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Retrospektive:

Ein unruhiges Klopfen, eine flüsternde Stimme und ein leises, nerviges Piepen drangen zu ihm vor.
Vorsichtig versuchte er seine schweren Augenlider zu bewegen, aber es gelang ihm nur ganz langsam.
Die Wimpern schienen ihm auf seinen kalten Wangen wie festgeklebt zu sein. Sein Hals war unendlich trocken und er wünschte sich nichts sehnlicher als einen kräftigen Schluck Wasser.
Er wollte sprechen, die Augen öffnen und sich bewegen - am liebsten alles auf einmal-, aber selbst das Schlucken wollte ihm nicht mehr gelingen.
Der Mund war ihm einfach zu trocken.

Dann schließlich schaffte er es wenigstens die Augenlider zu heben. Es gelang ihm nur ganz langsam und schleppend. Doch sobald er sie auch nur einen Spalt geöffnet hatte, wollte er sie sofort wieder schließen.
Grelles Licht blendete ihn mit weißen hellen Strahlen, die ihm wie ein Stechen durch den Augapfel fuhren.

Er grummelte missmutig und versuchte sich mit der Hand davor zu schützen, aber sie schien wie gelähmt zu sein.
Sie war taub, lag irgendwo ganz ausgekühlt neben ihm auf weichem Grund und nur seine eisigen Fingerspitzen zuckten als Antwort wie verspätet.
Also versuchte er verzweifelt gegen das Licht anzublinzeln.
Weiße Schemen erschienen, zeichneten sich undeutlich und völlig verschwommen vor ihm ab, bis sie sich schließlich gemächlich zu deutlichen Formen zusammenfügten.
Es waren lauter kleine Vierecke, Quadrate um genauer zu sein. Allesamt waren sie durchgehend weiß mit Ausnahme von den dunklen Löchern, die sich darin befanden, und ein paar unregelmäßigen Flecken.

Er runzelte die Stirn, dreht den Kopf beiseite, was ihm wahre Mühe kostete, denn sein Nacken war völlig steif und verkrampft, und blickte direkt in ein müdes Augenpaar von smaragdgrüner Farbe.

,,Mia...", entkam es ihm verblüfft heiser. Ihre Augen weiteten sich.
,,Jona!", rief sie freudig und schmiss sich an seinen Hals.
,,Weißt du eigentlich, was für Sorgen du uns allen bereitet hast?"
Sie musste sich ein paar vereinzelte Tränen aus dem Gesicht wischen.
,,Ganze drei Tage warst du bewusstlos!" Er verstand gar nichts.
Sorgen?
Bewusstlos?
Drei Tage?
,,Wo bin ich?", fragte er schließlich mit kratziger Stimme. ,,Was ist passiert?" Mia sah ihn aus traurigen Augen an und schüttelte mit hängenden Schultern den Kopf.
,,Das wissen wir nicht genau...Du bist auf einmal hinter dem Steuer weggetreten, nachdem du auf das Rennen mit dem Idioten eingegangen bist. Du hast es gerade noch so geschafft den Wagen an die Seite zu fahren. Darek und mir ist also nichts passiert. Mach dir keine Sorgen. Allerdings mussten wir den Krankenwagen rufen und du warst ganze drei Tage nicht bei Bewusstsein! Die Ärzte konnten es sich nicht einmal erklären."
,,I-ich bin also im...K-Krankenhaus?", presste er zwischen trockenen Lippen hervor.
Mia nickte, woraufhin er seufzend seinen Kopf zurückfallen ließ. Verdammt!
Was war bloß geschehen?

Noch immer ganz benommen rieb er sich die Nasenwurzel. Er fühlte sich als wäre er einen ganzen Monat bei Mittagssonne zu Fuß durch die Wüste gereist. Sein Schädel brummte, er konnte sich kein Fünkchen auf irgendetwas konzentrieren, er hatte immensen Durst, das Sehen fiel ihm vor stechenden Schmerzen schwer und sein Körper fühlte sich weit entfernt von seinem Kopf und seinen Gedanken an. Allein das Atmen strengte ihn schon an.

,,Jona?", fragte Mia vorsichtig, als er eine Weile nichts mehr von sich gab. ,,Soll ich Lucas holen?"
,,Schon da", meldete sich der schwarzhaarige Lockenkopf vom Türrahmen her.
,,Na? Ist Dornröschen endlich aufgewacht?"
,,Halts Maul, Hohlkopf...", grummelte Jona völlig heiser.
,,Oh, Morgenmuffel ist tatsächlich wach und scheint so munter wie eh und je zu sein", stellte Lucas trocken fest und gesellte sich zu ihm ans Bett auf die gegenübergelegene Seite von Mia.
Er wirkte recht unruhig und seine Finger der rechten Hand zupften nervös an den Franzen seines karierten Tuches, während die linke so etwas wie eine Zeitung halb zerknüllte.

©Eine Milliarden GründeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt