Three

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Raya

Ich klebte den Zettel an die Außenwand des Schaufensters und seufzte, als mein Blick auf den Stapel in meiner linken Hand fällt. Das alles würde mit Sicherheit noch weitere Stunden in Anspruch nehmen, dabei hatte ich alles andere als Zeit. Anstatt mich im Internet oder im Jobcenter nach neuen Arbeitsstellen umzusehen, war ich damit beschäftigt, Flyer aufzuhängen. Zwar betrieb ich so auch etwas Werbung für mich, allerdings war ich mir nicht ganz sicher, inwiefern solche einfachen Zettel auch nur ansatzweise das Interesse von Leuten wecken sollte, um mich als ihre neue Reinigungskraft einzustellen.

Ich war seit heute Morgen auf den Beinen, um diese Fyler in den unterschiedlichsten Orten zu verteilen. Sie klebten mit Sicherheit an jeder zweiten Straßenlaterne und an jedem dritten Schaufenster, in der Hoffnung, dass sich irgendjemand zwei Minuten Zeit nahm, um sich meine Kurzbeschreibung durchzulesen und anschließend ein Stück von dem Papier abzureißen, um mich zu kontaktieren. Auch wenn die Chancen gleich null waren, dass jemand gerade wirklich dringend eine neue Reinigungskraft brauchte, setzte ich alles daran, um heute nicht umsonst einen Tag sinnlos zu Ende zu bringen.

Es war jetzt drei Tage her, dass Mrs Gallaway mich gekündigt hatte, was bedeutete, dass ich seit drei Tagen keinen zuverlässigen Job hatte. Zwar konnte ich in der Nacht meiner Kündigung etwas mehr Geld einnehmen als sonst, aber nicht genug, um ansatzweise überleben zu können.

Mein Blick fiel auf mein Handy, und ich erschrack, als ich die späte Uhrzeit auf dem Display sah. Ich hatte vollkommen die Zeit vergessen und nicht bemerkt, dass ich dringend zu einem Vorstellungsgespräch aufbrechen musste, wenn mir auch nur etwas daran lag, wieder Geld in die Taschen fließen zu lassen. Diese Anzeige hatte ich noch ganz spät gestern Abend entdeckt, was für mich allerdings wie Schicksal klang, auch wenn die Bezahlung deutlich unter dem lag, was ich bei den Gallaways verdient hatte. Doch ich nahm das, was ich kriegen konnte.

Eilig lief ich in das letzte Gebäude, in welches ich meine dummen Hoffnungen steckte. Bevor ich jedoch hineinlief, hielt ich inne, um den Kopf in meinen Nacken zu legen und die Glasfront mit meinen Augen bis an die Spitze zu verfolgen. Der Wolkenkratzer war bestimmt hundert Meter hoch. Oder noch höher.

Ich fragte mich, wie es wohl sein musste, Manhatten von ganz oben in der Nacht sehen zu können. Mit Sicherheit war die Aussicht bombastisch, doch dafür müsste man auch ordentlich Kohle blättern.

In diesem Viertel der Stadt lebte nun einmal nur die Highsociety, die jeden Tag ausschlafen und jede Nacht durchfeiern konnte. Natürlich wäre es irgendwo interessant, miterleben zu dürfen, wie es sich anfühlte, keine Sorgen außer die Frage nach der nächsten Feierlocation zu haben. Aber das waren Probleme, die nur die wenigsten hatten, und ich gehörte definitiv nicht dazu. Immerhin hatte ich heute die Möglichkeit, in meinem Leben noch einmal die Kurve zu kratzen und nicht arbeitslos auf der Straße zu landen.

Ich erinnerte mich daran, wieso ich eigentlich hier war, schüttelte jeglichen Neidgedanken von mir und lief zum Eingang. An beiden Flügeltüren war jeweils ein Concierge positioniert. Ihre elegante Uniform, die aus einer grauen Anzughose und einem dunkelroten Jaquet mit goldenen Manchettenknöpfen und einer Kappe bestand, ließ mich daraufhin deuten, dass ich definitiv nicht hierher gehörte. Zwar hatte ich mir heute die Mühe gemacht, eine weiße Bluse anzuziehen, um bei dem Vorstellungsgespräch einen professionellen Eindruck zu machen, doch sie war nach den ganzen Strapatzen so verknittert, dass ich mir wiederum ziemlich unprofessionell rüber kam.

Ich zog meine Tasche enger an mich und lief mit erhobenem Hauptes durch die Türen. Trotz der Blicke der beiden Männer in meinem Nacken ließen sie mich stumm passieren.

Als ich in den Eingangsbereich trat, wurden meine Schritte langsamer. Die Lobby war so elegant und teuer eingerichtet, dass ich mir sofort Fehl am Platz vorkam. Es war fast schon beängstigend, wie sehr alleine dieser Bereich nach Mulitmilliarden-Dollar-Status schrie. Rechts befand sich eine elend lange Rezeption, an der sicherlich sechs Mitarbeiter beschäftigt waren. Links waren einige Sitzgelegenheiten aufgestellt worden, die mit Sicherheit mehr kosteten, als meine gesamte Wohnung plus Möbeliar. Ganz am Ende des Raums gab es eine Reihe an Fahrstühlen, die die Leute zu ihren unverschämt teueren Wohnungen bringen würden.

The Warren-Deal | (Broken Billionaires, #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt