Kapitel 19 - Ein Wärter namens Fenrys

21 4 2
                                    

𝐄𝐈𝐍 𝐖𝐀̈𝐑𝐓𝐄𝐑 𝐍𝐀𝐌𝐄𝐍𝐒 𝐅𝐄𝐍𝐑𝐘𝐒

Ryu umklammerte den Griff seines neues Schwertes, nachdem er die Tür der Lagerhalle aufgeschlossen hatte, durch welche er den Zoo das erste Mal betreten hatte. Estelle und Nachtstern folgten ihm auf Zehenspitzen. Dabei saß die Drachendame auf der Schulter der Todesgöttin. Mit ihrem Eindringen hatten sie gewartet, bis der Tierpark seine Tore schloss und sich die ersten Angestellten auf den Weg nach Hause machten. Trotzdem konnten sie nicht erwarten, dass der Zoo gänzlich verlassen war. Schließlich musste jemand nachts Wache halten und bei möglichen Unfällen oder Einbrechern rechtzeitig reagieren können.

Der Anführer späte ins Innere des Zoos. Im Schatten der Nacht wirkte er beinahe gespenstisch. Keine Menschenseele war auf den Wegen zu erkennen, die einzelnen Gehege lagen ruhig da. Nur vereinzelt ertönte das Rascheln von Blättern und Zweigen. Ryu nickte seinen Kameraden zu.

»Anführer, wartet.« Estelle hielt ihn an der Schulter fest, bevor er einen Schritt ins Innere tätigen konnte. Verwirrt blickte er zu der Todesgöttin, dessen Maske in ihrer Hand erschien. Dann setzte sie die Kaodor auf. Die untere Hälfte verschmolz mit ihrem Gesicht, während sich der übrige Teil die Züge ihres Seelentieres annahmen. Dann erschienen die weißen Wolfsohren zwischen ihrem silbrigen Haar. Es war keine vollständige Verwandlung, dazu fehlte der Fuchsschwanz und die animalischen Beine, welche ihr diese unglaubliche körperliche Kraft verliehen.

Bevor er nachfragen konnte, was sie entdeckt hatte, kniete sich Estelle hin und fuhr mit ihrer Handfläche über den Boden. Ein schwaches Leuchten erschien, offenbarte einige Runen, die in den Boden geritzt worden waren.

»Sind das Schutzsiegel?« Ryu schluckte. Hätte er nur einen weiteren Schritt getan, wären sie aufgeflogen, noch bevor Raidon in Sichtweite gewesen wäre. Er hätte wissen müssen, dass Wachen nicht das Einzige waren, auf dass sie sich hätten einstellen müssen. Als Mensch konnte er mit bloßem Auge keine Zauber identifizieren, für Estelle hingegen war das ein Kinderspiel. Auch wenn die Todesgötter ihre Kraft durch ihr Seelentier erhielten, wobei die Kaodor als Katalysator diente, so waren sie durchaus mit magischen Runen bewandert. Solange man die nötige Energie in die Runen legte, musste man kein Margune sein, um sie zu nutzen. Trotzdem blieb dies ein weiteres Themengebiet, auf dem Ryu kein Wissen anhäufen konnte. Als Mensch konnte er die nötige Energie nicht aufbringen, um eine Rune zu aktivieren. Seine Kameraden hatten oft versucht, ihm das Gefühl zu erklären. Das Gefühl, wenn man sich mit dem Energiestrom Benelas verband. Die Drachenenergie, dem Lebenselixier ihrer Welt. Das Tribut, das der Erste zahlen musste, um Benela zu erschaffen.

Die Drachenenergie konnte man sich als Zahnrad der Welt vorstellen. Sie war in allem zu finden. In der Luft, in der Erde, Licht und Dunkelheit, Feuer und Wasser, Leben, aber auch dem Tod. Jeder irdische Körper besaß eine Verbindung zu dem Strom der Drachenenergie, die Seele. Trotzdem legte das Rasse eines Lebewesens fest, wie viel Macht man aus dem Strom ziehen konnte. Daher kam die Phänomen der Limiter. Normalerweise besaß jedes Lebewesen ein gewisses Limit um auf Drachenenergie zurück greifen zu können. Wem es jedoch gelang, mehr Energie aufzunehmen, der konnte seine Grenzen überschreiten und neue Kräfte erlangen. Genau das war geschehen, als Raidon zum Limiter erwachte. Grundsätzlich konnte jeder ein Limiter werden, trotzdem bewiesen Erzählungen, dass dieser Umstand hauptsächlich bei Menschen auftrat. Vermutlich weil sie kaum bis keine Drachenenergie nutzen konnten. Auf der anderen Seite war das Erwachen ein unglaublich gefährlicher Prozess. Es gab kein Rezept um Limiter zu werden.

Bezüglich der Drachenteufel waren sie das absolute Maximum von der Macht, die man aus dem Strom ziehen konnte. Schließlich waren sie die Personifikation der Grundelemente, sozusagen bestanden sie aus Drachenenergie. Letztendlich waren sie die abgelegte Macht des Ersten, welche ihr Eigenleben bekam. Sie personifizierten den Drachenstrom und damit die verschiedenen Elemente. Deswegen konnte sie andere Lebewesen auch so einfach mit ihrer absoluten Manipulation unterwerfen. Die Bewohner Benelas waren wie Mücken, die Blut saugten. Ihre Seelen waren schwächer, im Vergleich zur Quelle. Immer, wenn Ryu darüber nachdachte, stellte er sich die Frage, was passieren würde, wenn die Drachenteufel ihre Kräfte vereinigen könnten. Würde dann ein Wesen erschaffen werden, das es mit dem Ersten aufnehmen konnte?

Das Leiden der TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt