Kapitel 2 - Ein Funke in der Finsternis

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𝐄𝐈𝐍 𝐅𝐔𝐍𝐊𝐄 𝐈𝐍 𝐃𝐄𝐑 𝐅𝐈𝐍𝐒𝐓𝐄𝐑𝐍𝐈𝐒

Als Ryu wieder aufwachte, war er erleichtert, dass die Schmerzen beinahe verschwunden waren. Er fühlte sich ausgeruhter und entspannter als zuvor, wenngleich er in einen traumlosen Schlaf gefallen war, der nur dafür sorgte, dass er vor seinen Problemen davonlief.

Ryu blinzelte und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Bisher hatte er seine Umgebung nur im Hintergrund wahrgenommen, ebenso wie die unbekannte Margune namens Luna, doch solange sein Erwachen unbemerkt blieb, besaß er die Zeit sich in dem gemütlichen Raum umzusehen. Allem Anschein nach befanden sie sich in einer Hütte, da der Boden und die Wände aus dunklem Holz gefertigt waren. Durch die beiden Fenstern schien Sonnenlicht in das Zimmer, während kleine Schatten über den Boden tanzten. Draußen wiegten sich Blätter im Wind, während der unverwechselbare Duft von Wald in der Luft lag. An der gegenüberliegenden Wand erkannte er eine Feuerstelle, auf der ein großer Topf seinen Platz gefunden hatte. In ihm schwamm eine grünliche Flüssigkeit. Offensichtlich die Suppe, die Luna für Estelle und ihn gekocht hatte. Daneben stand ein Schrank, dessen Inhalt er nicht erkennen konnte. Am Auffälligsten war jedoch die Stelle im Raum, die mit einem Strohbett ausgestattet war. Es war viel zu klein, um einem Menschen zu gehören und obwohl Luna nicht die Größte war, bezweifelte er, dass sie das getrocknete Gras solange als Ersatz für ihr Bett genutzt hatte.

Ryu stieß ein leises Seufzen aus, während er sich aufrichtete. Durch das Liegen war es ungewohnt zu sitzen, doch er schluckte das seltsame Gefühl herunter, indem er seine Blicke auf die Wunde richtete. Er schien Glück zu haben, zumindest machte es nicht den Anschein, als würde eine schlimme Narbe zurückbleiben. Um ehrlich sein, konnte er auch gut darauf verzichten, immerhin gab es bereits ein anderes Wundmal, das seinen Oberkörper zeichnete. Seine Eltern hatten ihm erzählt, dass er die Narbe schon damals trug, als sie ihm am Fuße eines Vulkans fanden. Vorher die Verletzung stammte und wie er es als Säugling geschafft hatte, eine Wunde zu überleben, die sich genau an seinem Herzen befand, wussten sie nicht, aber das spielte keine Rolle. Alles, was zählte, war, dass er lebte und für dieses Leben war sehr dankbar.

»Du bist wach.« Lunas Stimmlage wirkte überrascht, als sie mit schnellen Schritten zum Bettrand eilte. Estelle, die noch immer auf dem Sessel saß, merkte nichts von seinem Erwachen. Sie schlief in aller Seelenruhe und während ihr Gesicht Frieden widerspiegelte, erweichte sich Ryus Herz. Wenigstens sie war ihm geblieben. Es war nur ein schwacher Trost, aber er war nicht alleine. Er besaß jemanden, der verstehen konnte, warum er Tränen vergieß. Jemanden, der seinen Hass auf die Drachenteufel teilte.

»Scheint so«, murmelte Ryu. Als er sprach, kratzte es unangenehm in seinem Hals, sodass seine Worte wie ein Hauch von einem fremden Stern wirkten. Kurz darauf hustete er, was Luna als Aufforderung verstand, ihm ein Glas Wasser zu reichen.

Sofort umschlossen seine Finger die Tasse und während das kühle Nass entlang seiner Kehle rinn, war es wie Balsam für seine Seele. Erleichtert atmete er auf, bevor er sich räusperte und mit Luna Blickkontakt aufnahm. Die Margune besaß eine ungewöhnlich bleiche Haut. Sie war nahezu schneeweiß und erinnerte eher an die eines Variren, obwohl die blutsaugenden Monster nichts für ihren Teint konnten. Vielleicht war sie ein Mischling? Nein. In Gedanken schüttelte Ryu den Kopf. Variren zeugten keine Halbblüter und schon gar nicht mit einem Menschen.

»Dankeschön«, sagte Ryu, während er sich zu einem leichten Lächeln zwang. Es fühlte sich falsch an, aber er wollte Luna zeigen, dass er noch genug Würde besaß, um ihrer Gastfreundschaft Respekt zu zollen. Da sie zu wissen schien, wen sie beherbergte, verdiente sie es, angemessen behandelt zu werden. Nur die wenigsten würden Rebellen einen Unterschlupf bieten.

Das Leiden der TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt