Kapitel 27

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~Vanessa~

Etwas benommen kam ich zu mir. Die Gespräche um mich herum konnte ich erst einige Zeit später verstehen. Meine Sehkraft brauchte noch länger. Ich befand mich auf einem Bett inmitten eines riesigen Hotelzimmers. Vor mir hatten sich einige Polizisten versammelt. Sie versuchten eine hysterisch aussehende Putzfrau zu beruhigen.

"Ich wollte nur das Zimmer putzen! Ich war in dem Glauben es wäre unbewohnt aber plötzlich lag da diese Frau! Ich dachte sie wäre Tod!", schrie sie in einem russischen Akzent.

"Es kann doch nicht sein, dass niemand von diesen Idioten etwas mitbekommen hat!" Die Stimme hallte durch den Raum und drang tief in meine Knochen. Kurz darauf stolzierte Fabrizio durch die Tür. Er hatte sich kein Stück verändert. Diese Augen voller Kälte und Hass kannte ich auch nach all der Zeit immer noch gut genug. Wie sie sich zu Schlitzen formten kurz bevor er mich zusammenschlägt. Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte daher alles andere als beruhigend. Es war angsteinflößend und grotesk.

"Vanessa!" Sofort schossen alle Blicke zu mir. Ich spürte Galle in meiner Speiseröhre aber ich schluckte sie tapfer hinunter. Fabrizio kam zu mir gelaufen und drückte mir eine Art Kuss auf die Stirn. Er setzte sich viel zu dicht neben mich und legte mir seine Hand auf die Schulter.

"Wo bin ich?" Mein Hals schmerzte bei jedem Wort.

"In Sicherheit." Ach echt? Wie lange noch? Am liebsten wollte ich ihn anschreien aber ich kannte die Konsequenzen. Außerdem fehlte mir die Kraft dazu.

"Madam, geht es ihnen gut?", fragte einer der Polizisten. Ich nickte knapp.

"Was ist passiert?", fragte ich heißer.

"Sie galten nach einem Banküberfall mehrere Wochen als vermisst. Es fehlte jede Spur von ihnen bis diese Frau sie gerade eben hier entdeckte. Können sie sich denn an irgendetwas erinnern?" Ich dachte über diese Frage nach. Ich erinnere mich an alles. Aber der Gedanke daran ließ mich kalt. Ich wünschte mir ich könnte beschreiben wie es sich anfühlte hintergangen worden zu sein oder zu sagen, dass der Schmerz in meiner Brust unerträglich wäre. Aber dort war nichts. Es gab nichts was ich spürte. Alles in mir war gestorben. Übrig blieb nur noch eine Hülle.

"Ich bitte sie, lassen sie sich doch erst einmal zurechtfinden. Sie hat garantiert einen riesigen Schock erlitten."

"Da haben sie recht. Bringen sie sie nach Hause und geben sie uns bescheid sobald sie sich in der Lage fühlt über das geschehene zu reden." Es lag wohl nur daran, dass der Bürgermeister mit ihm sprach, ansonsten hätte er nie eine entführte Frau ohne Befragung gehen lassen. Tja, aber so lief das eben und so kam es, dass ich mit Fabrizio in sein Auto stieg. Ich erschrak selbst wie kalt es mich sogar ließ als wir direkt neben der Bank vorbeifuhren, in der vor ein paar Wochen alles begonnen hatte.

Die ganze Fahrt lang schwiegen wir bis wir in sein Haus traten. Kaum war die Türe in das Schloss gefallen spürte ich seine Faust in meinem Magen. Ich fiel zu Boden, aber nicht einmal das nahm ich wahr.

"Du kleine Hure! Dachtest du, du könntest einfach abhauen?! Sag mir, wo sind sie!?" Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Sie hatten es also geschafft. Sie waren in Freiheit. Das war alles was für mich noch gezählt hätte. Aber da ich nun wusste, dass sich meine Familie in Sicherheit befand konnte ich loslassen. Ich wehrte mich nicht als ich die Tritte gegen meine Rippen spürte.

Ich ließ die Schläge über mich ergehen.

Ich nahm mein Leben so hin, weil mein Leben mir nichts mehr bedeutete.

Was ist man schließlich noch Wert, wenn sogar deine engsten Vertrauten dir ein Messer in den Rücken stechen?

Die Antwort darauf war leicht.

Nichts.

Ich will, dass du mich brauchstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt