𝐅𝐋𝐀𝐌𝐌𝐄𝐍 𝐆𝐄𝐆𝐄𝐍 𝐃𝐄𝐍 𝐓𝐎𝐃
[Zero]
Als Zeros Faust gegen die Wand seines Schlafzimmers donnerte, spaltete sich das Mauerwerk. Etliche Risse zogen sich von der Einschlagsstelle aus durch die Steine. Der Drachenteufel knurrte. Wie konnte das passieren? Das war das zweite Mal. Die wenigsten Lebewesen waren in der Lage, sich seiner Kontrolle zu entziehen, also wie konnte ein einfacher Mensch sich mit ihm messen? Hätte er gewusst, welche Probleme er ihm später bereiten würde, hätte er sich nicht für Ryu entschieden, aber sein Plan war zu weit fortgeschritten, um jetzt umzukehren. Drei Jahre hatte er auf diesen Moment gewartet, sich nach ihm verzehrt. Bald würde er den süßen Geschmack von Rache auf seiner Zunge spüren können.
Zeros Faust lockerte sich, strich seinen schwarzen Mantel zurecht, bevor er den Kragen seines Hemds richtete. Er drehte sich um und seufzte, als er sein Abbild erkannte, das im Spiegel an der gegenüberliegenden Wand erschien. Der schwarzhaarige Drachenteufel, mit den langen, seidigen Haaren, die ihm bis zum Brustkorb reichten, erwiderte seine Blicke. Es war nicht üblich für ihn, seine Fassung zu verlieren. Anscheinend nahm ihn die Situation mehr mit, als er vermutet hatte. Er würde seine Vergeltung bekommen, aber er durfte nicht ungeduldig werden. Früher oder später würde Ryu nachgeben und seinen Befehlen lauschen. Alles, was er benötigte, war ein kleiner Anstoß. Der Anführer der Rebellen befand sich in einem äußerst labilen Zustand. Nun galt es seine Schwäche zu nutzen, bevor er sich wieder aufraffen könnte. Glücklicherweise wusste Zero, welchen Nerv er drücken musste, damit es richtig schmerzte. Für dieses Vorhaben durfte er allerdings nicht selbst erscheinen. Ryu würde seinen Worten keinen Glauben schenken, zumal er Kraft für die Vereinigung sammeln musste. Er brauchte eine Schachfigur. Jemand, dessen Tod unbedeutend wäre. Ein braves Opferlamm.
Auf den Lippen des Drachenteufels erschien ein charmantes Lächeln. Ein Lächeln, wie es nur der Tod tragen könnte. Dann trat er aus dem Schlafzimmer in den langen Gang, der ihn durch das Innere des Schlosses führte. Der Boden war mit einem schwarzen Teppich ausgekleidet worden und die große Fensterfront offenbarte Ausblick auf ein verdorrtes Land. Während des Blutmarschs war ihre erste Handlung gewesen, eine Festung zu erobern. Das Schloss der Menschen bot sich am dafür besten an. Es befand sich im Zentrum Benelas. Die Erinnerungen erschienen ihm so bildlich, als wäre ihre Befreiung erst gestern gewesen. Die verängstigen Blicke der Soldaten, die Schreie des Königs, als er ihn langsam und qualvoll die Gliedmaßen abriss. Den Abschluss bildete sein Kopf, den er wie eine Trophäe über seinen neuen Thron aufspießte. Wäre sein Blut appetitlich gewesen, hätte er vermutlich länger als einige Stunden gehangen. Jeder hatte sich vor ihm verneigt. Jeder verstand, seine Macht. Jeder wusste, dass er nutzloses Tier schlachten würde und keiner wagte es, seine Autorität infrage zu stellen.
Zero schritt die Wendeltreppe hinunter, um in das Erdgeschoss zu gelangen. Sein Zimmer befand sich im ersten Stock, zusammen mit dem von Cynthia. In der zweiten Etage lebten Shinkai und Oliver, was sich als schwerwiegender Fehler herausgestellt hatte. Es war klischeehaft, dass sich der Drachenteufel des Feuers und der Drachenteufel des Wasser nicht verstanden. Selbst wenn sie sich einander nur mit Worten bekriegten, so gab es Nächte, in denen er aufgrund dessen kein Augen zumachen konnte. Auch wenn sie ihm versprochen hatten, sich zu bessern, zur Umsetzung schien es nie gekommen zu sein. Von Fluffy und Elisabeth, die im dritten Stockwerk lebten, hörte er vergleichsweise wenig. Allerdings nahm er sich vor, sie hin und wieder zu besuchen. Insbesondere Fluffy, der aufgrund seiner medizinischen Situation nur selten sein Zimmer verließ. Aber am wenigsten hörte er von Raito. Der stumme Scharfschütze verbrachte seine Tage alleine im Dachgeschoss, wo er seine Waffensammlung hortete.
Schließlich trat Zero auf den hinteren Schlosshof, wo sich etliche Damogen versammelt hatten. Die meisten waren Männer, aber auch viele Frauen fanden sich unter ihnen. Im Zweikampf traten sie gegeneinander an. Das Klirren von Schwertern und Holz lag in der Luft. Der Drachenteufel rümpfte die Nase. Wie lange scheuchte sie Oliver bereits herum? Selbst an der frischen Luft vernahm er ihren Schweißgeruch deutlich zu.
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Das Leiden der Teufel
Fantasi❞Weiß ist eine sinnliche Harmonie aller Farben, ein Spektrum an Reinheit und Frieden, das unter allen Umständen zerstört werden muss.❝ In weniger als fünf Tagen eroberten die Drachenteufel das Land Benela. Mit ihren magischen Fähigkeiten waren sie j...