Kapitel 5

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~Vanessa~

Skeptisch betrachtete ich mich im Spiegel. Das rote Kleid aus Seide reichte bis zum Boden. Am Bein befand sich ein Schlitz, der mir eindeutig zu weit nach oben ging. Auch mein Ausschnitt war viel zu aufreizend für meine Verhältnisse.

Andererseits war ich es wahrscheinlich nur nicht mehr gewohnt so in die Öffentlichkeit zu gehen. Natürlich tanzte ich jede Nacht in Unterwäsche, aber das war für mich eher eine Art Arbeitskleidung. Allerdings war es mir noch ein großes Rätsel, woher er meine Kleidergrößte kannte.

Auch meine Haare trug ich anders als sonst. Leichte, dunkelblonde Locken fielen über meine Schultern. Und um mein Outfit noch abzurunden, trug ich ein passendes Make Up.

Tatsächlich fühlte ich mich seit langer Zeit wirklich wieder wie ich selbst. Ich hatte fast vergessen, wie es sich anfühlte sich wirklich um sich selbst zu kümmern.

Mit einem Lächeln im Gesicht beschloss ich endlich aufzubrechen. Damiano hatte Recht. Natürlich wusste ich, wo sich der Ballsaal befand. Auf dem Weg dorthin dachte ich ein wenig über ihn nach. Seit vorher fühlte ich mich irgendwie so frei. Auch wenn ich angeekelt sein sollte, ich genoss es in vollen Zügen. Er sah was ich wirklich wollte.

Kurz vor der hölzernen Doppeltür blieb ich noch einmal stehen. Ich holte tief Luft, straffte meine Schultern und betrat mit dem neuen Selbstbewusstsein, das in mir aufgeflammt ist, den riesigen Saal. Bestimmt nahm dieser Raum den Großteil des Schiffes ein.

Ich zog sofort alle Blicke auf mich als stünde etwas vor ihnen was sie noch nie zuvor in ihrem Leben zu Gesicht bekommen hätten. Anders als sonst waren alle in elegante Anzüge gekleidet. Und das erste Mal sah ich auch andere Frauen. Es waren nicht viele, aber es war eindeutig, dass sie zur Mafia dazugehörten. Erst nach ein paar Sekunden lösten sie ihre neugierigen Blicke von mir und führten ihre Gespräche fort.

Ich wusste sofort, dass dieser Abend noch ziemlich unangenehm werden würde. Also setzte ich mich zuerst an die Bar. Ich bestellte beim Barkeeper einen Gin Tonic. Hoffentlich würde Alkohol dabei helfen das Gefühl zu verlieren, dass jeder über mich tuschelte. Wenigstens war die Musik nicht schlecht.

Ich war überrascht als plötzlich die hübsche rothaarige neben mir Platz nahm, die Damiano letztens störte als er mich mit seiner Knarre bedrohte. Sie bestellte sich ebenfalls einen Gin. Dieses Mal war es wohl ich die sie wie eine Irre anstarrte. Sie hob ihr Glas.

"Cheers." Ihre weißen Zähne strahlten mir entgegen. Zögernd hob auch ich mein Glas und nahm den ersten Schluck. Er schmeckte köstlich.

"Du musst dich nicht mit dem neuen Spielzeug abgeben. Ich bin es gewohnt ignoriert zu werden.", erklärte ich. Sie fing an zu lachen.

"Ich bevorzuge es mit dem neuen Spielzeug zu sprechen, bevor ich es nur anglotze wie alle anderen Idioten hier." Auch mir entkam ein kurzes Kichern. "Ich bin übrigens Romina. Die gute Seele und Tresor Knackerin der Gruppe." Sie hielt mir ihre Hand entgegen. Natürlich nahm ich sie an.

"Vanessa. Ich weiß noch nicht ganz welchen Nutzen ich habe."

"Ich denke Damianos neue Beschäftigung."

"Können wir bitte nicht über ihn reden?", jammerte ich gespielt. Noch bevor ich diese Frage beendet hatte, schoss mir auf einmal ein Gedanke in meinen Kopf. "Warte, du bist aber nicht seine Freundin, oder?" Mist, war er vergeben? Über dieses Thema hatte ich mir ja gar keine Sorgen gemacht.

"Oh Gott, Nein! Wir sind gute Freunde, aber mehr ist da nicht. Er ist eher so etwas wie ein großer Bruder für mich." Ich nickte verstehend. Was hatte er für sie getan damit sie so eine gute Bindung zueinander hatten? War er nicht zu jedem so schlecht?

Ich will, dass du mich brauchstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt