Raya
Ich gab mehr Seife auf den dünnen Stoff und versuchte anschließend das Ganze etwas mehr aufzuschäumen, aber so, dass ich ja nichts kaputt machte. Die Rotweinflecken waren hartnäckiger als ich dachte. Ich hatte zwar versucht, die Flecken bereits auf der Toilette etwas rauszuwaschen, doch ich glaubte, alles nur schlimmer gemacht zu haben. Klar, der Rotwein leutete jetzt nicht mehr allzu sehr durch den Stoff, doch die Felcken waren größer und breiter geworden. Der eigentliche goldene Stoff wirkte auf einmal blassrosa. Zwar gefiel mir die Farbe auch ganz gut, doch ich würde das Kleid trotzdem gerne wieder im original Zustand haben.
Natürlich war mir klar, dass das nur ein einfaches Kleidungsstück war, es hing also kein emotionaler Wert an diesem Stück Stoff, besonders da ich es mir ernst neu gekauft hatte. Doch in dieses Kleid flossen immerhin hundert Dollar. Hunder Dollar, die ich auch gut in die Chemotherapie meines Dads stecken oder für die Zukunft sparen könnte.
Meine Entscheidung, die Kellnerin ihren Fehler verzeihen zu können, würde ich trotzdem nicht ändern. Carter hatte mich an dem Abend gefragt, wieso ich darauf bestanden hatte, die Kellnerin vor einer Szene oder gar einem Rauswurf zu retten, doch ich konnte wohl sie wohl schlecht für einen ungewollten Fehler büßen lassen. Das hätte vermutlich jede andere Anwesende getan, wenn ihr Sieben-Tausend-Dollar-Kleid betroffen wäre, aber es war nur ein Stück Stoff. Mir passierte es auch - vielleicht etwas zu oft -, dass ich nicht richtig aufpasste und ein Getränk mal daneben ging, doch dafür gleich seinen Job zu verlieren, war hart. Ich kannte die Frau nicht, doch ich war mir sicher, dass sie sicherlich nicht wegen des Spaßes auf dieser Veranstaltung kellnerte. Sie war eine ganz normale Bürgerin, die sich durch ihr Leben kämpfte und war mir damit ähnlicher, als alle anderen Anwesenden zusammen. Wie könnte ich sie also für etwas bestrafen lassen, dass mir im Zweifelsfall genauso passieren würde?
Mit meinen nassen Händen kämmte ich mir einige lose Haarsträhnen aus dem Gesicht und lehnte mich tiefer über die Kante der Badewanne. Meine Finger waren bereits schrumpelig, doch ich weigerte mich, das Kleid einfach so aufzugeben. Zwar kniete ich bereits seit über einer Stunde auf dem kalten Fußboden und arbeitete mich mühsam durch den Rotwein, doch ich konnte kaum eine Veränderung sehen. Stattdessen erinnerte mich das gefärbte Wasser an ein Blutbad.
Seufzend setzte ich mich auf meine Unterschenkel und sah auf den Stoffhaufen, der im Wasser kaum wiederzuerkennen war. Mein Blick wanderte zu dem Kleidungsstück, das an der Tür auf einem Kleiderbügel hing. Es war nur ein Jaquet, doch es konnte mich trotzdem zum Lächeln bringen. Ich erinnerte mich zurück an den Moment, als Carter und ich auf der Toilette waren.
Zwar konnte ich nicht wirklich verstehen, wieso er mir seine Jacke geliehen hatte, doch es gab so einiges, dass ich an ihm nicht verstand. Die Leute hatten mich sowieso schon mit den riesigen Rotweinflecken gesehen, außerdem schämte ich mich nicht dafür. Es war immerhin nur etwas Wein auf einem Kleid.
Dennoch hatte Carter mir sein Jaquet um die Schultern gelegt, ohne das ich ihn darum gebeten hatte. Aber es gefiel mir irgendwie. Es zeigte mir eine weiche, fürsorgliche Seite von ihm, die hinter dieser kalten Fassade steckte. Er zeigte sie nicht oft, eigentlich nie, und genau deswegen wusste ich es zu schätzen.
Plötzlich klingelte es an der Tür und riss mich damit aus all den Erinnerungen von dem Abend der Spendengala. Ich runzelte die Stirn und blickte auf die Uhr. Es war nach acht Uhr abends, also nicht allzu spät, doch sicherlich nicht mehr angemessen für einen Besuch.
Ich stand von dem Fußboden auf, wischte mir die Hände an einem Handtuch ab und lief aus dem badezimmer. Es klingelte nochmal und ich verdrehte die Augen.
"Raya!", rief mein Vater aus seinem Zimmer.
"Bin schon da", entgegnete ich und öffnete die Eingangstür, doch als ich hinausblickte, konnte ich niemanden entdecken.
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The Warren-Deal | (Broken Billionaires, #1)
Romance𝑪𝒂𝒓𝒕𝒆𝒓 Das Multimilliarden-Unternehmen meiner Familie erschafft die Zukunft der Welt, doch als Vorstandsmitglied gibt es nichts wichtigeres als die Zukunft der Firma zu sichern. Meine Aufmerksamkeit sollte dabei vollkommen auf dem Wohlergehen...