[21 - Provokation]

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Das Mädchen, das immer als gefährlich betitelt wurde. Das kaltherzige Monster, das er all die Jahre im Zaum halten sollte, um das Feuerreich vor seinem Untergang zu schützen.
Nori weint über einen verstorbenen Kammeraden. Über einen Freund.

Kubo weiß selbst nicht, wie, aber irgendwie hat sein Einreden auf Nori Wirkung gezeigt, und sie entfernt sich endlich von Shou. Kubo wirft noch einen Blick zu Kenzo. "Kannst du laufen?" Er antwortet mit einem knappen Nicken. "Dann lasst uns zurückgehen", meint Kubo und hebt vorsichtig Shous Leichnam hoch.

Nori schweigt, den Blick abgewendet, folgt Kubo aber. Zu dritt trotten sie zurück zu dem Stützpunkt des Feudalherren. Kubo blickt immer wieder zu Nori, lässt ihr aber etwas Freiraum.

Bald kommen sie zurück. Kubo bittet Kenzo darum, kurz an Noris Seite zu bleiben, während er dafür sorgt, dass man sich um Shous Leichnam kümmert.

Während Kenzo mit Nori, die mitten im Flur stehen geblieben ist, dasteht, kommen ein paar Leute auf sie zu. "Na, Nori. Was stehst du denn so bedröppelt in der Gegend rum? Ist jemand gestorben?"

Noris blaue Augen schnellen hoch, als die bekannte Stimme ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. "Ich wusste, dass du da deine dreckigen Finger im Spiel hast."

Kenzo blickt die fremde Frau für einen Moment an, bevor er sie erkennt. "Fräulein Shijimi", begrüßt er sie überrascht. Vor ihnen steht niemand Geringeres als die offiziell erstgeborene und einzige Tochter des Feudalherren des Feuerreiches, Masako Shijimi.

"Ich verbitte mir solche Aussagen aus deinem Mund", entgegnet sie Nori in einem überheblichen Ton, der Nori fast zur Tollwut treibt. Nori ballt ihre Hand zur Faust, dennoch spürt man auch ohne Kanchi-Fähigkeiten, wie ihr Chakra am Brodeln ist. "Und ich verbitte mir, dass du Attentäter auf uns ansetzt!"

Kenzo scheint total überfordert mit der Situation. Muss er etwas tun, wenn Kubo nicht wiederkommt? Er hat gerade die Verantwortung für Nori. "Das sind haltlose Unterstellungen."

"Unterstellungen", wiederholt Nori spöttisch. "Als ob sonst jemand an die Informationen über unsere Mission kommen würde und diese Mittel hätte!"

Masako lächelt unschuldig zurück. Die Wachen um sie herum wirken umso angespannter. "Keine Ahnung, wovon du redest, meine liebe Nori. Wie du weißt, habe ich gar nichts mit den Missionen deines kleinen Teams zu tun, das ist Vaters Angelegenheit."

Nori legt ihre Hand reflexartig um den Griff ihres Katanas, zieht es aber nicht. Dennoch stellen sich die Wachen gleich vor Masako, die offenbar genau diese Reaktion provozieren wollte. "Hey, das ist doch noch lange kein Grund für Gewalt. Sollen wir das nicht wie zivilisierte Menschen klären?"

"Shou ist tot! Deinetwegen! Da gibt es nichts zu klären, du hinterhältiges Biest!"

Das Grinsen auf Masakos Lippen lässt Noris Geduldsfaden komplett reißen, und sie zieht ohne weiteren Gedanken ihr Katana.

"Nori!", ertönt Kubos ernste Stimme, als er sich zwischen sie und die Wachen stellt. Er ist sich aber bereits mehr als bewusst, dass seine Worte an dem Punkt nicht mehr zu ihr durchdringen werden. Spätestens als ihre Haare und Augen anfangen zu leuchten, wie immer, wenn sie in Rage gerät, macht Kubo sich auf einen Kampf bereit. "Alle aus dem Weg!", weist er die Leute um sie herum an. Kenzo lässt sich das nicht zweimal sagen, und auch Masako und die Wachen entfernen sich, obwohl Kubo auffällt, dass die Tochter des Feudalherren wohl geradezu schaulustig ein Stück entfernt stehen bleibt.

Kubo nutzt das Jutsu des vertrauten Geistes, womit er die Chakra-absorbierenden Ketten beschwört, die aus dem Boden schießen und sich um Nori schlingen. "Halt mich nicht auf! Diese verdammte Schlampe hat den Tod verdient!"

