Prolog

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Heiligabend vor 23 Jahren

Carter

Ich schluchzte auf und dicke Tränen kullerten mir meine Wangen hinunter.

Wir waren gerade von einem Familientreffen zurückgekommen, doch meine Gedanken hingen den ganzen Tag schon nur bei dem Weihnachtsbaum, genauer gesagt bei dem, was sich darunter befand. Ich konnte vor Aufregung kaum ein Auge zu bekommen, zum Leid meines Bruders Nolan. Wir teilten uns ein Zimmer, obwohl wir genügend Räume hatten, um ein eigenes zu haben. Doch meine Mutter bestand darauf, dass wir ein gemeinsames Zimmer besaßen. Sie hatte uns erklärt, dass es wichtig sei, unser Verhältnis besser aufzubauen, damit wir, wenn wir älter wurden, uns aufeinander blind verlassen konnten, wenn sie oder mein Dad nicht mehr da waren. Ich hatte nicht ganz verstanden, wieso sie unbedingt drauf herumhackte, dass Nolan und ich uns gut verstehen sollen. Ich mochte Nolan, er war mein Bruder, aber meine Mom und meinen Dad mochte ich auch, und die beiden würden noch eine ganze Weile dableiben. Nolan und ich hatten theoretisch alle Zeit der Welt, um uns besser zu verstehen. Da würden getrennte, ganz eigene Zimmer doch vollkommen ausreichen.

Ich versuchte, das zu tun, worin mich meine Mom bat, aber ausgerechnet heute konnte ich ihrem Wunsch, mich mit Nolan zu vertragen, nicht nachkommen. Ich mochte ihn in Moment nicht, nein, eigentlich war ich ziemlich wütend auf ihn. So wütend, dass ich in Tränen ausgebrochen bin.

Mein Dad hatte mir immer gesagt, dass ein Mann nicht weinen darf, weil man den Leuten nur zeigen würde, wie schwach man doch sei. Dabei hatte ich ihn einmal beim Weinen erwischt, und das war gar nicht mal so lange her. Er hatte sich mit meiner Mom unterhalten und eine Träne verließ sein Augenwinkel. Ich konnte ihm allerdings schlecht sagen, dass ich ihn auch schon einmal beim Weinen erwischt hatte, weil er dann wüsste, dass ich Mom und ihn beim Gespräch belauscht hätte. Dabei hatte ich sowieso nicht verstanden, was die beiden beredet hatten, weil sie sich bemühten, möglichst leise zu reden.

Die beiden sahen in diesem Moment traurig aus. Die Wangen meiner Mom waren vom Weinen gerötet und sie hatte auch nicht mehr so gelächelt, wie wenn sie Nolan, Caleb oder mich sah.

Mein Vater war genauso traurig. Ich konnte sehen, wie seine Schultern gezuckt haben, während seine Hände sanft über die meiner Mom gestreichelt haben. Die beiden wirkten so unfassbar traurig, und ich wollte unbedingt, dass sie wieder lachten. Aber ich hatte mich nicht getraut, die beiden zu stören, weil Dad mich ansonsten zurück in mein Zimmer geschickt hätte und sauer auch mich gewesen wäre. Also blieb ich still und sagte keinem etwas davon.

Ich wischte mir über meine Augen und versuchte mich zu beruhigen, doch es war schwer, wenn Nolan die ganze Zeit mit meinem neuen Spielzeug spielte, das Santa doch eigentlich mir geschenkt hatte. Es war eine Actionfigur, die Laserstrahlen schießen konnte. Nolan hatte sich etwas ganz anderes gewünscht, und er hatte genau das bekommen, was auf seiner Liste stand. Aber das schien ihn nicht im Geringsten zu interessieren. Mein Spielzeug hingegen ließ er nicht mehr los, seit ich es kurz abgelegt hatte.

Ich petzte nicht oft. Auch weil mein Dad mir einmal gesagt hatte, dass Petzen für Weicheier ist. Man solle darüber hinwegkommen und einfach weitermachen, hatte er gesagt. Aber ich war sauer auf Nolan und so unfassbar traurig darüber, dass er mir meine Spielsachen nicht zurückgeben wollte, dass ich nicht anders konnte.

Ich wischte mir meine Tränen aus dem Gesicht und stand vom Boden auf. „Mommy?" Ich rief durch das große Haus und meine Stimme hallte zurück. Ich durfte nicht so laut sein, weil mein Dad dann mitbekommen würde, wie ich weinte. Und wenn er das sah, dann würde ich für den Rest des Abends ins Zimmer geschickt werden.

„Mommy?"

Ich sah mich in der Küche um, aber ich konnte niemanden entdecken. Mein Vater holte gerade noch etwas Feuerholz für den Kamin, aber ich wollte nicht riskieren, dass er mich plötzlich doch verheult sah.

The Warren-Deal | (Broken Billionaires, #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt