[4 - Mondschein]

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"Seit wann mischt sich der Feudalherr überhaupt in unsere Angelegenheiten ein?"
"Das liegt an dieser Nori."
"Gut möglich, aber ich konnte noch nicht herausfinden, welches Interesse sie an uns hegt."
Tobirama hält es für vorteilhaft seine Vermutungen erstmal für sich zu behalten.

Tobirama Senjus Instinkt als Sensor-nin schlägt sofort Alarm, wenn sich ihm jemand im Schlaf nähert und so wacht er auch auf als er ein Geräusch an seiner Türe hört.

Er greift nach dem Kunai unter seinem Kissen und ehe er seine Kanchi-Fähigkeiten aktivieren kann, wird auch schon die Türe leise aufgezogen. Er steht blitzschnell in Verteidigungsposition, bereit zu reagieren, doch zu seiner Überraschung braucht er das gar nicht.

"Wir müssen uns unterhalten.", ertönt eine ihm bekannte Stimme und Tobirama erkennt in der Dunkelheit langsam Nori Miyamuras Umrisse. Sie scheint nicht bewaffnet, doch trotzdem bleibt er kampfbereit stehen.

"Mitten in der Nacht?", hackt er nach.
"Damit wir ungestört bleiben.", erklärt sie leise und deutet mit einem Nicken raus.
"Was ist, traust du mir nicht?"

Zwar ist weder sie noch die Situation Tobirama geheuer, doch sieht er nüchtern betrachtet mehr Vor- als Nachteile darin ihr zu folgen und steckt das Kunai nach reichlicher Überlegung ein, bevor er ihr vorsichtig raus folgt. Selbstverständlich hält er die gesamte Zeit lang Augen und Ohren offen, doch vermutet er sowieso nicht, dass sie vorhat gegen ihn zu kämpfen. Nachts und zwar alleine an einem fremden Ort? Das würde für Nori nur Nachteile mit sich bringen.

Kaum haben sie sich ein Stück vom Anwesen entfernt, merkt Tobirama eine Veränderung an Nori. Auch wenn sie bis gerade noch total konzentriert schien, holt sie nun tief Luft und scheint die nächtliche Atmosphäre in vollen Zügen zu genießen.

Sogar Tobirama findet den kühlen Wind und die Stille ziemlich entspannend, trotzdem würde er nicht von sich behaupten, dass er es mag. Im Gegensatz zu ihm scheint Nori jedoch vollkommen unbedacht, beinahe leichtsinnig, ihm einfach so den Rücken zuzudrehen, um ihren Blick gen Himmel zu wenden.

Wie gebannt starrt sie zu den Sternen und dem Halbmond hinauf, welche die Dunkelheit erhellen und den Nachthimmel zu einem unvergleichlichen Anblick machen.

"Ich habe dich gleich wiedererkannt, auch wenn seit damals am Fluss so einiges passiert ist.", bricht Nori schließlich die Stille und springt mit Leichtigkeit auf einen umgefallenen Baumstamm, um darüber zu balancieren, während Tobirama neben ihr herläuft.

"Ihr meintet damals zu meinem Bruder es wäre ein Suizidversuch gewesen."

"Stimmt. Ich hatte einen verdammt langen Rückweg. Aber wem erzähl ich das, ich weiß genau, dass du bereits nachgeforscht hast, Tobirama Senju.
Und, was auch immer du gelesen hast, ist größtenteils wahr. In Geschichten wird gerne etwas übertrieben, aber ich trage ein Monster in mir.
Es ist kein Biju, wie viele Leute vermuten, aber von der Gefahr her, kommt es einem gleich. Obwohl, das ist wohl auch nicht ganz richtig. Das, was ich in mir trage, ist stärker als ein Biju. Aber auch schwerer zu bändigen."

Tatsächlich hätte Tobirama ebenfalls auf einen Biju gesetzt, wenn ihm auch keine Technik bekannt wäre einen in einem Menschen zu versiegeln. Doch was für ein Wesen soll es geben, das stärker als ein Biju ist? Auch wenn er selbst noch nie einem begegnet ist, ist ihm die Gefahr, die von denen ausgeht, bewusst.

"Ihr habt also in Rage ganz alleine drei mächtige Clans ausgelöscht, die sich gegen den Feudalherren stellen wollten?", hackt er nach und beobachtet wie Nori leichtfüßig am Ende des Baumstammes wieder runter auf den Boden springt.