Er hat Nori noch nie so mit sich ringen sehen. "Du bist verletzt, ja. Aber wir können das lösen, hörst du? Du musst dich nur beruhigen!" Wie erwartet sind seine Bemühungen umsonst.

Kubo sieht, wie Nori sich heftig gegen die Ketten wehrt, die sie fesseln. Das grelle Leuchten in ihren Augen wird intensiver, und er weiß, dass er nicht mehr viel Zeit hat, um die Situation zu entschärfen, bevor sie vollständig die Kontrolle verliert. Und er weiß nicht, ob er sie in dem Zustand ohne Shou überhaupt noch retten kann. Es ist sowieso vorbei. Und Nori weiß das.

So gesehen könnte er sie auch einfach wüten lassen. Nori wird sowieso wieder weggesperrt, wenn der Feudalherr das für nötig hält. Und das wird er, nun, da Shou nicht mehr da ist, um sie mit ihm im Zaum zu halten.

Und trotzdem will er sie nicht so einfach aufgeben. Lieber bringt er sie selbst runter und schlägt noch das Beste für Nori raus, als dass er untätig rumsitzt. Shou hätte keinesfalls gewollt, dass er tatenlos zusieht, wie sie einfach wieder weggesperrt wird.

"Nori, hör mir noch einmal zu. Ich weiß, dass du wütend bist und dass der Schmerz unerträglich ist. Aber wenn du jetzt nachgibst, war es das!"

"Nein, nein, nein – sie ist schuld an Shous Tod! Ich kann nicht – ich muss... er hat das nicht verdient! Shou –"

Kubo bemüht sich, sie in Ketten zu halten, aber ihr Widerstand wird immer stärker. "Shou hätte nicht gewollt, dass du dich in blinder Wut verlierst." Für einen Moment bringt er Nori mit seinen Worten aus dem Konzept, eine stille Träne rollt ihr über die Wange.

Aber dass Nori sich beruhigt, passt einer Person absolut gar nicht.

Hinter ihnen scharrt Masako ungeduldig mit den Füßen, ihr Gesichtsausdruck verrät geradezu, dass sie sich irgendwas Gemeines ausdenkt, während die Wachen noch immer versuchen, sie davon zu überzeugen, die Szene zu verlassen, um sie in Sicherheit zu bringen. "Ein Toter hat keine Wünsche mehr. Deine Überreaktion ist absolut lächerlich, und ich dachte, du wärst eine starke Kunoichi. Stattdessen wirfst du mit gelogenen Anschuldigungen um dich. Ich werde Vater davon berichten."

Kubo wirft Masako einen finsteren Blick zu. Eigentlich widerspricht man der Tochter des Feudalherren nicht. Er weiß, er sollte sich zurückhalten, aber dass diese Provokation Absicht ist und Masako sich alle Mühe gibt, Noris Zorn noch mehr anzuheizen, geht zu weit. Kubo wendet den Blick zu den Wachen. "Bringt sie endlich von hier weg! Ihre Anwesenheit behindert mich!" Er versucht, seine Worte dabei noch so gewählt wie möglich zu halten, obwohl ihm ganz andere Sachen auf der Zunge liegen.

Die Wachen nicken sofort. Kubo hat als Noris Leibwache immerhin ebenso keine zu unterschätzende Stellung, aber dass Masako sich nur ungern wegschieben lässt, zeigt sie in ihrem Geschrei. Sie hält es nämlich für ziemlich notwendig, jede Wache, die sie auch nur leicht berührt, nach Strich und Faden zu beleidigen. Das ist für sie alle nur leider nichts Neues. Und zumindest ist Masako jetzt abgelenkt.

Dennoch waren ihre Worte genug, um alle Bemühungen Kubos zunichte zu machen. Inzwischen haben sich auch die Senju sowie ein Haufen weiterer Wachen um sie versammelt. Das Drama ist nämlich lautstark zu hören. Würde Tobirama seinen Bruder nicht zurückhalten, wäre Hashirama Kubo schon längst zur Hilfe gekommen.

Kubo konzentriert sich weiterhin darauf, Nori nach bestem Können im Zaum zu halten. Wenn jetzt kein Wunder passiert, dann wird er eindeutig die Kontrolle verlieren und muss Nori bekämpfen. Und das wird eindeutig nachhaltige Schäden anrichten. Das Gebäude ist dabei Kubos kleinste Sorge. Die ganzen Leute, die sich darin befinden, vor allem aber die Tochter des Feudalherren, sind gerade seine viel größere Sorge. Wenn aufgrund von Noris Kontrollverlust jemand stirbt – er darf es gar nicht erst so weit kommen lassen.

RiversidesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt