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Retrospektive:
Anschließend an 22

Den rechten Arm lässig über die Lehne gelegt, saß Jona in die Ecke eines schwarzen Ledersofas gelehnt und trank Whiskey. Gedankenverloren ließ er die goldene Flüssigkeit in dem breiten Glas kreisen, während er Lucas und Aidens Gesprächen schweigend lauschte.

Sie unterhielten sich schon seit längerer Zeit über die Leute die kamen und gingen, lästerten dabei über ihr Auftreten oder ihr übermütiges Selbstbewusstsein. Manchmal ließen sie aber auch ein gut gemeintes und vor allem ehrliches Lob verlauten.
Jona hingegen hielt sich aber weitestgehend heraus und hing seinen eigenen Gedanken nach.

Von hier oben konnte man die Leute am besten beobachten.
Sie saßen in einer der abgetrennten, oberen Lounges, dem Bereich, zu denen nur bestimmte Gäste Zutritt hatten.

Man benötigte in Jacobs Palacelobby - so hieß der noble Party-Club - die sogenannte Silvercard, um sich in der oberen Lounge niederzulassen. Zwar konnte sich nicht jeder diese Karte leisten, aber somit war es auch den anderen möglich in diesen Club zu kommen, nicht nur bestimmten auserlesenen Gästen. Die Preise der Getränke mochten hier vielleicht den ein oder anderen mit normalem Geldbeutel heftig schlucken lassen, dennoch kamen viele in Jacobs Palacelobby, die nicht gerade dem reichen Milieu angehörten. So war dieser Club also der Treffpunkt von Mittel- und Oberschicht, auch wenn sich hier eher die reichen Kids herumtrieben.

Jona selbst ging schon seit zehn Jahren in diesen Club, aber kam sich mittlerweile schon zu alt dafür vor. Ganz ehrlich?
In seinem Alter waren die meisten schon glücklich vergeben und hielten sich nicht mehr in den von Teenager mit Schweiß überladenen Tanzbars auf!

Sein Blick driftete zu Lucas und Aiden. Beide hatten ihn hierher geschleppt, "um mal den Kopf freizubekommen".
Was für eine lächerliche Behauptung! Es kam ihm nämlich so vor, als würde er sich hier die meisten Gedanken machen, nur dass sie hier das größte Chaos überhaupt waren!
Die einen drehten sich um die Leute dort unten, die anderen über sich selbst und sein dämliches Leidwesen, doch die ganz anderen waren nur Amelie, ihrem blumigen Duft, ihrer lieblichen Stimme, ihren weichen Haaren und ihren verführerischen, vollen Lippen bestimmt.
Seine Fingerspitzen kribbelten, als er sich daran erinnerte, wie sich ihr Haar an seinen Fingerkuppen angefühlt hatte. Seine Lippen teilten sich unwillkürlich einen kleinen Spalt, als er meinte, ihren Kuss noch immer zu spüren.

Jona schüttelte den Kopf.
Er musste wirklich dafür sorgen, dass er den Kopf freibekam.

,,Lucas, schau! Der sieht doch mal interessant aus", machte Aiden Jonas kleinen Bruder auf jemanden am Eingang aufmerksam.
Lucas schwarzer Lockenkopf schwenkte herum und seine Miene wurde nachdenklich. Jona selbst musterte den Typen aufmerksam.
Es war ein hochgewachsener, schlanker Mann. Sein Haar war pechschwarz und zu einem interessanten Undercut geschnitten, den er am Hinterkopf zu einem Zopf zusammengefasst trug und in dessen Seiten auffällige Muster rasiert waren, die sich in seinem dunklen, kurzen Vollbart an den Wangen widerspiegelten. Obendrein schien er eine ganze Weile vor dem Spiegel verbracht zu haben, nur um seinen Schnurbart zu stylen.
Auffallend war seine rote Hose, die er mit einer schwarzen Herrenweste und Hemd perfekt zu kombinieren wusste. Seine Füße steckten in schwarzen Schnallenboots.

Lucas biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf.
,,Interessant ist er allemal. Er versteht etwas von Kunst und das ist auch gut so, aber sein Bart ist einfach zu viel." Dann patschte er sich mit beiden Händen auf den Schoß und erhob sich.
,,Wie dem auch sei. Ich glaube ich werde mich heute an Alison Garcia halten. Sie ist eine fabelhafte Schauspielerin, die gerade in ihrer Karriere langsam aber sicher aufsteigt. Vielleicht kennt ihr sie aus der Serie Lamia?"
Jona und Aiden schüttelten beide den Kopf.
,,Dort unten ist sie." Er deutete auf eine blonde Frau mit schwarzem Rock und fliederfarbener Bluse. Nicht ganz Jonas Geschmack, aber für Lucas nächtliche Ausflüge sicherlich ganz passabel. Nur nicht seine Schwägerin sollte sie werden, denn ihr stand eine gewisse Eitelkeit ins Gesicht geschrieben.
,,Prägt euch ihr Gesicht genau ein, bald kennt sie die ganze Welt", grinste Lucas und strich sich sein weißes Seidenhemd glatt, ehe er im lauten Getümmel voller Feiernder verschwand.

©Eine Milliarden GründeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt