"Sind alle soweit?" Mein Blick glitt über Monterrey.
"Si, Señor", erwiderte Vicente.
Seine Seele war noch nicht vollkommen von Schatten bedeckt. Licht beleuchtete sie hier und dort.
Familie, eine Geliebte, ein kleiner Sohn - alles, was ich mir im Innersten sehnlichst wünschte und für das ich nun alles geben wollte.
Das Leben war grau ohne all das."Sind Sie sicher, dass Sie das durchziehen wollen? Sie setzten Einiges aufs Spiel für diese Frau."
Schnell fügte er hinzu: "Diese verheiratete Frau."Ich war mir dem hohen Risiko bewusst und ich nahm es in Kauf. Diese verheiratete Frau war meine Hoffnung auf ein farbenfrohes Leben - und zwar die einzige.
"Gib Rogelio Bescheid."
Ich beobachtete das Getümmel in den Straßen der Millionenstadt.
Man pflegte ja immer zu sagen, New York sei die Stadt, die niemals schlief, doch Monterrey war genauso lebhaft bei Nacht wie bei Tag.
Ich war noch nie in der Stadt am Hudson River, dennoch war ich mir sicher, meine Heimatstadt könne ihr das Wasser reichen."Sie sollen jetzt eindringen."
"Miguel, lass los", kicherte ich. Seine aufdringliche Art war zum Dahinschmelzen. "Ich muss auf Klo."
Er machte einen verneinenden Laut und hielt weiter meine Brüste. Das tat er ständig.
Keine Ahnung, ob so etwas möglich war, aber ich glaube, er war besessen von ihnen."Es tut weh, Miguel." Sein Griff lockerte sich.
Um ehrlich zu sein, kam es nicht selten vor, dass er mir wehtat. Ich fühlte mich schon ein klein wenig schlecht, aber ich hatte nun einmal einen kräftigen Ehemann, dem es hin und wieder schwerfiel, seine oder eher meine Kräfte einzuschätzen.
Ich wandte mich ihm zu.
Seine Augen waren geschlossen und das Haar lag ihm wirr auf dem Kopf.
Der verschlafene Miguel war mit Abstand mein Favorit.Sanft küsste ich seine weichen Lippen. "Darf ich bitte auf die Toilette gehen?", flüsterte ich.
Mit einem Stöhnen ließ er von mir ab. "Beeil dich", murmelte er und rollte sich auf die andere Seite.
"Mach ich." Strahlend ging ich auf Zehenspitzen in das Badezimmer, um mein Geschäft zu verrichten.
Plötzlich hörte ich einen lauten Knall. Es klang, als hätte jemand eine Tür eingetreten.
Erschrocken schrie ich auf, schlug mir die Hand jedoch sofort vor den Mund."Lorena, bleib da", hörte ich Miguel, dessen schwere Schritte irgendwo auf dem Flur verschwanden.
Panik stieg schleichend in mir auf, doch erst, als es auf einmal ganz still wurde, packte sie mich endgültig.
Ich warf mir meinen Morgenmantel über, stürmte die Treppen runter."Miguel?" Es war ein lautes Flüstern.
"Mhh", kam es kläglich aus dem Wohnzimmer, in das ich daraufhin eilte.
Mit blutiger Stirn lag er ausgeknockt auf dem Boden.
"Ach, du Schreck", atmete ich tonlos aus, ehe ich mich neben ihm auf die Knie stürzte."Was ist passiert?" Ich presste den Ärmel meines Mantels an die Wunde.
"Lorena", nuschelte er kaum verständlich. "Geh."
In dem Moment kapierte ich es, jedoch war es zu spät. Ich wurde bereits von hinten gepackt.
Hilflos strampelte ich mit Beinen und Armen, aber der Angreifer war an die zwei Meter groß - so kam es mir jedenfalls vor.
Vermutlich war es Furcht, die mich Dinge falsch wahrnehmen ließ oder das Toxikum in dem Stofffetzen an meiner Nase wirkte schneller als erwartet.Schwärze war alles, was zurück blieb.
―⊱❖⊰―
Ich bin seeehr gespannt, was ihr von der Geschichte, aber vor allem Thiago haltet
Ayana ;P
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Lady White Dress
Romance"In der Liebe gehen Freude und Schmerz Hand in Hand. Manchmal ergänzen sie sich, tanzen wie ein verliebtes Paar und vereinen sich zu etwas Unzertrennlichem. Aber manchmal kann es dich auch in die Knie zwingen, auf deiner Haut brennen und dich zerstö...