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Retrospektive:
Anschließend an 21

Jona saß an seinem riesigen Schreibtisch und starrte auf den gigantischen Stapel Dokumente. Er musste immerfort an sie denken und doch war bereits eine Woche verstrichen, seitdem er sie das letzte Mal gesehen hatte. Innerlich hatte er gehofft, sie würde sich bei ihm melden, ihn anschreiben oder gar aufsuchen. Doch dem war nicht so.

Hatte sie es sich im Nachhinein doch noch anders überlegt?
Dachte sie überhaupt noch an ihn?

Er wusste, dass es falsch war sich nicht zu melden, aber da war ein riesiges Chaos in ihm, das er einfach nicht verstand und auch nicht bewältigen konnte. Er, der von Geburt an zum Gentleman Erzogene, brachte es nicht über sich, sich bei einer Frau zu melden.
Wie dämlich war das denn?
Aber er hatte Angst, Angst, dass er es nicht ernst mit ihr meinte und sie links liegen ließ.

Eine ganze Weile war er nun wieder Single. Es mochten für den einen vielleicht nur fünf Monate sein, doch für ihn war das eine echt lange Zeit allein. Er war es einfach gewohnt eine Frau an seiner Seite zu haben, sei sie noch so dumm, selbstverliebt oder voluptuös gewesen, obwohl er Letzteres der Arroganz und Einfältigkeit vorzog. Doch genauso war er es auch gewohnt, ihnen ein Strich durch die Rechnug zu machen und sich von ihnen zu trennen. Nicht weil er sie verletzen wollte, sondern weil er es nicht mehr mit ihnen aushielt, sie ihn hintergangen oder er sein eigenes Leben nicht wieder erkannte.

Irgendetwas sagte ihm, dass das bei Amelie nicht so sein würde. Aber was war, wenn er ihrer überdrüssig wurde und sich ebenfalls von ihr trennte, weil er es einfach nicht anders kannte?
Sehr wahrscheinlich würde sie am Boden zerstört sein.
Doch wer wäre das schon nicht?

Selbst war er es schließlich auch schon einmal gewesen, als ihn Mia, seine verlorene große Liebe, vor vier Jahren verlassen hatte, da sie mit einem anderen nach Australien gegangen war. Sein Herz war für eine lange Zeit zersplittert gewesen, in der er aus Verzweiflung von Bett zu Bett gesprungen war, um darin Trost zu finden. Den hatte er aber erst gefunden, als er sich mit offenen Augen vergewissert hatte, dass Mia offensichtlich bei Darek glücklicher war. Bis heute war sie mit ihm zusammen und Jona telefonierte noch jeden Sonntag mit ihr.

Im Gegensatz zu ihm war Mia eine Seele. Schon sehr oft hatte er sich selbst ein grässliches Arschloch geschimpft, einen abscheulichen Herzensbrecher und als männliche Hure verdammt. Diese Worte trafen es nämlich am besten. Und genau das war der Grund, weshalb er sich seit dem wundervollen Abend nicht wieder mit Amelie getroffen hatte. Es war nämlich die Angst davor, sie genauso zu verletzen wie er es bei all den anderen Frauen zuvor auch getan hatte.
Und das wollte er einfach nicht.
Sie war zu gut für ihn und er zu schlecht für sie. Amelie war eine großartige und atemberaubend schöne Frau, deren Herz er mit Sicherheit nicht brechen wollte.
Lieber sollte er sich wieder an eine arrogante Diva wenden, die nur auf wilde Nächte und seinen Reichtum aus war.

Jona seufzte laut, stieß sich von seinem Schreibtisch ab und ließ seinen Stuhl im Kreise drehen.
Was sollte er nur machen?
Er warf sich die Hände ins Gesicht, rieb sich die Augen und rubbelte sich durch den kurzen Bart. Eine Rasur wäre mal wieder nötig, dachte er sich und versuchte sich somit abzulenken. Und eine Massage, gegen die verspannten Schultern. Er ließ seinen Nacken knacksen und rollte die Schultern.
Am besten er würde ein ganzes Wellnessprogramm durchziehen. Einfach um den Kopf freizubekommen und abzuschalten. Oder er würde sich gleich Urlaub nehmen und sich zur Ausnahme mal wieder in einem der teuren Wellnesshotels seiner Familie blicken lassen. Der Spa-Bereich wäre da genau das Richtige.

Jona schloss die Augen und stellte sich gerade vor, wie er in einem der warmen Bädern lag mit frisch massierten Schultern und einem kühlen Erfrischungsgetränk, als es viermal laut an seiner Tür klopfte.
Ganz falsches Timing.

©Eine Milliarden GründeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt