Twenty-One

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Carter

Ich sah meinen Gegenüber beim Sprechen zu, naja, eigentlich beobachtete ich, wie sein Mund sich immer wieder auf und zu bewegte, doch keiner seiner Worte erreichte meine Ohren. Es war Stunden her, dass die Gala begonnen hatte, und noch immer textete mich ein Unternehmer nach dem anderen zu. Ich wusste, dass das alles dafür da war, um die Spenden in die Höhe zu treiben, aber nach etwa hunderten von Gesprächen, die mich nicht im Geringsten interessierten, war meine Laune etwas bedrückt. Natürlich gehörte so etwas zu Events dazu, doch genau aus diesem Grund veranstalteten meine Brüder und ich diese Gala auch nur ein einziges Mal im Jahr. Das deckte meinen Bedarf für weitere 364 Tage vollkommen.

Ich setzte mein Whiskyglas an meine Lippen an und trank einen Schluck. Der herbe Geschmack erfüllte meinen Mundraum und wanderte zu meiner Kehle. Den Champagner hatte ich bereits vor Stunden gegen ein Glas Whisky ausgetauscht, anders konnte ich diese Veranstaltung auch nicht gerade aushalten.

Im Augenwinkel bemerkte ich meinen älteren Bruder, der mir einen unauffälligen Blick zu warf. Das tat er am heutigen Abend öfter, vermutlich weil er Angst hatte, dass ich auf noch weitere, größenwahnsinnige Ideen kommen könnte wie die zu Beginn der Gala. Ich hatte nichts mit ihnen vorher abgesprochen, das tat ich ganz aus freien Stücken, und obwohl sie meinen Vorschlag, mein eigenes Geld in ein Projekt zu stecken, irgendwo unterstützten, so unsicher waren sie sich über die Beweggründe. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, meine Idee war total untypisch für mich oder den Namen Warren. Niemand kam auch nur im Geringsten auf die Idee, eine so hohe Summe an Geld für etwas auszugeben, dass keinen Gewinn einbrachte. Der Carter vor ein paar Monaten hätte vermutlich genauso geguckt, wenn einer seiner Brüder so etwas in der Art äußern würden.

Die Tatsache, dass ich es allerdings vor Publikum getan hatte, und nicht in einem privaten Kreis, erhöhte den Druck nur noch mehr. Aber ich wollte es so. Es bedeutete für mich, dass ich jetzt keinen Rückzieher mehr machen könnte, weil alle Blick in dieser Hinsicht auf mich gerichtet waren und mir bei jeder meiner finanziellen Schritte über die Schulter guckten.

Wer weiß, vielleicht würde ich morgen aufwachen und mich für diese Idee selbst ohrfeigen, doch jetzt war es sowieso zu spät, ich würde dieses Geld investieren, ob ich nun wollte oder nicht.

Es war nicht gelogen, als ich sagte, dass ich schon länger darüber nachgedacht hatte, mein eigenes Geld für solche Zwecke auszugeben. Als meine Mom starb und ich zum ersten mal verstand, was die Warren Foundation machte, und zwar der Menschen in Nöten zu helfen, wusste ich, dass es wichtig war, diese Aufgabe fortzuführen. Ich hatte mich schon oft mit dem Gedanken auseinandergesetzt, ob ich nicht auch meinen Beitrag in dieser Welt leisten sollte, doch ich hatte immer einen Rückzieher gemacht. Nicht zuletzt wegen Graham, der so eine Entscheidung verteufeln würde. Doch ich gab ja noch nie so viel Wert auf die Meinung meines reizendes Vaters. Er würde diese Entscheidung als schwach und sinnlos einordnen, und das hätte ich vor ein paar Monaten auch noch gemacht. Doch es gab etwas, oder viel besser jemanden, der mich in dieser einen Hinsicht zumindest wach rütteln konnte.

Als Raya mir von ihrem Vater erzählte, erinnerte mich das alles wieder an meine Mutter. Ich war zu klein, um ihr auch nur irgendwie helfen zu können, und jetzt ist sie tot. Doch Rayas Vater ist es nicht, und seine Geschichte ist kein Einzelfall. Es gibt Leute da draußen, denen es scheiße geht, und es gibt Leute, die um ihr Leben bangen. Wäre ich nicht also ein herzloser Mensch, wenn ich diese ganzen Geschehnisse einfach ignorien würde, so wie ich es bisher tat?

Mir war klar, dass ich mit meinem Geld nur dann etwas ausrichten konnte, wenn ich alles auf ein Projekt legte. Über die Summe hatte ich mir vorher noch nie wirklich Gedanken gemacht, auch weil ich keinen Eindruck davon hatte, wie viel genug war, doch vermutlich würde es nie genug sein. Eine Millionen Dollar war viel Geld, aber nicht für mich. Das war etwas, was ich in Maßen hatte, und eine mickrige Millionen würde da keinen Unterschied machen.

The Warren-Deal | (Broken Billionaires, #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt