Fifteen

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Carter

Der Wagen hielt genau gegenüber dem Gebäude, dessen Wandfarbe bereits so ausgeblichen war, dass ich fast den Putz darunter sehen konnte. Die Wände waren zudem überall besprüht und einige Fenster demoliert, trotzdem war das Gebäude gut besucht.

Ich hatte Harry zwar nochmal ausführlich zu diesem Ort befragt, doch er hatte mir genau das gesagt, was ich bereits wusste. Raya arbeitete scheinbar ehrenamtlich bei einer Organisation, von der ich noch nie gehört hatte. Selbst bei einem Blick ins Internet konnte ich nichts dazu finden, doch das hielt mich in keiner Weise auf, nicht hier aufzukreuzen. Mein leicht mulmiges Bauchgefühl sagte hingegen etwas anderes, genauso wie die Stimme in meinem Kopf. Andauernd schrie jemand, dass ich gefälligst umdrehen und nie wieder an diesen Ort denken solle, doch ich war noch nie ein echter Freund von Befehlen.

"Soll ich wieder umdrehen?", fragte Hendricks aus der Fahrerkabine und warf mir einen Blick durch den Rückspiegel zu.

Ich erwiderte kurz seinen Blick und sah anschließend wieder aus dem Fenster. Mit Sicherheit saßen wir bereits über zwanzig Minuten im Wagen und bewegten uns weder vorwärts noch rückwärts.
Hendricks gab mir genügend Zeit, um diese verdammt bescheurte Idee noch einmal zu überdenken. Noch nie hatte ich meine freie Zeit dafür geopfert, bei so etwas wie einer Hilfsorganisation vorbeizuschauen, nicht einmal wenn es dabei um eine Frau ging. Ich wusste, dass ich wesentlich wichtigere Dinge zu tun hatte als Raya hinterher zu spionieren.

Mit dem Daumen strich ich mir über mein Kinn. Vielleicht sollte ich wirklich umdrehen. Das war die größte Schnappsidee, die ich je hatte, und so entschlossen ich noch anfangs gewirkt hatte, so unsicher war ich jetzt.

Du machst das nur, um euer Verhältnis gerade zu biegen. Sie ist eine gute Reinigungskraft, du brauchst sie. Das redete ich mir zumindest ein.

"Warten Sie hier", murmelte ich, bevor ich mich anders entscheiden konnte. Ich öffnete die Tür und stieg aus.

Es war Nachmittag und die Sonne brannte in meinen Augen, weshalb ich leicht die Augen zusammenkniff, während ich mich in der Gegend umsah. Das Gebäude lag in Brooklyn, genauer gesagt in Brownsville, einem Stadteil in New York, der nicht gerade für seine friedlichen Bewohner bekannt war. Vielleicht hatte mein ungutes Gefühl also doch irgendwo recht. Mit meinem blauen Anzug, der teuren Armbanduhr am Handgelenk und meinem Wagen fiel ich auf wie eine rote leuchtende Christbaumkugel zwischen all den dezenten Weißen. Es war fast so, als würde man unsichtbar auf mich deuten, weil die meisten der Personen sich zu mir umdrehten und mich anstarrten.

Gott, wieso bin ich nur ausgestiegen ...

Doch jetzt war es zu spät, ich würde sicherlich keinen Rückzieher machen. Ich griff im Inneren meines Jaquets nach meiner Sonmebrille, damit ich nicht nur die stechende Sonne, sondern auch die Blicke der Leute ausblenden konnte.

Ohne auf die anderen zu achten, lief ich zu dem fahlen Gebäude und betrat den Innenraum. Ich setzte meine Brille wieder ab und sah mich etwas um. Der Eingangsbereich war nicht besonders groß, lediglich zwei Tische und eine Rezeption passten hinein, doch mehr brauchte dieser Vorraum auch nicht, weil alle in den hinteren Teil des Gebäudes geführt wurden. Ich entdeckte eine Reihe an Behandlungstischen, so wie man sie aus den Krankenhäuser kennt, davon waren einige belegt, aber bei weitem nicht alle. Immer wieder huschten einige Schwester durch den großen Saal und behandelten einige Menschen, aber ich konnte nicht erkennen, wieso.

"Ein neues Gesicht", murmelte eine Dame hinter dem Tresen und lächelte mir zu.

Ich blickte zu der Frau, die mich neugierig musterte. Sie war vielleicht Anfang sechzig, doch ihr freudliches Gesicht machte sie automatisch jünger. Meine Augen schweiften wieder nach vorne und ich durchsuchte den Raum nach jemanden, für den ich eigentlich hier war.

The Warren-Deal | (Broken Billionaires, #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt