[14 - Abendessen]

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"Ich meine, dass du besonders vorsichtig sein sollst.
Weder Nori noch die Uchiha sind vertrauenswürdig. Wir wissen nicht, was der Uchiha in deren Nachricht von Nori wollte. Wir sehen kein Motiv, es kann dennoch eins geben. Oder denkst du wir verstehen Nori wirklich?"
"Ich passe auf."

Am Nachmittag macht sich die vierköpfige Truppe auf den Weg zum Uchiha-Clan. Der Weg verläuft reibungslos.

Begrüßt werden sie von Koichi Uchiha. Als die rechte Hand des letzten Oberhauptes, Tajima Uchiha, ist er vermutlich einer der Shinobi im Clan, die am längsten im Krieg überlebt haben.

Er führt die Gruppe zum Anwesen des aktuellen Clan-Oberhauptes. Zwar hätten sie den Weg auch selbst gefunden, immerhin waren sie schon einmal da, aber es geht ja um die höfliche Geste. Eventuell auch darum, dass die Uchiha vermutlich keine Lust haben, wenn die Leute des Feudalherren bei ihnen 'rumschnüffeln'. Auch wenn zumindest Kubo genau dies gerne tun würde. Das liegt allerdings an dessen Misstrauen.

Das Essen findet draußen im Garten statt, was dem warmen Wetter entspricht und keine sonderlich große Überraschung ist. Für Nori ist das sogar angenehmer. Draußen ist immer alles ungezwungener als drinnen, wo man gemeinsam in vier Wänden eingesperrt ist. Bestimmt ist das auch Madara Uchiha bewusst.

Die Stimmung ist zu Beginn ein wenig angespannt, heitert sich jedoch nach einer Weile auf, da die Uchiha offensichtlich alles daran legen, einen guten Eindruck zu machen.

Nach ein wenig Umschauen stellt Nori fest, dass im Gegensatz zum letzten Mal, als jeder sein Katana unter dem Tisch versteckt hatte, damit sie im Notfall schnell daran kommen, weit und breit keinerlei Waffen zu finden sind. Scheinbar liegt den Uchiha viel daran, einen friedfertigen Eindruck zu machen.

"Es ist uns eine Ehre, dass ihr der Einladung gefolgt seid", beginnt Madara Uchiha monotoner, als er wahrscheinlich klingen will. Zumindest lassen die vielsagenden Blicke seines jüngeren Bruders darauf schließen, dass dieser unzufrieden mit dem Tonfall des Älteren ist.

Das überrascht zumindest Nori allerdings weniger. Immerhin fällt es ihr genauso schwer, wenn nicht sogar noch schwerer, dem Feudalherren die nötige Höflichkeit entgegenzubringen. Das liegt daran, dass sie jemandem, den sie nicht respektiert, auch keine Höflichkeit entgegenbringen möchte. Inzwischen ist es sowieso allerlei.

Könnte der Feudalherr sie töten, hätte er das schon längst getan. Und die Folter hat sie irgendwann so abgestumpft, dass man schon neue Techniken auspacken müsste, um sie zu überraschen. Solange sie also ein wenig Zurückhaltung in ihrer Wortwahl aufbringt, erwartet sie nichts weiter.

"Wir danken euch für die Gastfreundschaft", lächelt Shou freundlich, der das nur so überzeugt sagen kann, weil er der einzige ist, der es so meint. Bei solchen sozialen Events sollte man immer ihm das Reden überlassen.

Wenn Kubo und Nori versuchen freundlich zu sein, erweckt es meist den gegenteiligen Eindruck. Shou ist zwar in Noris Augen ansonsten ziemlich sinnlos, aber mit seinen sozialen Kompetenzen und der positiven Einstellung bleibt er immerhin bei solchen offiziellen Treffen ungeschlagen, da er der einzige Extrovertierte in ihrer Gruppe ist.

Wenn Nori sich anstrengt, kann sie zwar auch freundlich rüberkommen, wie als sie im Senju-Clan angekommen sind, doch geschieht das mehr aus einer Laune heraus oder wenn sie sich psychisch darauf vorbereitet hat.

Es sind außer Madara und Izuna Uchiha noch einige weitere Leute anwesend. Offenbar einige Uchiha, die deren Stärke repräsentieren sollen. Dazu noch einige junge Frauen aus dem Uchiha-Clan, die Noris Ansicht nach als einzige weibliche Person in ihrer Gruppe definitiv absichtlich ziemlich reizend gekleidet sind. Ob das Absicht ist, um die Männer zu vergnügen, oder nur eine Heuchelei, um Diversität vorzutäuschen, ist ihr ziemlich Schnuppe. Sie kommt nämlich sowieso mit den meisten anderen Frauen nicht klar.

Während alle anderen miteinander Gespräche starten, versinkt Nori tief in Gedanken. Wenn jemand etwas von ihr will, wird sie das schon mitbekommen. Bis dahin kann sie auch ruhig vor sich hinträumen.

"Ihr wirkt wie ein eingespieltes Team", merkt Madara an, der sich mit aufgesetztem Lächeln mit Kubo unterhält. "Kann man so sehen", erwidert dieser ungerührt. Die Anspannung zwischen den beiden ist deutlich spürbar.

Da Kubo sich an einen der Tische gleich neben Nori gesetzt hat und sie offensichtlich immer im Auge behält, muss Madara ihn erstmal irgendwie ablenken, bevor der Uchiha sich mit Nori alleine unterhalten kann.

"Ist absehbar, wann wir mit den Verhandlungen anfangen können?", will Madara wissen. Eigentlich hatte er vor, keine politischen Themen anzusprechen, doch wäre es ebenso seltsam, wenn er aus dem Nichts mit persönlichen Themen anfangen würde.

Junichiro Uchiha und Kenzo verstehen sich dagegen aus irgendeinem Grund überraschend gut, was angesichts der Tatsache, dass beide tendenziell introvertiert sind, auch alle dementsprechend verwirrt. Aber es versteht sowieso keiner, wovon sie reden. Deren Gesprächsthema begrenzt sich nämlich auf schwer nachvollziehbare Theorien über die Entwicklung der Welt in den kommenden Jahrzehnten.

Und auch wenn Shou Kubo versprochen hat, dass er sich zusammenreißen wird, wird er von allen Seiten so abgelenkt, dass er aus dem Smalltalk mit den Uchiha gar nicht mehr rauskommt und Schwierigkeiten hat, Nori im Auge zu behalten. Andererseits, warum sollte er, wenn Kubo gleich neben ihr sitzt?

So vergehen knapp zwei Stunden, bis Madara langsam auffällt, dass mit Kubo irgendwas nicht zu stimmen scheint. Diesem fällt es nämlich auf einmal sonderbar schwer, die Augen offen zu halten.

"Entschuldigt mich kurz", meint Kubo schließlich und steht auf. Er wirft noch einen Blick auf Nori, die sich ein Stück von den Beiden entfernt ins Gras gesetzt hat und sich stumm den Sonnenuntergang anschaut.

Kubo geht rüber zu Shou, der scheinbar leicht angetrunken mit einigen Uchiha-Frauen unterhält. Man kann sagen, sie drängen sich ihm einigermaßen auf. Bisher hat Kubo sich dabei aber eigentlich nichts gedacht, da das tatsächlich in so ziemlich jedem Clan passiert ist, den sie besucht haben... aus irgendeinem Grund scheinen die Frauen - außer Nori - seine offene und ziemlich naive Art zu bevorzugen.

Kubo zieht Shou, der sichtlich verwirrt ist, ein Stück zur Seite, um mit diesem unter vier Augen zu sprechen. Allerdings so, dass sie Nori noch immer im Blick haben. Die rührt sich aber sowieso kein Stück von der Stelle.

"Fühlst du dich müde?", will Kubo wissen, was Shou nur mit einem fragenden Blick kommentiert. Durch Kubos eindringlichen Blick trifft ihn allerdings die Erkenntnis, und er versteht, was der andere ihm mitteilen möchte.

"Du meinst, dir wurde etwas verabreicht?" "Außerdem ist Kenzo schon vor einer Weile verschwunden", merkt Kubo an. "Ohne ihn können wir aber nicht gehen", meint Shou. Durch Kubos Blick wird ihm wieder einmal klar, dass er diese Tatsache total umsonst ausgesprochen hat, da es genau das ist, worauf der andere hinauswollte.

Kubo erklärt Shou, dass er dringend Nori im Auge behalten muss, während er selbst nach Kenzo suchen geht. Die beiden einigen sich darauf, und da Kubo zumindest gesehen hat, in welche Richtung Kenzo mit zwei der Uchiha gegangen ist, geht er los, um diesen schnellstmöglich und unauffällig zu finden.

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