Kapitel 10

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~Damiano~

Ich nahm ihre kleine, zierliche Hand, welche von meiner komplett verschlungen wurde und führte sie zur Beifahrertür. Es war wohl schon eine Art Reflex geworden sie für sie aufzuhalten. Dafür bekam ich schließlich ihr unschuldiges, dankendes Lächeln zu Gesicht.

Als sie Platz genommen hatte, ging ich um die breite Kühlerhaube herum und setzte mich neben sie, ans Lenkrad. Ich drehte den Schlüssel, ließ den Motor aufheulen und begann uns gekonnt durch die schmalen, unübersichtlichen Gassen zu fädeln. Ich kannte die Insel wie meine Westentasche, auch die noch so dreckigsten Orte.

"Wie hast du mich gefunden?", fragte sie irgendwann, um das unangenehme Schweigen zwischen und zu vertreiben. Ich merkte ihren Blick auf meinem Gesicht, aber ich starrte weiter stur auf die Straße. Sie wäre nur eine gefährliche Ablenkung. Ich presste meine Lippen aufeinander und überlegte, wie ich meine Antwort formulieren sollte, damit sie für sie auch einen Sinn ergab.

"Weißt du diese Insel gehört zwar offiziell zu einer kleinen Gemeinde am Festland. Aber nur auf dem Papier. Eigentlich liegt sie in der Hand der Mafia. Weder der Bürgermeister noch die Polizei haben hier etwas zu sagen. Das ist nur dank einer beachtlichen Summe Geld möglich die ich jeden Monat dem italienischen Staat überweise. Dafür drücken sie bei meinen Geschäften ein Auge zu."

"Wie ist das möglich? Sie sind doch nicht auf dein Geld angewiesen?", platzte sie aufgebracht hervor und ignorierte die Tatsache, dass dieses Gespräch bisher noch nichts mit ihrer Frage zu tun hatte. Es schockierte mich, dass sie sich auch für meine geschäftlichen Angelegenheiten interessierte.

"Das sind sie nicht, nein. Aber trotzdem ist es ein rentables Geschäft für sie. Sie bekommen schließlich zwanzig Prozent der Einnahmen. Plus die Steuern der Einwohner. Und da wären wir auch schon am Punkt. Als wir hier angekommen sind, habe ich die Leute gesehen. Die Männer schufteten Tag und Nacht in Bergmienen, wobei sie ihr Leben riskierten, die Kinder mussten dreckiges Wasser trinken und die Tiere waren allesamt unterernährt. Also habe ich beschlossen sie finanziell zu Unterstützen und habe mich um eine vernünftige Wasserversorgung gekümmert. Auch wenn ich im Gegenzug natürlich nichts erwartete, habe ich ihre Loyalität damit gewonnen. Die Regierung hat sich schließlich nie um ihr Wohlergehen gesorgt. Tja, und da sie sofort Wind davon bekommen haben, dass ich dich suche, hat Anita, eine sehr nette, alte Dame, meinen Agenten angerufen als du plötzlich vor ihrer Haustür standst.", erklärte ich belustigt. Auch wenn ich sie ohne die Hilfe von ihr auch gefunden hätte.

Sie wirkte als hätte sie meinen Worten gar keine Beachtung geschenkt. Ich wusste, worüber sie wirklich nachdachte. Sie war verwundert, dass ich den Leuten geholfen habe. Sie hatte immer noch ein falsches Bild von mir was mir zugegeben etwas zusetzte. Ich brauchte nun mal ihr Vertrauen, um meinen Plan zu vollenden.

'Es hat garantiert seine Gründe, warum sie vorsichtig ist. Willst du sie wirklich hintergehen? ', flüsterte eine Stimme in mir. Wie in diesen bescheuerten Comics mit dem Engel und dem Teufel auf den Schultern.

'Sie wird es schon verkraften. Du bist schließlich der, der verletzt wurde. Spiel mit ihr, genauso wie sie es damals mit dir tat. '

"Das passt nicht zusammen. Einerseits tötest du zwei Männer, weil du mit der Lieferung nicht zufrieden warst und dann rettest du eine ganze Stadt vor dem Verhungern." Das Chaos wurde auch in meinem Kopf immer größer. Ich war nicht so brutal wie sie dachte und genau das musste ich ihr beibringen, aber wie sollte sie das Glauben, wenn sie in Wahrheit die erste Person war, der ich weh tun wollte, ohne, dass sie es wirklich verdient hatte. Lügen war nicht gerade meine Stärke.

"Für dich mag das bizarr wirken, was ich wirklich verstehen kann, aber ich handle nach meinem Instinkt. Alle meine Lieferanten werden von mir mehr als angemessen bezahlt, damit sie ihre Familien davon ernähren können. Dafür erwarte ich allerdings auch einwandfreie Ware. Wer dann aber meint mich trotzdem betrügen zu müssen wird eben bestraft. Und das wissen sie."

Ich will, dass du mich brauchstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt