegung. Erleichtert atmete Fernys auf.
»Er wird dir nichts tun. Donnerwölfe fressen keine Menschen. Aber als Tierwärter solltest du das am besten wissen. Selbst wenn sie es täten, es würde unter Kannibalismus fallen. Oder liege ich falsch?« Ryu verschränkte seine Arme vor der Brust und musterte den Jungen scharf. Äußerlich machte er keinesfalls den Eindruck, ein Krimineller zu sein, aber auch Leute mit netten Gesichtern konnten Straftaten begehen. Letztendlich durfte man nicht nur nach Aussehen gehen. Obwohl Ryu tatsächlich vermutet hatte, dass der Elf mehr Rückgrat besaß. Er wirkte vollkommen verängstigt. Sollte man in diesem Geschäft nicht auf mögliche Konsequenzen einstellen? Ein klassisches Berufsrisiko.
Fenrys öffnete seine Augen zögerlich. »Kannibalismus? Was meinst du damit?«
»Die Tatsache, dass Ihr Sir Raidon mit einem Fluch belegt habt.« Estelle trat an seine Seite und streichelte über den Hals des Wolfs. Raidons Rute wedelte glücklich. Der Anführer seufzte laut. Anscheinend war der Übergang von Wolf zu Hund fließend.
Aber Fenrys Ausdruck der Verwirrung blieb bestehen. Er schien noch immer nicht zu verstehen, was vor sich ging. Spielte er ihnen etwas vor? »Raidon? Ist das der Name dieses Donnerwolfes? I-Ich wusste nicht, dass die Rebellen einen Wolf in ihren Reihen haben.«
»Weil wir keinen haben«, Ryu brummte. »Raidon ist ein Mensch. Ein Limiter um genau zu sein.«
Schweigen breitete sich aus. Fenrys öffnete seinen Mund, schloss ihn wieder, legte dann die Stirn in Falten und sah zu dem Donnerwolf. Dann blickte er von Estelle zu Ryu und anschließend zu Nachstern, welche sich auf seine Schulter gesetzt hatte. Sie begann allmählich offener zu werden und ihm seine vergangenen Handlungen zu vergeben. Dafür war er sehr dankbar.
»E-Es tut mir wirklich leid, ich sehe nur einen Donnerwolf. Aber ein Limiter? Ist es seine Fähigkeit, sich in Tiere zu verwandeln? Wir wusste nicht, dass er ein Mensch ist. Mein Onkel fand ihn verletzt und dem Tod nah. Wir mussten doch irgendwie helfen! Er hätte auch etwas sagen können. Es war doch nie in unserem Interesse, einen Menschen einzusperren!«
Der Schwertkämpfer hob eine Augenbraue und tauschte einen vielsagenden Blick mit Raidon aus. Das würde zumindest erklären, wie er in diesen Zoo gelangt war.
Nachtstern schlug empört mit ihren Flügeln: »Denkst du nicht, dass er längst etwas gesagt hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre?«
»Also...« Fenrys stotterte. Eine weitere Schweißperle tropft von seiner Stirn und seine Hände, die von einem Seil zusammengebunden wurden, ballten sich zu Fäusten. »Doch, vermutlich schon...«
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Das Leiden der Teufel
Fantasy❞Weiß ist eine sinnliche Harmonie aller Farben, ein Spektrum an Reinheit und Frieden, das unter allen Umständen zerstört werden muss.❝ In weniger als fünf Tagen eroberten die Drachenteufel das Land Benela. Mit ihren magischen Fähigkeiten waren sie j...