Kapitel 9

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Mittlerweile war es Samstag geworden, doch ich hatte noch immer nicht dieses blöde Buch von Harry klauen können. Er schien es wie einen Schatz zu bewachen, schleppte es überall mit hin und las ständig darin. Anscheinend war ihm nicht entgangen, wie hilfreich die Tipps in dem Ding waren. Ob ihm wohl bewusst war, dass Snape ihn gerade zum Liebling von Slughorn machte?
Anders als die letzten Tage war ich aber nicht auf der Jagd nach Harrys Schulbuch oder der grauen Dame, sondern stand mit meinem Besen auf dem Quidditchfeld. Draco hatte es kaum erwarten können, endlich mit dem Quidditch anfangen zu können. Also hatte er mich ständig darauf angesprochen, wann wir denn endlich die Auswahlspiele durchführen würden. Nach dem fünften Mal hatte ich ihm gesagt, es sei mir egal, was auch stimmte, und er solle einfach Snape fragen, wann am Wochenende das Feld frei sei. Also hatte Draco für heute die Auswahlspiele angesetzt. Netterweise hatte er sich auch gleich noch um den Aushang gekümmert. Um das Probetraining kam ich als Kapitän allerdings leider doch nicht herum.
Daher beobachtete ich nun mit Adleraugen die neusten Bewerber für das Team. Bis auf Draco mussten sich alle neu bewerben. Wenn wir den Sieg wollten, mussten wir wohl einmal alles neu strukturierten. Ab jetzt würde ich nur noch talentierte Leute ins Team holen. Keine Vetternwirtschaft mehr.
Endlich waren alle Bewerber da und hatten sich aufgestellt. Unter ihnen waren auch wieder Crabbe und Goyle, Dracos beide Schläger. Hoffentlich würden wir die ersetzen können, schließlich hatten sie letztes Jahr nicht gerade durch ihre Leistung überzeugt. Goyle hatte zwar brav Patricias Anweisungen befolgt, doch eigentlich erwartete ich mehr von dem zweiten Treiber.
„Ich habe vor, dieses Jahr Slytherin zum Sieg zu führen", verkündete ich der aufgeregten Menge. „Das bedeutet für euch vor allem eine Sache: Ihr werdet trainieren und wenn es sein muss täglich. Wenn ihr bei jedem Muskelkater oder Klatscher im Bauch anfangt zu heulen, seid ihr hier gerade sehr falsch! Wenn ihr vorhabt, Quidditch nur als weiteres Hobby in eine lange Liste einzutragen, seid ihr hier falsch! Wenn ihr kein Talent habt, seid ihr hier falsch! Dann ist jetzt die Chance zu gehen, anstelle meine Zeit zu verschwenden."
Ich sah die Leute mit einem strengen Blick an. Ein kleiner schmächtiger Zweitklässler trat nervös von einem Bein aufs andere, als überlege er, vielleicht doch lieber zu gehen. Er tat es aber nicht, sondern reckte nur stolz das Kinn in die Höhe, als er meinen Blick bemerkte. Nicht mein Problem, wenn er gleich von einen meiner Klatscher vom Besen gerissen wurde. Er hätte morgen die Kopfschmerzen nicht ich.
„Wir fangen mit der Suche nach den drei Jägern an. Alle, die für diese Position vorspielen wollen, auf die Besen. Ihr fliegt euch eine Runde ein", wies ich die Leute an.
Tatsächlich stieg auch der kleine Zweitklässler auf seinen Besen. Ich sah dabei zu, wie die Leute eine erste Runde flogen. Sehr zu meiner Überraschung war keiner von ihnen ein Totalausfall. Niemand fiel fast herunter und auch als es um das werfen des Quaffels gingen, schafften es tatsächlich alle, ohne zu fallen. Ein paar warfen allerdings viel zu ungenau, weshalb ich diese schon einmal aussortierte. Als nächste Phase holte ich die Klatscher heraus.
„Ihr werdet jetzt zu dritt versuchen, bis zu den Ringen vorzudringen. Ich werde euch mit Klatschern abschlagen. Hüter fliegt euch eine Runde warm. Ihr werdet nacheinander die Ringe beschützen", befahl ich den Leuten. Erneut sprangen ein paar der Bewerber auf ihre Besen, um möglichst schnell meiner Anweisung nachzukommen. Das war auch besser so. Ich hatte heute fest vor, Harry endlich sein heißgeliebtes Buch zu klauen. Er konnte es schließlich nicht für den Rest seines Lebens es überall mit hinnehmen. Notfalls würde ich ihn heute auch über den Haufen zaubern und sein Gedächtnis löschen. Die Zeit, wo er der Meister der Zaubertränke war, war eindeutig lange genug gewesen.
Als die Hüter endlich mit ihrer Runde durch waren, konnte es mit der Auswahl weitergehen. Die Jäger begannen in Dreiergruppen das Spielfeld erobern zu wollen. Schnell wurde deutlich, werfen zu können, war nun einmal nicht alles. Ein paar schafften es nicht, die anderen Jäger und den Klatscher im Auge zu behalten. Einen Jäger traf ich deshalb sogar so hart am Hinterkopf, dass er bewusstlos vom Besen rutschte. Er war eindeutig nicht zu gebrauchen.
Die anderen kamen wenigstens ohne schwere Verletzungen durch das Training, doch auch von den besseren Spielern disqualifizierten sich viele. Ein paar schienen unfähig zu sein, sich an die absprachen mit den anderen Jägern zu halten, wieder andere hielten die Übung für die perfekte Situation, um noch einmal die Strategie zu diskutieren, und ein paar kamen sogar auf die Idee, vollkommen planlos an die Sache heranzugehen.
Das machte mir wenigstens die Entscheidung leichter, wer nun die neuen drei Jäger des Teams waren.
„Edward Urquhart, Orion Vaisey und Benjamin Crow, ihr seid unsere neuen Jäger. Bleibt hier, alle anderen können gehen", beendete ich das Vorspielen für die erste Gruppe.
„Ich bin im Team?", rief der Benjamin Crow, der Zweitklässler, welcher nach meiner Ansprache so nervös gewirkt hatte, hüpfte aufgeregt auf und ab. Er schien wirklich stolz aufgrund seiner Leistung.
„Werft den Quaffel für die restlichen Hüter!", wies ich die neuen Jäger an.
Benjamin hüpfte sofort auf seinen Besen. Eins musste ich Patricia überlassen, die Erstklässler hatte sie wirklich gut trainiert. Keine Widerworte, keine langen Diskussionen. Man sagte ihnen, sie sollen etwas machen und sie kamen der Aufforderung brav nach.
„Beeilt euch mal da unten. Ansonsten tauscht, Patricia euch noch aus!", rief der glückliche Zweitklässler seinen Teamkameraden zu, die es wesentlich gemächlicher angehen ließen.

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