Kapitel 21 - Zirkuskönig

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𝐙𝐈𝐑𝐊𝐔𝐒𝐊𝐎̈𝐍𝐈𝐆

Fenrys führte sie ans andere Ende des Zoos. Dort stand ein beachtliches Anwesen, mit einem ebenso großen Vorgarten. Der Blick ins Innere war weitestgehend durch hohe Mauern und Hecken versperrt, trotzdem ließ warmes Licht vermuten, dass sich Leben hinter den Eingangstür verbarg.

Mit dem Schlüsselbund, den Ryu dem Halbelfen wiedergegeben hatte, öffnete er das Tor. Suchend glitt sein Blick über das Gelände. Einige Wachen patrouillierten um das Anwesen. Fenrys Blick glitt zu Ryu und seinen Kameraden. Den Donnerwolf ins Anwesen zu schmuggeln, wäre der schwierigste Teil. Aber vielleicht würde es genügen, wenn Raidon hier versteckt blieb. Mit seiner Größe wäre es sowieso umständlich ein Haus zu betreten.

Ryu deutete in Richtung einiger Büsche, die sich außerhalb des Geländes befanden. »Raidon, warte dort, bis du merkst, dass die Wachen ihren Posten zu verlassen. Sobald man unser Eindringen bemerkt, wird der Direktor sicher Verstärkung rufen. Schalte dann so viele Männer aus, wie du kannst. Anschließend eile uns zur Hilfe, falls es mit deiner Größe möglich ist.«

»Das sollte kein Problem geben«, merkte Fenrys an. »Unter dem Anwesen befindet sich ein riesiger Keller. Normalerweise wird er für Veranstaltungen genutzt. Ihr wisst schon, die Auszeichnungen, die mein Onkel erhalten hat. Sie wurden ihm dort übergeben.«

»Was macht dich sicher, dass er sich im Keller aufhalten wird?«, hakte Nachtstern nach. Ein berechtigter Einwand.

»Mein Onkel besitzt dort ein zweites Büro. Außerdem bietet sich die Umgebung für eine Auktion an. Es gibt eine Bühne und Sitzpläne. Wenn in zwei Tagen die nächste Auktion stattfinden soll, dann wird er sich unten befinden und die nötigen Vorbereitungen treffen. Zumal es hin und wieder vorkommt, dass er dort seine Nächte verbringt.«

Misstrauisch hob Ryu eine Augenbraue. »Und du hast nie hinterfragt, was er dort treibt? Geschweige, wer diese Besucher sind?«

»Ich rede kaum mit meinem Onkel. Außerdem lässt er mich keine Hausarbeiten erledigen. Die meisten Nächte verbringe in der Hütte, die wir Zoowärter als Zentrale nutzen. Dort ist es nicht sonderlich bequem, aber es herrscht nicht diese bedrückende Atmosphäre. Ich mag es nicht in einem Haus zu sein, in dem ich nicht willkommen bin.«

»Deswegen seid Ihr nachts durch den Zoo gelaufen«, schlussfolgerte Estelle.

Fernys kratzte sich an der Wange. »In der Zentrale gibt es keine Toiletten, deswegen muss ich die Öffentlichen nutzen.«

Ryu nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte, doch für den Halbelfen schien die Angelegenheit noch nicht geklärt. »Ich verstehe, dass meine Unwissenheit seltsam wirkt, aber ich spreche die Wahrheit. Möglicherweise bin ich auch einfach nur naiv gewesen. Hätte ich genauer hingesehen und die Abweisungen meines Onkels besser interpretiert, dann wäre es vielleicht nie so weit gekommen.«

Raidon brummte und trat einen Schritt auf Fenrys zu. Dann leckte er behutsam über seine Wange. Der Halbelf stotterte vor Schreck, doch beruhigte sich, als er Ryus und Estelles Schmunzeln erkannte. Nachtstern bestätigte: »Niemand ist die böse. Wenn du nichts von den Verbrechen gemerkt hast, kann dir niemand vorwerfen, nicht gehandelt zu haben. Selbstverständlich wäre es besser, hättest du früher die Wahrheit erkannt, aber man sollte sich nicht an Eventualitäten festklammern. Besonders nicht, wenn diese bereits in der Vergangenheit liegen. Du hast dich entschieden das Richtige zu tun. Das ist alles, was zählt.«

Fenrys blickte in die Augen des Donnerwolfs und unterdrückte eine Träne. Er meinte es gut. Der Halbelf besaß ein reines Herz. Dass er in dieses System gefallen war, lag nicht an ihm. Es war ein unglücklicher Zustand.

Das Leiden der TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt