𝟐𝟔 - 𝐋𝐚𝐝𝐲 𝐖𝐡𝐢𝐭𝐞 𝐃𝐫𝐞𝐬𝐬

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Konnte man es eine Obsession nennen?

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Konnte man es eine Obsession nennen?

An Thiagos Smartphone suchte ich nach einer Definition.
Sein Passwort war das Datum, an dem er mich kennenlernte.

Als Obsession (lateinisch obsessio = das Besetztsein; Blockade) wird in der Psychologie eine mit Furcht verbundene Zwangsvorstellung oder -handlung bezeichnet.

Nein, keine Obsession.

Ich googelte weiter.

Besessenheit bezeichnet die Inbesitznahme eines Lebewesens durch das Handeln des Betroffenen bestimmende, in den Menschen eingefahrene Wesen oder übernatürliche Kräfte, die sich in einem ausgeprägten Erregungszustand zeigt.

Möglicherweise das?

Verdammt, ich hatte keine Ahnung, wie ich das, was Thiago hatte, bezeichnen sollte.
Und noch weniger wusste ich, was ich davon halten sollte.

Auf einmal ging der Alarm auf seinem Handy los. Quiekend warf ich das Gerät in die Luft und fiel auf den Rücken.

Stöhnend wälzte er sich in meine Richtung. "Lorena?", fragte er rau. "Was machst du hier?"

Mit gefalteter Stirn griff er nach seinem Handy, das neben ihm auf der Matratze gelandet war, um den Wecker abzustellen.

"Besessenheit?", las er befremdet von dem Bildschirm ab, woraufhin sich seine Haut in noch tiefere Falten legte. "Wieso suchst du nach-"

Er richtete den irritierten Blick von seinem Mobiltelefon auf mich. Dieser Ausdruck war jedoch nicht länger Irritation.

"Lorena, ich bin nicht besessen von dir", stellte er nahezu fassungslos klar.

"A-aber du hast mich beobachtet", argumentierte ich. "Und entführt hast du mich auch."

Seufzend legte er das Telefon beiseite und setzte sich auf. Mit der Hand klopfte er vor sich auf das Bett, wo ich zögernd Platz nahm.

Er umfasste meine Hände. "Es ist nicht so eine Besessenheit, wie dort beschrieben", erklärte er.

Also war er doch besessen von mir? Nur anders?

Entgeistert verzog ich das Gesicht. Ich machte richtige Fischaugen.

"Es ist Liebe."

Nun runzelte ich verwirrt die Stirn.

Seit wann war Liebe eine Besessenheit?

Gut, diese zwei Empfindungen, oder wie man es nennen wollte, lagen nicht allzu weit voneinander entfernt, aber zu lieben war etwas Wunderbares, besessen zu sein hingegen war etwas Schreckliches. In diesem Sinne hätten die beiden Begriffe nicht weiter voneinander weg liegen können.

"Ich habe dich hier hergebracht, weil ich mit dir zusammen sein, keinen Tag mehr ohne dich verbringen möchte, weil ich dich liebe und ich dir zeigen möchte, dass das, was du mit Miguel hast, nicht die Liebe ist, für die du sie hältst."

Mir gefiel es nicht, dass er so mit dem Wort um sich warf. Liebe war etwas Besonderes und ganz sicher kein Gefühl, das er in ein paar Minuten entwickeln konnte.

"Bitte hör auf, das immer so einfach zu sagen." Flehentlich guckte ich ihn an. "Es waren vielleicht fünf Minuten. Liebe braucht länger."

"Acht Minuten", korrigierte er. "Es gibt so etwas wie 'Liebe auf den ersten Blick'."

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter und entzog meine Hand der seinen.

Wieso störte es mich so sehr, wenn er es sagte? Es hätte mich nicht im Geringsten tangieren können, aber mein Atem beschloss, ein wenig flacher zu werden.

Als er wieder nach meiner Hand griff, ging mein Herzschlag abrupt schneller.

"Lorena, wir haben uns geküsst", rief er mir wieder ins Gedächtnis. "Sag nicht, es hätte nichts bedeutet."

Von seinem Gesicht blickte ich schwerschluckend runter zu seinen Fingern, die sich mit meinen zu verschränken versuchten.

Er hatte recht. Der Kuss hatte mir nicht nichts bedeutet.
Aber so durfte es nicht sein. Ich wollte es so nicht.

"Das sage ich nicht."

Die Luft in diesem Raum schien auf einmal so sauerstoffarm. Ich musste hier raus.

Mit angehaltenem Atem stand ich auf und verließ das Zimmer.

Lady White DressWo Geschichten leben. Entdecke jetzt