Ein faszinierender Anblick, denn Noris hellblauen Haare, scheinen durch das Licht des Mondes beinahe zu glitzern. Da fällt Tobirama auch erst auf, dass sie diese offen trägt, während sie ihre Haare tagsüber zurückgesteckt hatte.

"Ich sage ja, es ist etwas übertrieben worden...", meint sie ruhig, und streicht sich die Strähnen hinters Ohr. Sie besitzt eine ganz natürliche Anmut, geht es Tobirama kurz durch den Kopf, schüttelt diesen Gedanken, aber wieder ab, um sich wieder auf die eigentlichen Dinge zu konzentrieren.

"In wie weit?"

"Das darf ich nicht erzählen...", erwidert sie und zuckt mit den Schultern. "Weißt du, wieso wir uns um die Uhrzeit unterhalten müssen? Shou und Kubo sollen mich nicht beschützen, sondern darauf aufpassen, dass ich nichts anstelle. Ich darf mich gar nicht mit dir alleine unterhalten. Ich kann auch nicht spazieren gehen oder die Sterne beobachten.
Sie haben alle Angst davor, dass ich abhaue und mich gegen sie stelle. Der Feudalherr und dieses gesamte Pack da oben, aber hinrichten können sie mich auch nicht, also werde ich an der kurzen Leine gehalten."

Die Wut in ihrer Stimme ist nicht zu überhören, doch kann Tobirama sich gut vorstellen, dass der Feudalherr allen Grund hat sie unter Kontrolle zu halten, wenn das in ihr wirklich so gefährlich ist.

"Und genau deswegen habe ich damals versucht mich zu ertränken.", klärt sie ihn auf und tänzelt auf leichten Sohlen - sie elegant wie eine Fee - durch die Gegend und genießt strahlend die friedliche Atmosphäre. Sie lässt sich trotz allem weder etwas sagen, noch sich einschränken. Eine beeindruckende Kontrolle, findet Tobirama, denn der Hass, den sie mit sich rumzutragen scheint, hätte bestimmt schon so einige Leute zerfressen.

"Ich werde dir nicht böse sein, wenn du morgen als erstes zu den beiden gehst und wiedergibst, was ich dir erzählt habe. Es war trotzdem schön mich mal wieder mit jemand zu unterhalten."

Tobirama runzelt die Stirn.
Ihr Lächeln weiß er beim besten Willen nicht zu deuten, ebenso wenig ihre Worte.

"Wieso sollte ich irgendwas davon weitererzählen?", hackt er nach und Nori legt den Kopf schräg.
"Wieso? Ich weiß es nicht. Jeder andere hat mich bisher verraten, auch wenn sie sagten, sie würden unser Gespräch für sich behalten."

Das Lächeln auf ihren Lippen wirkt auf einmal überraschend traurig und Tobirama kann sich ganz genau denken, was dahinter steckt. Ein solches Lächeln hat man auf den Lippen, wenn man sich mit dem Schicksal abgefunden hat und versucht es sich besser zu reden. Doch bisher waren es fast immer Sterbende, die versucht haben, sich mit ihrem bevorstehenden Tod abzufinden.

"Naja, ich sollte dann mal zurück und noch etwas Schlaf kriegen.
Aber bevor ich es vergesse... ich habe dieses Bündnis damals auf Befehl des Feudalherren ausgelöscht und ich wünsche mir nichts mehr als so etwas nie wieder tun zu müssen. Daher möchte ich dich darum bitten, mich nicht so weit zu bringen."

Ehe er sich versieht, ist sie verschwunden. Als hätte Nori sich in Rauch aufgelöst, doch ihre Worte, bleiben Tobirama im Kopf.
Wollte sie ihn mit all dem verwirren? Eine indirekte Drohung aussprechen oder doch nur am seine Empathie appellieren, damit sie das Bündnis mit den Uchiha annehmen?

Welchen Grund auch immer sie hatte, ihre Worte klangen wahr und so lange er nicht das Gegenteil herausfindet, will Tobirama ihr erstmal glauben.
Doch sind damit noch lange nicht alle seine Fragen geklärt. Wieso spricht sie nicht gleich mit Hashirama? Was für eine Kraft ist stärker als ein Biju? Und was ist so geheim, dass sie es ihm nicht erzählen darf?

Mit diesen und noch mehr ungelösten Rätseln kehrt der Senju ins Bett zurück und versucht wie Nori noch etwas Schlaf zu tanken, bevor der nächste Morgen anbricht.

RiversidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt